Abendmahlsgottesdienst am Fest Christi Himmelfahrt, 5. Mai 2005

 

Eingangslied: Siegesfürste, Ehrenkönig... (Blatt: EKG 95)

Psalm 47 

Als Gloria Patri: Gen Himmel aufgefahren ist...EG 119

Lesung: Matthäus 28, 16 - 20

Als Hallelujaruf: Der Himmel geht über allen auf......EG 611

Lied vor der Predigt: Wir danken dir, Herr Jesu Christ...121

Lied nach der Predigt: Jesus hat seine Herrschaft bestellt... 610

Lied vor dem Segen: Christ fuhr gen Himmel...120

 

Gebete: Karl Barth S. 38f

 

 

Predigt über 1. Könige 8, 22f. 27 - 30

 

Liebe Gemeinde, der für das heutige Himmelfahrtsfest vorgeschlagene Predigttext steht 1. Könige 8. Unmittelbar vorher wird erzählt, wie König Salomo den Tempel in Jerusalem hat bauen lassen.

 

Bauplatz: Der unmittelbar nördlich von Jerusalem liegende Berg Morija, wo heute der sog. Felsendom steht. Bauzeit: Sieben Jahre. Baumaterial: U.a. kostbares Zedernholz, das von Tyrus im heutigen Libanon an der Mittelmeerküste entlang zum Hafen Jaffa geflößt wurde. Dann wurde es auf dem Landweg nach Jerusalem transportiert wurde.

 

Der Tempel war dreiteilig: Vorhalle - Haupthalle mit dem Altar - Das Allerheiligste. Der ganze Bau 30m lang, 10m breit, 15m hoch.

 

Das Innere reich geschmückt, mit Schnitzereien, Goldüberzug, Bronzearbeiten.

 

Dieser Bau übertraf alles, was das Volk Israel bis dahin erbaut hatte. Später allerdings ließ der Macht- und  Genußmensch Salomo sich noch einen eigenen Palast errichten. Der war dann noch wesentlich größer war als der Tempel und hatte eine Bauzeit von 13 Jahren.

 

Als der Tempelbau vollendet ist, wird in  feierlicher Prozession die Bundeslade in den Tempel hineingetragen. Sie war – so kann man Hebräer 9 Vers 4 lesen – „ganz mit Gold überzogen, in ihr waren der goldene Krug mit dem Himmelsbrot und der Stab Aarons, der gegrünt hatte, und die Tafeln des Bundes“ – die beiden Tafeln also, auf denen die Zehn Gebote eingemeißelt waren. Über der Lade thronten zwei Cherubim mit ausgebreiteten  Flügeln.

 

Und dann beginnt Salomo ein Gebet zu sprechen, ein Ausschnitt aus diesem sog. Tempelweihgebet ist der heutige Predigttext:

 

Und Salomo trat vor den Altar des Herrn angesichts der ganzen Gemeinde Israel und breitete seine Hände aus zum Himmel hin

und sprach : Herr, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch unten auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen...

 

2

 

Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?

Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, Herr, mein Gott, damit du hörest das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor dir:

Laß deine Augen offen stehen über diesem Hause Nacht und Tag, über der

Stätte, von der du gesagt hast: Da soll mein Name sein. Du wollest hören das Gebet, das dein Knecht an dieser Stätte betet,

und wollest erhören das Flehen deines Knechts und deines Volkes Israel, wenn sie hier bitten werden an dieser Stätte; und wenn du es hörst in deiner Wohnung, im Himmel, wollest du gnädig sein...

 

                                    I

 

Der König Salomo steht vor dem Altar. Er breitet die Hände zum Himmel hin aus, aber seine Augen blicken während seiner Gebetsworte zum Altar hin.

 

Ein  eindrückliches Bild. Die Gebetsgebärde drückt genau das aus, was er betet.

 

Er breitet die Arme zum Himmel empor – und  weiß doch: Gott ist nicht dort. Gott ist nicht irgendwo in  den unermeßlichen Weiten des All.

 

„Die Himmel und  aller Himmel Himmel können dich nicht fassen“. Gott ist und bleibt im wörtlichen und im übertragenen Sinn un-begreiflich, un-faßlich. Nicht irgendwo im All ist er zu „orten“. Dort im Weltall, dort sind unendlich-endliche Räume, dort sind Sternenhaufen, Milchstraßen, Spiralnebel, dort geschieht ein  ständiges Werden und Vergehen von Sternsystemen. Klar ist: Wo immer im Weltall wir wären , wir wären Gott nicht näher und nicht ferner als hier in der Kirche. Das Universum – oder auch die Vielzahl von Universen, die es geben mag -  die können Gott nicht fassen. Unendlich größer, unendlich kleiner, unendlich anders ist er als alles, was es im Weltall gibt, unendlich größer, kleiner, anders als alles, was wir Menschen denken oder erkennen können.

 

Salomo breitet seine Hände zum Himmel hin aus.

 

Aber seine Augen blicken zum Altar, blicken zur Bundeslade im  Allerheiligsten hin und er betet: „Herr, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch

unten auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen...“

 

Das ist es!  Der auf ewig unfaßliche, unbegreifliche und unergründliche Gott hat sich zu erkennen gegeben! Hat mit einem unansehnlichen und  meist kleingläubigen Völkchen auf der Erde einen Bund geschlossen, ist mit diesem Völkchen  eine

Lebens-, eine Liebes- und Vertragsgemeinschaft eingegangen, hat sich an dieses Volk gebunden und wollte und will, daß dieses Volk seinerseits in inniger

Verbundenheit mit ihm lebt.

 

 

3

 

Was bringt er, der absolut unbegreifliche Schöpfer des Weltalls, in diesen  Bund ein? Salomo faßt es in dem Wort „Barmherzigkeit“ zusammen  - und in dem hebräischen Wort - chäsäd - schwingt viel mit, es bedeutet: Güte, Liebe, Geduld, Gnade,

herzliches Mitgefühl...

 

Gottes Herz hängt an diesem Volk – und  darum kann man diesem Gott sein Herz ausschütten, mit ihm reden, in  der Gewißheit: Er nimmt sich alles, was wir ihm sagen, zu Herzen – und seine Antwort kommt immer von Herzen! 

 

Aber: Wenn die Menschen Israels sich so innig und unmittelbar - zu jeder Zeit und wo immer sie sind – direkt an ihn wenden können – wozu braucht man dann überhaupt noch einen Tempel?

 

Er hatte in Israel eine völlig andere Bedeutung als die Tempel aller Religionen und  Sekten. Der Tempel, sagt Salomo hier, ist nichts als ein besonderer Ort des Gebetes; ein Ort, wo Menschen sich im Namen Gottes versammeln, wo Menschen  miteinander den Namen Gottes anrufen; wo sie sich als Gemeinde zu ihm hinwenden mit der Bitte, er möge sie hören und erhören. So wie Salomo es schön ausdrückt mit der Bitte: Höre unser Gebet hier und „laß deine Augen offenstehen über diesem Hause Tag und Nacht“  – eine Bitte übrigens , die ein Gemeindeglied, in schöner Schmuckschrift aufgemalt und gerahmt, uns geschenkt hat und die jetzt über unserer Eingangstür hängt.

 

                                                                        II

 

Und das bedeutet ja: Jedes Haus, jede Wohnung ist ebenso heilig wie der Tempel, Gott ist hier wie dort gleich nahe, und  ebenso ist es mit unseren Kirchen. Auch unsere Kirchen, auch unsere Kirche hier ist ja nicht ein Ort besonderer Heiligkeit, sondern ein Ort gemeindlichen Betens, gemeinsamer Anbetung, ein Ort des Bittens und Flehens zu Gott im Vertrauen auf seine gnädige Zuwendung zu uns.

 

Da unterscheiden sich der Tempel Israels und unsere Kirche nicht - nur daß wir, die wir Teil des Volkes der Christenheit sind, jetzt all das, was Salomo zu dem Gott Israels sagt, auf Jesus Christus beziehen.

 

Ja – sollte Gott wirklich auf Erden wohnen...?“ fragt Salomo zweifelnd in seinem Gebet, denn nicht einmal „die Himmel und aller Himmel Himmel können

ihn doch fassen...“ – Aber das ganze Neue Testament antwortet: Ja! Gott, der unendlich ferne und unnahbare Gott wollte schließlich auf Erden wohnen, ganz nah bei uns Menschen sein; wir sollten nicht nur in seiner Hand sein, sondern er wollte sich in unsere Hände geben. Der Gott, den alle Himmel nicht fassen können, wollte

und  will in einer Krippe liegen  und an einem Kreuz hängen – also an ganz konkreten Orten im All sich finden lassen – und  zwar an den schlichtesten und 

schlechtesten, den tiefsten, niedrigsten, dunkelsten, scheinbar gottverlassensten Orten überhaupt. Und von dort aus – nur von dort aus – will er regieren als der

Allmächtige. Nur hier finden wir Gottes Allmacht, es ist die Allmacht einer scheinbar ganz ohnmächtigen, einer unfaßlichen himmlischen Liebe. 

 

                                                                        III

 

4

 

Und eben dies feiern wir heute. Himmelfahrt ist das Fest, an dem wir Christen etwas feiern, das wir selbst überhaupt nicht begreifen und von  dessen Wahrheit wir nichts sehen, sondern stattdessen eher das Gegenteil –: Wir feiern die Weltherrschaft Jesu Christi, seine Allmacht und Übermacht über alle irdischen Machthaber und über alle überirdischen Mächte und Gewalten.Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und  auf Erden“!

 

Allmacht Gottes!  Vor 14 Tagen war das ja ein Thema im Gespräch nach  dem

Gottesdienst. Himmelfahrt sagt: Gott, der Schöpfer des All, hat Jesus all seine göttliche Macht und Gewalt übergeben. Und was ist die göttliche Allmacht, die Jesus ausübt? Es ist die Macht, die in seinen Worten liegt, es ist die Macht seiner Sündenvergebung, die Allmacht seiner Liebe, die sich am Kreuz vollendet, und seine ganze Allmacht liegt verborgen auch in einer Oblate und  einem Schlückchen Weins, mit denen er selbst sich uns gleich während der Feier des Heiligen  Mahls schenkt.

 

Mit dieser seiner Allmacht will und kann er alle gnadenlose, aggressive, bösartige, habgierige, zerstörerische, verführerische irdische Macht überwinden, alle Menschen sollen die Allmacht seiner Worte erkennen, die Allmacht seiner Güte erfahren, so daß darüber alle Dünkelhaftigkeit, alles aggressive, machohafte, bösartige, eitle, machtlüsterne Gehabe aus ihnen ausgetrieben wird und  sie erlöst aufatmen und nur noch in Jesus ihren Herrn und Meister finden. Darum ist Himmelfahrt auch zugleich das“ Fest der Weltmission“: Gehet hin in alle Welt und macht alle Völker zu Jüngern...“

 

Und wenn wir stattdessen sehen: Die Reichen hierzulande und im globalen Maßstab werden immer reicher, die Armen immer ärmer... Wenn wir wir ständig von Gewalt  und Katastrophen hören... Wenn wir in unser eigenes Herz hineinsehen und wenn wir Zwietracht finden im engsten Familienkreis; wenn wir auf eine Kirche sehen, die der ihr aufgetragenen Botschaft selbst nicht so recht zu trauen  scheint, wenn wir also ganz kleinlaut werden und sagen: Aber, Jesus, von  deiner Weltherrschaft ist ja garnichts zu sehen und mit deiner Weltmission, wie du sie gemeint hast, nämlich einzig in der Kraft der Liebe und des Respektes vor anderen Völkern und  ihren Kulturen – da ist ja doch auch einiges sehr schief gelaufen...dann sagt er zu uns und zu seiner Kirche: „Schuster, bleib bei deinem Leisten“! Bleib nur unbirrt bei dem verwegenen Glauben, daß ich - und niemand sonst - den Ehrentitel „Herr“ verdiene. Bleib unbeirrt bei deinem Auftrag, das Evangelium zu verkündigen in Wort und Tat.

 

Vertrau auf meine Zusage an dich persönlich und alle Welt: Siehe, ich bin  bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!Mein Königreich wird nicht vergehn, solange sich die Sonnen drehn....“.

 

Das singen wir jetzt: Lied Nr 610. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unserm Herrn. Amen.