Gottesdienst Kirche Am Brandenbusch, Essen-Bredeney

Sonntag Epiphanias, 6. Januar 2008


Lieder: Der Morgenstern ist aufgedrungen...69

O König aller Ehren...71

Wie schön leuchtet der Morgenstern... 70, 1-4

Licht, das in die Welt gekommen...552


Psalm 100 (Nr. 743 S. 1171/72)


Lesung: Matthäus 2, 1 - 12


Der für das diesjährige Epiphaniasfest vorgeschlagene Predigttext ist aus dem 2. Korintherbrief des Apostels Paulus, dem 4. Kapitel, die Verse 5 und 6. Man spürt in den verangehenden Versen: Paulus ist entsetzt und zornig. Er wendet sich mit Leidenschaft gegen Prediger in Korinth, die sich selber groß darstellen vor den Leuten und vor ihnen glänzen wollen und sagt im heutigen Predigttext:


Wir aber predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen.

Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.


Liebe Gemeinde!


"Wir predigen nicht uns selbst!" Was für ein wichtiger Satz für uns Predigerinnen und Prediger. Wichtig - und offenbar nicht leicht zu befolgen. Denn: Wir haben doch alle auch unsere Lieblingsgedanken, die wir nur zu gern in die Bibeltexte hineinlegen. Und: Ganz ohne Eitelkeit sind wir ja doch auch nicht, stellen uns doch auch ganz gern ein bißchen selber dar in unseren Predigten und sind auch nicht ganz unempfänglich für lobende Worte. Das höre ich doch nicht ungern, wenn einer am Ausgang zu mir sagt: "Tolle Predigt haben Sie da gehalten - Klasse! Danke!"


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Wie werden wir wenigstens einigermaßen frei von Selbstgefälligkeit beim Predigen? Da hilft das griechische Wort, das Luther hier mit "predigen" übersetzt. Das griechische Wort lautet: Keryssein. Und das bedeutet wörtlich: "Herold sein; als Herold etwas öffentlich verkündigen".


Das Wort "Herold" muss ich vielleicht doch erklären, weil es ein altes Wort ist. Obwohl, wie ich bei Wikipedia zu meiner Überraschung las: "Herold.at" gibt's auch heute: Es ist die business Suchmaschine im Internet mit tagesaktuellen Themen. Aber dann steht da: Ein Herold - vom altfranzösischen heralt, "Heerverwalter" - war in früheren Jahrhunderten einer, der öffentlich eine Botschaft seines Herrn, des Königs oder Kaisers, zu verkündigen hatte. Also, das können wir uns vorstellen: Hoch zu Ross und in Heroldstracht, mit dem Wappen seines Herrn geschmückt, ritt er in eine Stadt oder ein Dorf ein, geradewegs zum Marktplatz. Schon sammelten sich Menschen, neugierig, erwartungsvoll, und dann, vielleicht nach einer Fanfare oder anderer Musik, gab er seine wichtige Botschaft bekannt: Einen Erlass des Kaisers, vielleicht auch einen lang und sehnlich erwarteten Friedensschluss...


Das also ist predigen: Herold sein! Im Auftrag und im Namen des Königs aller Könige und Herrn aller Herren und in aller Öffentlichkeit eine allen Menschen geltende Botschaft

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bekanntgeben, ein Faktum, ein Geschehen - und dieses Faktum, diese Botschaft formuliert Paulus hier; sie lautet: "...dass Christus der Herr sei" . In kürzester Form besteht sie aus nur drei Worten, nämlich: Jesus - ist - Herr!


Das also hat Kerninhalt jeder Predigt zu sein: Jesus ist Herr! Gott hat Jesus zum Herrn über

alle Menschen, sowohl die Machthaber wie die Leidenden, Unterdrückten, eingesetzt - den Jeshua, diesen schlichten Wanderprediger und erstaunlichen Wunderheiler, der so radikal, vollmächtig und anstössig klarmachte, dass Gott lautere und heilige Liebe sei für jeden Menschen. Das wollten die politisch und religiös Einflussreichen nicht hören. Nach gut zwei Jahren schon stießen sie ihn aus jeder Gemeinschaft aus, liessen ihn zu Tode foltern und er starb schreiend mit der Frage: Mein Gott, wozu hast du mich verlassen? - (Das ist mir schon sehr wichtig: Der Herr der Kirche ist mit einer Frage zu Gott hin gestorben!)


Aber dann kam ja die Antwort! Gott tat an ihm etwas, was er nie zuvor getan hatte: Weckte ihn aus dem Tode auf, erfüllte ihn mit dem eigenen göttlichen Leben, setzte ihn zu seinem Bevollmächtigten ein. Vor dem lebendigen Jesus, schreibt Paulus in Philipper 2, werden die Knie beugen alle Lebewesen im Himmel und auf der Erde, auch alle dunklen und widergöttlichen Mächte und alle längst Verstorbenen unter der Erde. Er, Jesus, spricht das Urteil über mein Leben und das Leben jedes aufgeblasenen Mächtigen. Zitternd werden sie am Jüngsten Tag vor Jesus dem Richter stehen! Wie gut beraten wären sie - und wir! - also, wenn wir uns die Astronomen, die Könige aus dem Morgenland zum Vorbild nehmen würden, die vor dem Kind knien (Mt. 2) !


Noch einmal: Darum geht's beim Predigen: Klarmachen: Jesus ist Herr! Und das in aller Öffentlichkeit ausrufen. So wie in der Geschichte von dem Rabbi. Martin Buber überliefert sie in seinem Buch "Die Erzählungen der Chassidiim" . Er erzählt: "Der Rabbi von Berditschew war einst auf dem grossen Markt und sah das Menschengewimmel, wo jeder von der Sucht seines Erwerbs besessen war. Da bestieg er das Dach eines Hauses und schrie hinunter: 'Ihr Leute, ihr vergesst, Gott zu fürchten!' " Öffentlich erinnert er daran, wem alle Ehrfurcht gebührt.


Geradeso soll das "Jesus ist Herr" öffentlich hörbar und real werden im Plenarsaal des Bundestages und in der Chefetage des RWE-Turms, aber auch in Gefängnissen und Hospizen, auf Handelskonferenzen und in Redaktionsräumen...


Und damit das geschieht, haben wir in unseren Gottesdiensten und Bibelstunden möglichst anschaulich und konkret zu erläutern, was dieses Faktum "Jesus ist Herr" für Menschen und Schöpfung bedeutet, was sich dadurch alles verändert, inwiefern dich das in deinem Leid, deiner Trauer, deiner Einsamkeit tröstet, habgierige und und egoistische Menschen warnt, und in allem und vor allem: Befreiend wirkt! Denn einer der schönsten Titel Jesu lautet: Er ist der Befreier!


So wie in jener alten römischen Fabel, in der erzählt wird: Ein Herr kam einmal auf einen riesigen Markt und habe über den weiten Markt hin ausrufen lassen: Ihr seid frei! Ich habe euch freigekauft! Ungläubiges Aufblicken bei den dumpf vor sich hinbrütenden Sklaven - bis ihnen dann in der Tat die Ketten abgenommen wurden und sie sich dehnen und recken, aufstehen, aufatmen und frei gehen konnten...und dann seien sie - so schliesst die Fabel - zu diesem Herrn hingegangen: Wohin sollen wir gehen!? Wir wollen bei dir bleiben, dir nun in Freiheit dienen.

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Solch ein Herr ist Jesus, der Befreier. Aber nun müssen wir ja sagen und zugeben: Wie oft

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haben wir das schon gehört, wie oft schon selber ausgesprochen, dass Jesus der Herr über alle ist, in jedem Glaubensbekenntnis zum Beispiel, es ist uns geradezu selbstverständlich geworden, reisst uns nicht vom Hocker.



Für Paulus dagegen war das ein Ereignis, eine Tat Gottes, in ihrer Größe und Unfasslichkeit vergleichbar nur einer einzigen anderen Tat Gottes: Als Gott nämlich am Anfang, vor vielleicht 18 Milliarden Jahren, als er das Weltall aus Nichts ins Dasein rief, auch rief: Es werde Licht! Und wie dann das Licht - nicht das Sonnenlicht, sondern das unsichtbare Licht des ewigen Lebens, ein Licht, aus Gott selbst entsprossen - die Schöpfung zu beleben begann. Die Auferweckung des toten Jesus, sagt Paulus, ist in ihrer Größe nur dieser ersten Schöpfungstat Gottes vergleichbar. Denn nun leuchtet das göttliche und ewige Licht neu in der verfinsterten Schöpfung auf! Es geht auf, wie der Morgenstern das Ende der Nacht ankündigt, es strahlt auf wie die ersten Strahlen der Morgensonne am noch nachtdunklen Himmel. Es kündigt den Tag an, an dem wir nun als wache, aufgeweckte Menschen leben können.


Es gibt einen hellen Schein in den dunklen Kosmos und die finsteren Herzen, es leuchtet auch in alles Verborgene und jedes Versteck hinein.


Eine Geschichte, aus den Philippen stammend, beschreibt diese neue Wirklichkeit anschaulich.


Sie erzählt von einem König, der, als er alt wurde, überlegte: Wer von meinen zwei Söhnen soll mein Nachfolger sein? Er wollte sie prüfen, gibt jedem fünf Silberstücke und sagte: Für dieses Geld sollt ihr bis zum Abend die große Halle in unserm Palast füllen - wie, das könnt ihr selbst entscheiden. Der eine Sohn macht sich auf und kommt an einem Feld vorbei, auf dem Arbeiter Zuckerrohr ernten. Das ausgepresste Stroh liegt herum. Das eignet sich doch gut, denkt er, gibt den Arbeitern das Geld und sie schaffen es bis zum späten Nachmittag in die Halle. Triumphierend geht er zum Vater: Die Aufgabe ist erfüllt. Auf meinen Bruder brauchst du nicht mehr zu warten.


Der jüngere Sohn tut garnichts. Spätabends erst bittet er, das Stroh aus der Halle zu schaffen. Dann stellt er mitten in die dunkle Halle eine Kerze und entzündet sie. Ihr Schein erfüllt die Halle bis in die dunkelsten Winkel hinein. Der Vater sagt: Du sollst mein Nachfolger sein. Dein Bruder hat fünf Silberstücke gebraucht, um die Halle mit nutzlosem Zeug anzufüllen. Du hast nicht mal ein Silberstück gebraucht und hast sie mit Licht erfüllt - mit dem, was die Menschen am nötigsten brauchen.


Wir merken schon: Diese Erzählung ist ein Gleichnis, sie sagt uns: So ist das Licht Gottes in unserer Welt, so leuchtet Jesus. Wärmend, scheinbar schwach, ins Dunkel hineinscheinend. Dieses Licht ist gut für uns. Das Stroh dagegen: Das sind alle eigenen Bemühungen um Sinnerfüllung. Leeres Stroh.


III


Und auch Paulus sagt uns: Das Licht Gottes, die Herrlichkeit Gottes leuchtet in Jesus auf. Nun gebraucht er nicht das Bild einer Kerze. Sondern er sagt: Es strahlt uns an in dem uns zugewandten Angesicht Jesu.


Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir, Er wende dir sein Antlitz zu - so sagen wir es ja in den wundervollen Segensworten zum Abschied aus jedem Gottesdienst. Das Antlitz Gottes: Das ist das Antlitz Jesu. Es ist das Gesicht des Kindes in der Krippe, des

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Bergpredigers und Wundertäters, des sterbenden Jesus am Kreuz. Da, in diesem zerquälten Antlitz voller Wunden und Striemen sollen wir die Herrlichkeit Gottes sehen!


Wir können und sollen dort erkennen: Er stirbt auch für mich - und bringt Licht auch in

meinen Tod. Er hängt da auch um meinetwillen - und bringt das Licht der Vergebung und Gnade Gottes auch in mein Leben.


So wie es von dem Grafen Zinzendorf überliefert wird. Er stand in Düsseldorf vor einem Bildnis des Gekreuzigten, stand lange dort und sah den gekreuzigten Jesus an - und hörte ihn mit einemmal sagen: "Das tat ich für dich...Was tust du für mich..?"


"Das tat ich für dich. - Was tust du für mich?" Und Zinzendorf begann dann das segensreiche Werk der Herrnhuter Brüdergemeinde, dem wir auch das Losungsbüchlein verdanken.


Das tat ich für dich! Was tust du für ihn? Wir können durch unsere Taten und Worte

anderen Menschen zeigen, wie reich und sinnvoll das Leben wird, wenn Jesus darin die Hauptrolle spielt. Durch uns, schreibt Paulus. soll andern Menschen ein Licht über Gott

aufgehen! Durch uns sollen sie Freude an der Herrlichkeit Gottes finden.


Am besten tun wir das, wenn wir es so machen, wie der Junge aus Kamerun, von dem ein Missionar auf einer Tagung erzählte: Dieser Junge stand an seinem Tisch mit aufgestapelten Ananas und er ruft und preist seine Ananas an: Herrliche Ananas, frisch und garnicht teuer...und alle gehen vorbei und keiner kauft. Da kommt ein älterer Kameruner auf ihn zu und sagt: He, du musst das anders machen. Iss mal selber davon. Und der Junge schneidet eine Ananas auf und golden glitzert die saftige Ananas im Sonnenlicht und er schneidet sich eine Scheibe ab und beisst in die köstliche safttriefende aromatische Frucht und man sieht, wie sie ihm schmeckt...und schon kommen die Leute heran: Ich möchte gern eine Ananas ...und ich auch und ich auch...


Und so müßt ihr Mission treiben und predigen, sagte der Missionar, als er das erzählt hatte.


Also täglich Geschmack finden an der Schönheit der biblischen Botschaft, sie sich munden lassen. Sie genießen. Kein Tag ohne stille Zeit am Morgen; kein Christsein ohne Bibellese, Dankgebet, Fürbitte, kein Christsein, ohne dass man an unserm Verhalten spürt: Der macht ihr Christsein Freude, die ist stolz, Christ zu sein. Nicht aggressiv, aber offensiv den Glauben leben. Die Moslems sollen uns doch nicht beschämen!


Zwei Erlebnisse haben mich viel gelehrt: Das eine: Partnerschaftsbesuch aus dem Kongo. Der zur Gruppe gehörende Arzt sagt im Gespräch: Das ist bei uns selbstverständlich, dass wir vor jeder Operation mit dem Patienten beten. Das erzähle ich gern hiesigen Ärzten, um sie zur Nachahmung zu ermuntern. Wie gut wäre das! Zu dem, was wir hier zunehmend lernen, gehört die heilende Kraft des Gebets und der Handauflegung .


Und das andere: Wir besuchen unsere Tochter, die ein missionarisches Jahr in Kamerun macht: Bei jeder Einladung auch in große öffentliche Restaurants war für unsere Gastgeber das Tischgebet selbstverständlich. Seitdem tue ich das auch, nicht nur zu Hause in der Familie, sondern auch im Restaurant.


Ein Christ, hat einer gesagt, ist ein beschenkter Bettler, der anderen sagt, wo auch sie gute Lebensmittel geschenkt bekommen. Eben bei Jesus, der uns jetzt einlädt an seinen Tisch. Amen.