Gottesdienst am  14. Sonntag nach Trinitatis,  12. September  2010, Rhodos-Stadt

 

Lieder:

Wunderbarer König...327

Wir strecken uns nach dir...(Praise the Lord Nr. 102)

Ich singe dir...324, 13 - 18

Danket dem Herrn...333, 1.2.6

 

Psalm 92 (Nr. 737)

 

Lesung: Matth. 6, 24 -34

 

 

 

 

Predigt über 1. Petrus 5, 5b -10:

 

Alle aber miteinander haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.

Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass eben dieselben Leiden über eure Geschwister in der Welt gehen.

Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Was sind das für Zumutungen! An der Demut sollen wir festhalten! Aber ist in unserer Welt nicht Anderes gefragt – nämlich  Ichstärke?  Durchsetzungskraft?

 

Und: Alle eure Sorge werft auf Gott! sagt er. Er sorgt für euch! Ja, sind wir denn Hippies?! Wo kommen wir denn hin, wenn wir nicht für uns selber sorgen! Wenn wir nicht Lebensplanung betreiben, zumindest Lebensabschnittsplanung.

 

Und schliesslich: „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe“. Ja – sind wir denn hier im  tiefsten Niederbayern?? Wer glaubt denn schon noch an den Teufel!  Damit hat die Kirche lange genug ihren Spuk getrieben und  Angst eingejagt. Nein, das verfängt bei uns aufgeklärten Leuten nicht mehr. Wir lassen uns doch nicht für dumm verkaufen.  

 

Und doch: Petrus meint allen Ernstes – und mit ihm meine ich das auch: Das sind drei ganz wesentliche Kennzeichen eines Christen

 

  1. 1.Er ist demütig 

  2. 2.Er vertraut der Fürsorge Gottes, und   

      3.  Er widersteht dem Teufel.

 

2

 

                                                I

 

  1. 1.also: Ein Christ ist ein demütiger Mensch. Aber  -  was ist das denn eigentlich, Demut?! 

     

Wir sind doch gewohnt zu denken: Ein demütiger Mensch, das ist einer, der sich eher duckt und dienert, der immer sagt: Bitte, nach Ihnen. So wie der  jüdische Satiriker Ephraim Kishon das in einer Kurzgeschichte karikiert hat: Treffen sich zwei höfliche Juden vor einem Fahrstuhl.Bitte,nach Ihnen, sagt der eine. Der Andere: Aber bitte sehr, nach Ihnen. Der Andere, eine Spur ungehalten: Bitte nach ihnen. - Der, schon mit einem befehlenden Unterton:   B i t te! Nach I h n e n. Sein Gegenüber fängt an laut zu werden: Nach Ihnen!! und hilft mit Schubsen nach. Der andere packt ihn am Kragen und versucht ihn in denj Fahrstuhl hineinzuzerren...Der wehrt sich mit Fusstritten usw.

 

Da schlägt also das höflich-demütige Verhalten in  Aggressivität um -:  was übrigens garnicht so selten ist, falls es sich  -wie fast immer - um eine Scheindemut, eine vorgespiegelte Demut handelt. Das gab und gibt es ja sicher unter Christen  – solch  eine Art Zwangsdemut: Immer andern dienen und sich selber nichts Gutes gönnen. Nächstenliebe – aber keine Selbstliebe. Aber Jesus hat doch gesagt: „Ich bin  gekommen, damit die Menschen das Leben haben und  es in Fülle haben“. Jesus – nach allem, was wir in  den Evangelien von  ihm lesen -  der wollte und  will doch Lebensfreude und vor allem: Freiheit!

 

Ja – wo wir eher denken: Demut hat zu tun mit freudloser Unterwürfigkeit oder gar Schicksalsergebenheit, da sagt Jesus und mit ihm die ganze Bibel es ganz anders.

 

Beispiele fallen wir ein: Zuerst:Mose! Von ihm heisst es 4. Mose 12 Vers 3 wörtlich: „Mose aber war ein sehr demütiger Mensch, mehr als alle Menschen auf Erden“. Das wird also als höchstes Lob von Mose gesagt, diesem aufrechten starken Menschen, der so leidenschaftlich vor Gott für sein Volk eintreten konnte, der oft ganz verzagt war darüber, wie kleingläubig das Volk oft war, das er führen sollte,  der offenbar auch charakterliche Mängel hatte, z.B. vermutlich jähzornig war, der aber vor allem demütig war, weil er ganz innig mit Gott verbunden lebte und dadurch frei wurde von jeder Geltungssucht. Oder, ein Franz von Assisi fällt mir ein. Nach allem, was von ihm überliefert ist, war er erfüllt von inniger Liebe zu Gott, lebte aus der Freude an Gott, und war darum voll gelassener Heiterkeit, frei war von unnützer Sorgerei.

 

Und vor allem: Jesus! Er sagt einmal: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und

beladen seid; ich will euch erquicken...lernt von  mir, denn ich bin sanftmütig und von

Herzen demütig.“ Sanftmütig: Dieses Wort bedeutet im Neuen Testament: In Einklang, in Frieden mit sich selbst sein; es nicht mehr nötig haben, aggressiv zu sein, weder gegen andere noch gegen sich selbst. Und demütig: Bei Jesus sehen wir's klar: Es bedeutet: Frei sein zu dienen, mit einer von Gott kommenden Kraft und einem von Gott kommenden Mut anderen Menschen dienen, sie entlasten, aufmuntern, erfreuen, bejahen...

 

Ich glaube, je mehr einer sich von Jesus „erquicken“, also von ihm mit Kraft und Befreiung beschenken  lässt, desto eher erkennen  andere Menschen dann bei ihm - Demut. Solch ein Mensch hat es nicht mehr nötig geltungsbedürftig zu sein; er braucht nicht mehr „wer sein“ wollen, denn er weiss: Er i s t ja wer in Gottes Augen, unendlich wertvoll, unendlich geliebt.

3

 

So wie es ein  Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis 1944 in einem  starken Satz ausdrückte: Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen...dann wirft man

sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in  der Welt ernst...(WuE Siebenstern S.183)

 

II

 

Zu solch hoher Freiheit gehört dann 2.:

 

Ein Christ lebt im Vertrauen auf die Fürsorge Gottes.

 

Das heisst ja ganz und  garnicht: Völlig sorglos in den Tag hineinleben. Wer kann das schon! Wie viele Sorgen sind ständig da! Bei manchen schlimme Geldsorgen. Und was gibt es für Sorgen angesichts von Krankheiten. Oder: Die Kinder...Wahrscheinlich kennt Ihr alle die Wahrheit des Liedverses: „Die Sorgen, die stehn  um das Lager her, die Sorgen, die lasten so schwer...“ Nachts, man wacht auf, kann nicht mehr einschlafen...ruhelos gehen einem Gedanken im Kopf herum. Mit Zentnerlast liegen Sorgen auf dem Herzen.

 

Aber vielleicht wisst Ihr auch: Sie verlieren ihr Gewicht, wenn wir sie in betende Worte und Gedanken kleiden; wenn wir sie Gott ans Herz legen.  

 

Aus einem von Angst besetzten Sorgen kann ein von Vertrauen getragenes Sorgen werden. Die Sorgen selbst verschwinden nicht, aber sie verlieren ihr bleiernes Gewicht.  Wir können  wieder atmen, bekommen neuen Mut, vertrauen der Hilfe und Führung Gottes. Die Sorge um sich kann kann dann sogar zu der im Grunde einzig guten Sorge – der Fürsorge für Andere werden. So wie mir das kürzlich jemand in einer E-mail schrieb: Es gibt nichts Schöneres als wenn man helfen kann und die Hilfe dann auch noch gelingt!  Es gibt nichts Schöneres als wenn man helfen kann – und die Hilfe sogar noch gelingt!

 

III

 

Und darüber geschieht dann  das Dritte:

 

Ein Christ widersteht dem Teufel.

 

In der Bibel wird er ja manchmal eher so dargestellt: Als der schleichende, gut getarnte, kaum durchschaubare – manchmal höchst attraktiv erscheinende – Verführer, der uns Leben verspricht, uns  in  Wirklichkeit aber um's Leben betrügen will (1. Mose 3, Matth.4).

Und ich denke, gerade so wirkt er auch heute ganz massiv in unserer sog. Spassgesellschaft. Hier im Text ist allerdings ganz anders von ihm die Rede: Nämlich im Bild des Furchtbarsten, das Menschen damals überhaupt kannten: Wie ein brüllender Löwe ist er, sagt Petrus, der auf entsetzliche Weise Menschen zerreisst. Der Apostel weiss, wovon er schreibt: der Brief wurde in einer Zeit der Verfolgung geschrieben. Christen wurden den Löwen zum  Frass vorgeworfen.

 

So fürchterlich und gnadenlos kann der Teufel sein, sagt Petrus. Er ist der furchtbare  Lebenszerstörer. Sein ganzes Trachten geht dahin, Menschen vom Glauben abzubringen  - und dann, wenn Menschen Gott nicht mehr ernst nehmen, dann schlägt er mit gnadenloser Grausamkeit zu und zerstört und vernichtet das Leben.

 

4

 

Ich finde es gut, dass in unserem Text auch einmal so ungeheuer ernst und drastisch von

ihm geredet wird. Denn gerade wenn man ihn für harmlos hält oder gar für überholte Spinnerei,,,wird und wirkt er insgeheim umso mächtiger – diese rätselhaft-finstere Macht,

die es in Gottes Schöpfung nun mal eben auch gibt.

 

Wie können wir ihr widerstehen? Meine Mutter sagte mir im Alter  mehrfach: Der für sie wichtigste Satz im Neuen Testament sei ein Vers aus dem 1. Johannesbrief (3,8) geworden: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre“ - und sie betonte mit einem geradezu triumphierenden Unterton: „zerstöre!“ Also, dem getarnten Verwirrer und Lebenszerstörer widerstehen – das tun wir am besten, wenn wir uns strikt und einfältig an Jesus halten, immer aufs neue von ihm uns befreien, erfreuen und stärken lassen und diszipliniert im Hören auf Ihn leben.

 

Alles in allem: Indem wir den Segenswunsch für uns  persönlich annehmen, mit dem der Predigtext schliesst:

 

Der Gott aller Gnade, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.

 

Amen.