Predigt 1. Kor.15, 12 - 20 Ostermontag, 5. April 2010, Burgaltendorf


Nun aber! Wie ein heller Fanfarenstoss klingt das, ganz überlegen und jubelnd nach all den - mehr argumentierenden - Sätzen des Paulus vorher. Nun aber i s t Christus auferstanden von den Toten!


Wie überzeugt und entschieden Paulus das sagt! Mit einer geradezu felsenfesten Gewissheit! So als wäre das eine ganz unbegreifliche Beleidigung und Entehrung Gottes, jetzt noch an der Auferweckung Jesu durch Gott zu zweifeln oder daran herumdeuteln wollen. Denn er hat zu Ostern ja eine Tat getan von wahrhaft göttlicher Souveränität und Unfasslichkeit.


I


Nicht wahr, wie revolutionär und grundstürzend, das Unterste zuoberst kehrend, ist das Ostergeschehen! Der Ohnmächtigste wird zu dem, dem Gott alle Macht im Himmel und auf Erden gibt. Ein Lamm wird das letzte Wort über alle Machthaber sprechen!


Und zugleich: Welch eine unerhörte Befreiung und Erlösung liegt im Ostergeschehen - für die ganze Menschheit, ja für die gesamte Schöpfung. Wie anders wäre alles, wenn Jesus im Tod geblieben wäre!


Es gibt Dinge“, so beginnt der frühere Weiglehauspfarrer Wilhelm Busch einmal eine Osterpredigt, „die kann man sich garnicht vorstelllen, ohne dass einen Schaudern und Entsetzen packt “. Und sagt dann weiter: „Was wäre zum Beispiel, wenn nur eine halbe Minute lang die Anziehungskraft der Erde aussetzen würde? Die Meere würden sofort alles überfluten und wir würden ins Weltall geshcleudert.


Oder was wäre, wenn der Golfstrom, der die Wärme südlicher Breiten nach dem Norden trägt, einmal seine Richtung änderte, was würde geschehen, wenn er nicht mehr

strömte? Ganz Europa würde erfrieren, vereisen, sterben“.


Was wäre“, sagt er dann, „wenn Jesus nicht auferstanden wäre? Die Welt wäre ohne Heiland. Wir hätten keine Hoffnung. Es gäbe keine Vergebung der Sünden für uns. Das Leben hätte letzten Endes keinen Sinn, und alle die wären bemitleidenswerete Narren gewesen, die an Jesus geglaubt hätten“.


Und, kann ich hinzufügen: Wir alle sässen nicht hier. Wir würden dann vielleicht Osterfeuer anzünden, würden vielleicht lila verpackte Schokoladenhasen futtern - aber nicht Jesus feiern, nicht etwas feiern, was im Grunde zunächst einmal – wie Markus es ja auch von den Frauen am leeren Grab schreibt(Mk. 16, 5.8) – Zittern, Schrecken und Entsetzen in

uns auslösen muss (und der Kirchenmusiker Prof. Gerd Zacher hat mir tatsächlich einmal ganz bewusst „entsetzliche Ostern“ gewünscht).


Denn: Was bedeutet Ostern denn? Es bedeutet: Gott hat den armen Rabbi und Wanderprediger Jesus, den die Menschen, allen voran die Priester, Presbyter und Theologen, nicht wollten - und den die Menschen im Grunde bis heute nicht wollen - Gott hat diesen radikalen Störenfried und Quertreiber, diesen kompromisslosen Liebhaber Gottes und der Menschen zum Herrn über alle und alles eingesetzt. Gott hat klargemacht: In Jesus – und nur in Ihm - will ich, Gott selbst, erkennbar werden, seine Worte sind meine Worte, seine Macht ist meine Macht. Und Er und kein anderer soll und wird das letzte Wort sprechen über alle - auch über die, die sich hier oft noch so selbstherrlich,

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großspurig und machtlüstern aufspielen - sie werden sich einmal zitternd vor Ihm verantworten müssen. Und darum ist es so wichtig, dass sie rechtzeitig hören: Ihr habt

euer Protz-, Prunk- und Machtgehabe nicht mehr nötig, glaubt stattdesen der frohen Botschaft, die Gott zu Ostern in Kraft gesetzt hat: Dieser letzte und endgültige Richter ist

ja euer Retter und Heiland! Er hat alles getan, damit ihr glücklich leben könnt und keine Angst mehr haben müsst vor dem, was nach dem Tod kommt. Wer sich an Ihn hält, wird nicht gerichtet, sondern ist gerettet!

Und nun, liebe Gemeinde, braucht es im Grunde nichts, als dieses Ostergeschenk Gottes anzunehmen, darüber in tiefes Staunen und in Ehrfurcht vor Gott zu geraten, und dann anfangen zu tanzen und zu jubeln und zu singen...


Aber, leider: Da kommt halt bei uns allen eben immer wieder der alte Adam zum Vorschein mit seinen Anfragen, seiner Skepsis, seiner Haltung, nur das für möglich zu halten, was er für möglich hält. Man deutelt herum, man bezweifelt, man sagt: Aber das kann man dem heutigen, dem „modernen“, dem „ wissenschaftlich gebildeten“ Menschen doch nicht mehr zumuten...!


Nur: Mit genau dieser Haltung musste sich auch der Apostel Paulus schon damals in der Korinther Gemeinde auseinandersetzen.


II


Drei Gruppen gab's in dieser Gemeinde:


Die einen – die Idealisten könnte man sie nennen, die sagten: Leibliche Auferstehung gibt’s nicht. Das weiss und sieht doch jeder: Der menschliche Leib ist vergänglich, er verwest, wird wieder zu Erde. Nur die Seele, die ist unsterblich. Ob Christus auferstanden ist, ist im Grunde gar nicht so wichtig. Ob ja oder nein – die Seele wird in jedem Fall im Sterben das Gefängnis des Leibes verlassen, wird die Hülle des Körpers abstreifen, so wie ein Schmetterling aus dem Kokon seines Raupendaseins schlüpft, wird gleichsam ihre Flügel ausspannen und in die himmlische Heimat entschweben. Das war griechische Philosophie – und das kennen wir aus der Esoterik oder der Anthroposophie.


Dann gab's die - nennen wir sie die „Illusionisten“ - die sagten: Wenn wir vom Geist und der Weisheit Gottes ganz erfüllt sind, wenn wir die „ Tiefen der Gottheit“ erkennen - dann sind wir schon auferstanden, dann haben wir das irdische Wesen mit seiner Fleischlichkeit schon hinter uns, dann sind wir vollkommen und frei. So ähnlich tönen manche Gurus und „Weisheitslehrer“, ganz ähnliche Töne habe ich gerade von einem Menschen namens Jürgen Fliege gehört.


Und die 3. Gruppe, der Zahl nach die größte, die sog. „Realisten“, die sagten und kamen sich klug und aufgeklärt dabei vor: Das ist doch alles Einbildung mit der Auferstehung. Mit dem Tod ist alles aus, wir kehren zurück in den Kreislauf der Natur, wir leben allenfalls in unseren Werken oder unseren Kindern weiter...Und Jesus? Der ist natürlich wie jeder Tote im Grab verwest. Allerdings, das gestehen sie großzügig zu: In gewissem Sinne lebt er ja weiter, in seinen Worten und Taten, da ist er schon ein Vorbild. Und es gibt heutige „Theologen“, die biedern sich mit solchen Weisheiten an.


Und Paulus?

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III


Er sagt: Wenn diese drei Meinungen zutreffend sind, dann wären wir Christen arm dran, wären die bedauernswertesten unter allen Menschen, betrogene Betrüger, die einer Illusion aufgesessen sind, 2000 Jahre Kirchengeschichte wären im Grunde Pfaffenbetrug

und unwahres Gerede, wir sollten dann besser gleich morgen aufs Amtsgericht gehen und aus der Kirche austreten.


Aber, Paulus, fragen wir ihn, was meinst denn du selbst?


Und Er: Seht auf Jesus. Zuerst: Auf sein Kreuz. Was seht ihr denn da? Ihr seht unüberbietbar deutlich und drastisch, wie wir Menschen sind: Leider nicht edel, hilfreich und gut, sondern – egal ob fromm oder gottlos - bösartige Sünder. Unsere ganze menschliche Besserwissererei, Feigheit, heuchlerische Frömmelei, Gleichgültigkeit, Freude am Gaffen, krasse Brutalität, unser ganzes Menschenwesen kommt da zutage - so dass man sich keine Illusionen mehr machen kann.


Blickt auf den Gekreuzigten! Was hört ihr da? Wie ein Mensch seine ganze

Gottverlassenheit herausschreit und doch an Gott festhält. Wie er einem der Mitgekreuzigten, der um Erbarmen bittet, noch unmittelbar vor dessen Tod Leben mit ihm im Paradies zuspricht. Und: Wie er für die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und Ältesten, die sich dort dem Gekreuzigten gegenüber boshafter und höhnischer aufführen als alle anderen, wie er für sie, aber auch für die feigen Jünger, für die weinenden Frauen, für die Soldaten, die ja nur Befehle ausführen, für das gaffende Volk - für jeden von uns, die keinen Deut besser sind als die dort, bittet: Vater, vergib ihnen, sie wissen ja nicht, was sie tun. Und wie er, dort am Kreuz hängend, ein ganz merkwürdiges Wort sagt: Es ist vollbracht.


Und wenn du ihn so siehst und hörst und in Erschrecken über dich gerätst, aber auch erkennst, er hat auch für mich um Vergebung gebeten - und wenn du dann dir sagen lässt von den jubelnden Zeugen des Neuen Testaments und den Zeugen der Kirchengeschichte und den Zeugen heute wie in diesem Augenblick von mir - wenn du dir sagen lässt und annimmst. Dieses Gebet hat Gott erhört, der heilige Gott hat das Liebesopfer Jesu angenommen, er hat dem toten Jesus sein eigenes göttliches Leben eingehaucht und ihm all seine göttliche Macht übertragen - dann beginnt bei dir das österliche Staunen und eine tiefe Dankbarkeit und Freude: Nun habe ich, nun hat die Welt einen Heiland! Nun hat die Welt und habe ich einen Herrn, der sich als stärker und mächtiger erweist und erweisen wird als alle Herren, die sichtbaren wie die unsichtbaren, und dem sie alle dienen und folgen dürfen und müssen.


Kurt Marti,der Schweizer Pfarrer und Dichter, der in diesem Jahr 90 wird und seine

Diamantene Hochzeit feiert, hat das in einem von ihm gedichteten „Osterlied“ so ausgedrückt:


Das könnte den Herren der Welt ja so passen,

wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,

erst dann die Herrschaft der Herren,

erst dann diem Knechtschaft der Knechte

beseitigt wäre für immer...


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Das könnte den Herren der Welt ja so passen,

wenn hier auf der Erde stets alles so bliebe,

wenn hier die Herrschaft der Herren,

wenn hier die Knechtschaft der Knechte

so weiterginge wie immer...


Doch ist der Befreier vom Tod ja erstanden,

ist schon auferstanden

und ruft uns jetzt alle

zur Auferstehung auf Erden,

zum Aufstand gegen die Herren,

die mit dem Tod uns regieren...


Unbeirrbares, beharrliches Eintreten für Recht und Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe - das ist jetzt dran, alles andere ist überholt, ist von gestern. Wir brauchen dabei nie mehr zu resignieren – denn wer auf der Seite Jesu ist, ist auf der Seite des Siegers.


IV


Und wie wird das dann einmal mit unserer eigenen Auferweckung aus dem Tode sein?


Christus ist der „Erstling der Entschlafenen“, sagt Paulus. Erstlinge, das waren im biblischen Israel die ersten Früchte, die geerntet wurden. Man brachte sie Gott dar und sagte damit: Das, was ich dir, Gott, jetzt darbringe, das bringe ich im Wissen und Gedenken daran, dass nun noch viele weiteren Früchte folgen, all das, womit du mich beschenkst, und was ich als dein Geschenk annehme.


Christus der Erstling, das heisst also: Weil er auferstanden ist, darum folgen nun auch wir. Das Leben, in dem er schon ist, erwartet nun auch uns, uns, die jetzt im Glauben an ihn

leben. Wir werden in einer neuen, makellosen Leiblichkeit leben, in einem „Leib herrlichen Glanzes“, wie Paulus ihn einmal (Phil. 3, 21) nennt, wir werden uns und unser Leben ganz bejahen können, werden erkennen: ahc, d a zu diente das ja alles..., wir werden ganz wir selbst in unserer Einmaligkeit sein, wir werden vom Glauben ins Schauen gelangen, werden Gott sehen, wie Er ist: In all seiner Herrlichkeit und Heiligkeit, vor allem aber in seinem masslosen Erbarmen. Wir werden Christus gleich sein.


Darum singen wir nun: Jesus lebt, mit ihm auch ich. Amen