Aus meines
Herzens Grunde...443, 1.2.4.6
O komm, du
Geist der Wahrheit...136, 1-4+7
Verleih uns
Frieden gnädiglich...
Lesung: 1.
Mose 12, 1-4
Liebe
Gemeinde!
Der heutige
Predigttext führt uns ganz in die Anfänge der christlichen Kirche, mitten
hinein ins Heidentum, in den Aberglauben, in den angsterfüllten Glauben an die Dämonen,
die Geister, die Schicksalsmacht der Gestirne. Da mitten drin hat Gott etwas
angefangen, etwas in dieser Umwelt ganz Fremdes und Umstrittenes, er hat durch
den Apostel Paulus etwas gepflanzt, gegen großen Widerstand: Eine Gemeinde von
Christen. Ein kleines Pflänzchen, diese Gemeinde in Thessalonich, dem heutigen
Saloniki in Südgriechenland, die Paulus auf seiner 2. Missionsreise im Jahr 50
n. Chr. gründete. Dieses Pflänzchen muß gepflegt und gestärkt werden. Darum
schreibt der Apostel bald, nachdem er von dieser Gemeinde weitergereist ist,
von Korinth aus einen Brief an sie, und wenig später noch einen zweiten. Aus
ihm stammt der heutige Predigttext – und der hat’s – wie fast alle Texte der
Bibel – in sich. In Kapitel 3 des 2. Thessalonicherbriefs in den Versen 1-5
lesen wir:
Weiter, ihr Geliebten, betet für uns, daß das Wort des Herrn
laufe und gepriesen werde wie bei euch
und daß wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding.
Aber der Herr ist treu;
der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen.
Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, daß ihr
tut und tun werdet, was wir gebieten.
Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes
und auf die Geduld Christi.
I
„Betet für uns“! Manchmal werde ich sehr
dankbar, wenn ich mir bewußt mache: Es sind Menschen da, die regelmäßig für
mich beten. Aber Andere sagen das vielleicht ja auch zu uns: Betet für uns!
Also: Bete – vielleicht nur für einen Menschen, solange, bis du eine Gebetserhörung
zu erkennen meinst. Ich habe auf meinem Schreibtisch manchmal einen Zettel mit
einigen Namen von Gemeindegliedern darauf, für die ich längere Zeit beten will.
Das kann ein Mensch in einer besonderern Not sein, für den und für dessen
Familie ich beten will, meist aber schreibe ich den Namen eines Menschen auf,
der mir das Leben besonders schwer gemacht hat, der
2
andere
Überzeugungen hat als ich sie für richtig halte, „gegen den ich etwas habe“.
Wenn ich für ihn bete, ist das gut und reinigend auch für mich selbst .
Betet für
uns!“ Paulus meint nun aber einen ganz konkreten Inhalt der Fürbitte: „Betet für uns, daß das Wort des Herrn laufe
und gepriesen werde“. Betet für die, die zu verkündigen haben, die zu
predigen haben, damit das Wort Gottes wirksam wird und seine Kraft, seine
Wahrheit, seine Schönheit gelobt wird von den Menschen!
Laßt die
Prediger nicht im Stich! Sie können Gottes Wort nicht predigen, wenn die
Gemeinde nicht dafür betet! Sie können vielleicht eine Rede halten, eine gute,
mitreißende,
oder eine schlechte, gähnend langweilige. Aber Gottes lebendiges Wort wird
daraus nicht – wenn nicht die Gemeinde dafür betet! Wenn sie also nicht in ihre
Mitverantwortung
nimmt, was auch jetzt gerade wieder hier geschieht: „daß“ – wie Paulus formuliert – „das
Wort des Herrn laufe und gepriesen werde“
.
Prediger und
Hörer tragen also gemeinsam Verantwortung, wenn sie im Gottesdienst
zusammenkommen.
Ich glaube,
liebe Gemeinde, man kann das garnicht genug betonen und einschärfen. Darum auch
dieses starke Wort, das Paulus im Text benutzt: „Ich gebiete!“ Er sagt es als Gebot, also als Gottes Willen und Weisung!
Nicht wahr,
meistens denkt ihr, die den Gottesdienst hier mitfeiern, doch eher: Mal sehen,
was er oder sie heute predigen wird. Hoffentlich gibt’s mir was, hoffentlich
ist es ein bißchen zeitnah, aktuell, interessant – und nicht zu lang. Der
Pfarrer soll eine gute Predigt halten und wir zahlen die Kirchensteuer. Und am
Schluß sagen wir vielleicht, daß die Predigt uns gefallen hat. Aber sie soll ja
garnicht in erster Linie gefallen, sondern in ihr soll etwas im Grunde
Ungeheures geschehen: Gott selbst will zu uns Menschen reden. Merken wir, wie
entscheidend wichtig das ist, daß wir diese Erwartung haben: Jetzt will Gott
selber mir etwas Entscheidendes für mein Leben sagen.
(Und darum
haben wir ja vor Schriftlesung und Predigt ein Gebet, das sog. Kollektengebet,
in dem wir um innere Sammlung beten, darum,daß wir erwartungsvoll und bereit
werden für Gottes Reden zu uns. Und auch der Gruß vorher: Der Herr sei mit euch
– und mit deinem Geiste – ist so etwas wie eine gegenseitige Fürbitte, ein
Segenswunsch, Gottes Wort möge für die, die es sagen und für die, die es hören,
zum Segen werden.)
„Betet für uns, daß das Wort des Herrn laufe und gepriesen
werde!“ Was für ein
Geheimnis, daß Gott die Wirksamkeit und Vollmacht seines Wortes gebunden hat an
die Fürbitte von Gemeindegliedern!
II
Das Wort soll wirksam werden! So wichtig der
Mensch ist, der es zu sagen hat – das Wort, das er zu sagen hat, ist weit
wichtiger. Und der Apostel sagt in unserem Text ja zweitens auch deutlich, was denn zu predigen sei, was der Inhalt
des Wortes Gottes
3
in einem Satz
zusammengefaßt ist: „Der Herr richte eure Herzen hin zur Liebe
Gottes und zur Geduld Christi“.
Menschen
sollen erfüllt und bewegt werden von der Liebe Gottes.
Aber nun
fragen ja viele immer wieder: Wo ist sie denn überhaupt zu sehen, diese
vielzitierte Liebe Gottes? Wer ins Weltgeschehen hineinguckt, sieht nichts von
ihr – im Gegenteil. Wer die Natur betrachtet, der sieht vieles Herrliche und
Geheimnisvoll-Wunderbare in ihr – aber von Gottes Liebe findet er darin
ebenfalls nichts. Und auch, wenn wir auf das persönliche Leben von uns oder
Anderen sehen: Da sehen wir, wenn’s gut geht, Segen und Bewahrung – aber Liebe
Gottes? Werden
nicht oft die
frommsten Menschen am schlimmsten
geplagt und könnten an Gott verzweifeln? Was gibt es nicht alles an
Entsetzlichem, was auch mich und meinen Glauben immer wieder sehr bedrängt und
bedrückt.
Und nun bindet
der Apostel hier die Liebe Gottes mit der Geduld Christi zusammen und sagt: Da,
nur da ist sie zu finden, die Liebe Gottes: In der Geduld Christi. Das Wort für
Geduld, das hier im griechischen Urtext steht, bedeutet wortwörtlich:
„Drunterbleiben“, also Lasten tragen können, Belastungen aushalten. Christi
Geduld, das war und ist dies: Daß er das trägt und aushält, was man ihm auflädt
an Bösem, an eigener Schuld, Zweifel und Verzweiflung, Hader mit Gott:
Ihm können wir
anhängen und aufladen, was uns belastet – auch dazu hat Gott ihn uns gegeben.
Mit ihm ist die Liebe Gottes nun in den beiden Hauptbelastungen des Lebens: der
Schuld und dem Leid. Die Schuld kann vergeben werden, ihm gegeben werden – und
das Leid teilt Gott mit uns: Wir bei Gott in Seinen Leiden, er bei uns in
unsern Leiden.
Davon müssen
Menschen so hören, daß sie froh und dankbar darüber werden – das müssen
Menschen zugleich durch unser Verhalten spüren! Die Liebe Gottes, vermittelt
durch Christus, vermittelt durch uns – soll Menschen wohltun!
III
Und weil dem
Apostel dieser Glaube, dieser christliche Glaube, so wichtig ist, darum
schreibt er wie mit einem tiefen Seufzer: „Ach,
daß wir doch erlöst würden von den bösen und falschen Menschen, denn der Glaube
ist nicht jedermanns Ding“!
Die gibt es
also: Menschen, die Gottes Wort nicht hören wollen, die nicht wollen, daß der
Glaube blüht, Menschen, die der Böse als seine Helfershelfer gebraucht, weil er
verhindern will, daß Gottes Wort läuft. Das ist das Wesen des Teufels: Er will
nicht, daß Menschen an Gott, an Jesus glauben. Und wenn es einer mit dem
Glauben ernst nimmt, wird er böse und macht ihm das Leben schwer.
Nächst Jesus
ist Paulus das beste Beispiel dafür: Was hat er alles erlitten an Verfolgungen,
Irrlehren,falschen Brüdern in den Gemeinden, Mitarbeitern, auf die er sich
nicht verlassen konnte... (vgl. 2. Kor.11).
4
Wer ist das
heute – diese bösen und falschen Leute?
Sind es die, die von außen her die Kirche (den Papst allen voran) verächtlich
machen, verspotten, im Grunde weghaben wollen? Oder sind es die, die von innen
her – als Hauptamtliche oder Amtsträger in den
Kirchen – Gottes Wort verflachen, verfälschen, anpassen, ihm seine
Schärfe und Würze nehmen?
Am wichtigsten
ist immer die Frage: Bin ich es vielleicht selber – hemme ich vielleicht den
Lauf und die Wirksamkeit des Wortes Gottes – zum Beispiel dadurch, daß ich es
überhaupt
nicht in mein Leben hineinnehme und mein Leben von ihm infragestellen lasse,
sonderm bequemerweise so bleibe, wie
ich bin?
Ach, daß
Gottes Wort doch das wäre und würde, was es nach Jesu Worten ist: Salz in einer
faden, geschmacklosen Gesellschaft - und Licht! Licht da, wo Menschen mit
düsterer Miene herumlaufen. Beten wir zuversichtlich darum!
Denn in unsere
Verzagtheit und unseren Kleinglauben hinein trifft der Satz, mit dem Paulus
seine Worte hier krönt, der Satz, der sehr tröstlich ist: „Aber
der Herr ist treu, der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen“.
Menschen
können böse und falsch sein, aber Gott bleibt treu. Er bleibt der Schöpfung
treu, darum haben Christen immer eine zuversichtliche Haltung im Blick auf die Zukunft. Er bleibt auch der
menschelnden Kirche treu – und darum können auch wir ihr die Treue halten. Und er
bleibt jedem von uns treu. Du kannst
dich auf seine Treue verlassen. Auch
und gerade da, wo du meinst, er habe dich verlassen oder vergessen. Er bleibt
dir treu. Im Leben und im Sterben. Und ich hoffe, nach dem Sterben werden wir
erkennen,wie treu er war, wie sehr er
uns bewahrt hat.
Der Herr ist treu, der wird dich stärken und bewahren vor
dem Bösen. Amen.