Gottesdienst am Sonntag Septuagesimae, 8. Februar 2004

 

Lieder:

Die helle Sonn leucht‘ jetzt herfür...437

Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht...375

Zieh an die Macht, du Arm des Herrn...377

Ich danke dir, du wahre Sonne...400, 5 und 6

 

Psalm 18 (Nr. 707)

 

Lesung: Jeremia 9, 22 und 23

 

Predigt über 1. Korinther 9, 24 – 27:

 

Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber nur einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt!

Jeder aber, der kämpft, enthält sich vieler Dinge; jene nun, damit sie einen  vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen.

Ich also laufe nicht ins Ungewisse; ich kämpfe mit der Faust, aber nicht wie einer, der in die Luft schlägt,

sondern ich bezwinge meinen eigenen Leib und zähme ihn, damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde.

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Die berühmten isthmyschen Kampfspiele! Fast so berühmt wie die damaligen olympischen Spiele in Athen! 

 

Alle paar Jahre kamen die besten Athleten in Korinth zusammen und vor den Toren der grossen Hafenstadt  wurden dann die Wettbewerbe ausgetragen: Faustkämpfe,  Wettläufe, Ringen, Diskuswerfen...Jeder Einwohner von Korinth kannte diese Wettkämpfe.

 

Ihr wisst also, schreibt Paulus den Gemeindegliedern in Korinth ins Stammbuch – ihr wisst: Die Athleten nehmen hartes Training auf sich. Auf vieles verzichten sie. Mit äusserstem Einsatz kämpfen sie – und all das um eines Ruhmeskranzes, eines Ehrenpreises willen.

 

Und geradeso, sagt der Apostel  – geradeso soll es bei uns Christen sein.

 

Was? denken wir erstaunt. Christsein bedeutet Kampf? Und  hartes Training? Und Verzicht? Christsein  bedeutet äusserste Anstrengung? Totalen Einsatz im Glaubenskampf?

 

Haben wir denn nicht gerade von Paulus gelernt: Ihr könnt euch Gottes Gnade überhaupt nicht verdienen oder gar erkämpfen, ihr könnt – und dürft! – euch stattdessen von ihr beschenken lassen! Ihr bekommt sie sozusagen gratis!

 

Und doch, liebe Gemeinde, derselbe Paulus, der das Evangelium von der bedingungslosen Gnade Gottes verkündet, derselbe Paulus hat bei dieser

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Verkündigung ja härteste Anstrengungen auf sich genommen, hat auf vieles verzichtet und Askese geübt, hat auch körperlich Unglaubliches geleistet und ausgehalten (vgl. z.B. 2. Kor.11, 22ff.; 1. Kor.4, 11 - 13).

 

Also: Eins schliesst das Andere nicht aus!

 

Um gelebtes, lebendiges Christsein geht’s dem Apostel. Um das zu erläutern, spricht er

 

1.                 von dem Preis, der uns am Ziel winkt

2.                 vom Glaubenstraining, damit wir dieses Ziel auch wirklich erreichen und  nicht unterwegs aufgeben – und

3.                 vom Wetteifern miteinander im Glaubenskampf

 

 

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Erstens: das Ziel. Dort winkt ein Siegespreis. Das war bei den  Sportlern damals ein Lorbeerkranz, es gab auch Preisgelder - man hatte auch damals schon Sponsoren -,   aber das Wichtigste war die Ehre, der Ruhm, das hohe Ansehen, das die Sieger genossen.

 

Paulus sagt uns: Ihr Christen  sollt einen unverwelklichen Siegerkranz gewinnen. Es soll so sein, daß der Herr Christus, wenn ihr im Licht der Herrlichkeit Gottes seid, euch ehrt, indem er euch eine Krone, einen Siegerkranz aufsetzt.

 

Ist uns das überhaupt wichtig?  Ist es uns entscheidend wichtig, dass Christus einmal von uns sagen kann: Gut gemacht! Du warst ein treuer Zeuge und Bote des Evangeliums, du hast den Glauben nach bestem Vermögen gelebt!

 

Denken wir nicht eher: Vom Jenseits ist noch keiner zurückgekommen, man weiss halt nicht, was einen im Tod und  danach erwartet, man muss hier, so gut es geht, über die Runden kommen...

 

Wie anders war da, um ein  Beispiel zu nennen, ein Theologe wie Christoph Blumhardt im 19. Jahrhundert, der als Zentralsatz des christlichen Glaubens formulierte: Jesus ist Sieger! (Lied 375). Und der diesen Satz immer wieder erläuterte und zwar voller Begeisterung, Staunen, Dankbarkeit, Ehrfurcht und vor allem: Freude!

 

Jesus ist Sieger! Er  erwartet uns am Ziel! Nicht in irgendwelche chaotischen Finsternisse stürzen wir im  Sterben, sondern Er erwartet uns!

 

Jesus ist Sieger! Nicht erst am Ziel , auch jetzt schon gilt das: Er ist stärker, ist Sieger über alles Böse, Gottwidrige, Dunkle!

 

Ja, das muss doch bekannt werden – im doppelten Sinn dieses Wortes: Menschen müssen es verkündigen und es muss öffentlich bekannt und spürbar werden in der

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ganzen Welt, nun müssen Christen  sich doch leidenschaftlich für Gerechtigkeit einsetzen und  vergeben, wenn wir einmal lieblos waren und finsteren

Einflüssen anheimfielen, nun darf es doch solche Barbareien wie Krieg und Folterung oder die Todesstrafe nicht mehr geben!

 

Denn Jesus ist Sieger! Und er ist Richter, fällt das letzte und  endgültige Urteil über alle Er wird uns am Ziel ehren – oder aber sagen: Weg von mir – ich kenne dich nicht!

 

Merken wir, wie der Blick auf das Ziel unsere gesamte Lebenshaltung ändert, wie aus der Freude heraus, dass Jesus Sieger ist, auch der Elan und die Kraft kommen, nun  auch wirklich  ihm entgegen eilen zu wollen?

 

                                                                        II

 

Und damit sind wir beim Zweiten: Dem Glaubenstraining .

 

Glaube braucht Nahrung. Kein fast food. Schon gar kein doping. Sondern gesunde Kost, gute Aufbaunahrung. Denn ein Glaube, der nicht ernährt wird, wird schwach und  matt und stirbt schliesslich ab.

 

Zu unserm Glaubenstraining gehört also ganz wesentlich, dass ich die Aufbaunahrung, die Gott mir in den Worten der Bibel reichlich anbietet, auch annehme, sie mir einverleibe.

 

Zum Glaubenstraining gehören Zeiten der Stille, in denen ich mich dem Wesen Gottes ganz öffne. Zum Glaubenstraining gehört die Beichte: Mich also innerlich entschlacken, reinigen zu lassen, Schuld und Fehler vor Gott und Menschen eingestehen.

 

Die Worte der Bibel, die Kraft des Gebets: Wer solch gesunde Kost bekommt, der kann dann gern auf anderes verzichten, der braucht kein religiöses Mac Donalds Futter,  der muss sich nicht schnell irgendwas Psychohygienisches ‘einziehen...der kann auf alles mögliche verzichten, weil er im  guten Sinne Askese übt.  

 

                                                                        III

 

Er ist dann – drittens – fit für den Glaubenswettkampf. Er kann als Christ Leistung im Alltag zeigen, sein Bestes geben im guten Kampf des Glaubens.

 

Klar ist, dass hier nicht Konkurrenz gegen andere Christen gemeint ist. Gemeint ist auch nicht Aktivismus und atemloses Gehetze. Sondern dies, dass jeder im Wettbewerb mit Anderen sein Bestes gibt, seinen Glauben auf seine persönliche Art und  also glaubwürdig und überzeugend für andere lebt. Dass er also das beherzigt, was Paulus hier mit Recht so betont: Nicht anderen predigen  und selbst verwerflich werden. Wie wichtig ist dieser Satz! Wie leicht tun wir das immer wieder: Wir reden vollmundig daher, können auf’s Schönste die Glaubenswahrheiten formulieren – und

 

 

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verhalten uns nicht danach! Aber, wie Jesus sagt: An ihren  Früchten  sollt ihr sie erkennen (Mt. 7, 16).

 

Wie könnten solche Früchte aussehen?

 

Bei dem einen so, dass er sich eine ganz bestimmte Aufgabe in der Gemeinde vornimmt und diese eine Aufgabe sorgfältig und beharrlich in Angriff nimmt. Bei einem anderen innerlich eher etwas unordentlichen Christen, dass er seinem Leben eine geistliche Ordnung gibt. Bei einem  dritten, dass er sich eine Fürbittenliste macht und  für ganz bestimmte Menschen eine Zeitlang Fürbitte übt. Das kann ein Gemeindeglied sein oder auch irgendein Politiker...Oder bei einem Vierten, dass er mal garnichts tut als Betrachten, zum Beispiel einen einzigen biblischen Satz lange und immer wieder betrachten, etwa: Gott ist ein Fels. Oder: Gott spricht: Du bist in meinen Augen wertgeachtet...

 

Eines allerdings ist ausgeschlossen: Eine Zuschauerhaltung, ein  auf den Rängen der Zuschauertribüne sitzen und von  da aus kritisch beäugen , wie sich andere Christen in der Arena abstrampeln – und womöglich von der Zuschauertribüne aus auch noch mit Vorschlägen kommen, was „man“ anders machen solle...

 

Sondern Christus möchte Dich am Ziel ehren. Du sollst persönlich die Freude, die Anstrengung und die Befreiuung erleben, die der gute Kampf des Glaubens bedeutet. Darum: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unserm Herrn. Amen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.