FrühGD 12. p. Trin. 10.9.00

Wo.spr:Das geknickte Rohr  Wir doch...Wir handeln nach Motto Nietzsche: was fällt...Er nicht. Das geknickte,sd...Dazu in ds GD,daß er das bei uns tut,und daß er uns zu solchen Mm macht,die sich dem entsprechend verhalten..Begrüße Mitglieder KSV..Abkdgg..

Lied: Tut mir auf:  166

Ps 146 Nr.762 S1190

Gebet Zipp

At-Lesung: Jes.35, 3-7+10

Lied 289,1

NT-Lesung: Joh.9,1-7

Credo

289,3+4

Pred: Apg 3. 1 – 10

289,5

Fürb-VU

Herr,wir bitten..607,1

 

Liebe Gemeinde,

wozu gehen wir zum GD? Sie werden vielleicht sagen: Ich gehe zum GD, um daraus etwas mitnehmen zu können, um Kraft zu schöpfen für mein Leben im Alltag. Ja,dem soll der GD dienen. Aber sein Sinn ist noch umfassender. Das Lied „Nun lob meinSeel den Herren“,dessen erste Strophen wir gerade gesungen haben,erinnert uns daran: der GD dient auch dem gemeinsamen Lob Gottes. Menschen gehen zum Gd, um Gott wir seine Güte und Treue zu  loben.

 

So auch Petrus und Johannes. Um Gott zu loben, gehen sie in den Tempel. Es ist die neunte Stunde,also drei Uhr nachmittags, die Zeit des jüdischen Nachmnittagsopfers,die Zeit der Todesstunde Jesu auch.

 

Wir sehen: Christen und Juden sind hier noch nicht getrennt. Ganz selbstverständlich gehen Petrus und Johannes zum GD in den Tempel. Sie tun es als Juden,die in Jesus den Messias erkannt haben, als messianische Juden: So nennen die Judenchristen sich heute.(Oder, mit dem schönen englichen Namen: completed Jews,vollständige Juden.Juden,die in ihrem Judesein durch Jesus,den Messias „vollständig“ geworden sind.)

 

Aber bevor sie durch die „schöne Pforte“ hineingehen in den Gd, werden sie aufgehalten. Draußen vor der Tür liegt einer. Seine Verwandten haben ihn dort abgelegt, in der Erwartung, daß Menschen, die zum Gd gehen, vielleicht eher bereit sind für eine mildtätige Gabe.

 

Da hockt oder liegt nun dieser Mensch, lahm von Mutterleib an. Im jüdischen Volksglauben wurde Behinderung oft als Strafe Gottes betrachtet,wir haben’s eben in der Lesung aus dem Munde der Jünger Jesu gehört. Auch heute noch steckt dieses Denken ja in uns. Ein Mensch, dem Schlimmes widerfährt,kann unwillkürlich denken: Womit habe dich das verdient?! Warum straft Gott mich so!?

 

 

 

2

Und weil Behinderung im jüdischen Volksglauben als Strafe für eine Sünde angesehen wurde, aber auch, weil man die „schönen Gottesdienste des Herrn“ nicht durch den Anblick von Behinderten beflecken wollte, waren blinde, lahme,taube,aussätzige Menschen vom Tempelgottesdienst ausgeschlossen. 

 

Und nun hatten die beiden Jünger Petrus und Johannes ja miterlebt,wie Jesus dieses Denken außer Kraft gesetzt hatte,wie er ganz deutlich gemacht hatte: Es ist ganz falsch, Behinderung als Strafe für Sünde anzusehen, im Gegenteil: Gott wendet sich gerade ihnen helfend, heilend zu.Und darum ahtte er den Blindgeborenen geheilt. Und er hatte auch sonst oft das getan, was in Jesaja 35 –wir haben’s gehört – als Zeichen der Heilszeit, wenn der Messais kommen würde, genannt wurde: Er hatte die Augen der Blinden aufgetan, die Ohren von Tauben geöffnet, es war geschehen, daß Lahme herumsprangen wie ein Hirsch und die Zunge eines Stummen frohlockte.

 

In diesem Wissen: Mit Jesus hat die messianische Heilszeit begonnen,sieht Petrus nun den gelähmten Menschen an. Der erwartet ein Almosen,ein Geldstück. Vielleicht warfen die Vorbeigehenden ihm das ja wirklich hin und wieder hin, so wie zB bei uns auf der Kettwiger Straße, oder wie wir Pfarrer das bei Obdachlosen an unserer Haustür tun.

 

Almosen: Das bedeutet für uns: Etwas Geld geben. Bei Katastrophen, Unfällen, Unglücken – sofort ist immer von Entschädigung, finanzieller Hilfe die Rede.(Wie jetzt auch wieder bei den Angehörigen der Besatzung„Kursk“,des russ U-Boots.) Aber: Geld kann zwar materielle Not lindern. Man kann Menschen aber auch damit „abspeisen“ .

 

Petrus aber gibt ein wirkliches Almosen. Wir müssen dazu wissen: Unser deutsches Wort „Almosen“ kommt von dem  griech Wort  „eleemosyne“,das auch hier im griech. Urtext steht.Luther übersetzt es mit „Erbarmen“. Es bedeutet wörtlich: Ein sich Zusammenkrampfen der Eingeweide. So wie wir umgangssprachlich sagen:

Es zerreißt  mir das Herz. Oder: es krampft sich alles in mir zusammen vor Mitgefühl. Dies Wort steht übrigens auch immer da, wenn von Gottes Erbarmen die Rede ist.

 

Der Gelähmte erwartet ein Geldstück. Aber Petrus fühlt wirkliches Erbarmen. Er geht nicht vorüber, er übersieht den Menschen nicht.

 

Wie ist das bei uns? Oft denken wir: Für die und die Not sind die und die zuständig: Diakonisches Werk, Caritas, Sozialamt...Und es ist ja auch gut,wenn es gut ausgebildete Fachkräfte gibt. Und doch: Es geht darum, daß wir den Menschen in seinem Leid,seiner Trauer,seiner Behinderung ansehen.

 

Es gibt viele Menschen,die meinen, sie könnten das nicht.Ich weiß von Menschen, die sich weigerten, den sterbenden Angehörigen zu besuchen, Begründung: Sie könnten den Anblick nicht ertragen. Krankenhauspfarrer erzählen mir von zunehmender Unfähigkeit, Leid zu tragen, Trauer zu durchleiden, zu durchleben. Vielleicht ist das Folge des Menschenbildes, das uns Spaß als höchsten Lebenswert anpreist.

 

 

3

Nun geht es für uns ja nicht darum, das gesamte Elend der Welt mitzutragen, das muß Gott aushalten. Manchmal denke ich: Wir sehen und hören durch die sog. Massenmedien“ zu viel Grausamkeit,Elend,Not und Unglück. Wer zuviel davon sieht, kann schließlich apathisch werden,unfähig zum Mitleid.

 

Sondern es geht darum, daß wir uns dem Menschen,den Gott uns gerade „vor die Füße legt“,  zuwenden.

 

Petrus sagt: Sieh uns an. Der Bettler blickt auf. Noch erwartet er nur „etwas“,eine Spende. Petrus sagt: Gold und Silber habe ich nicht. Aber was ich habe – was ich von Jesus empfangen habe – das gebe ich dir: Im Namen Jesu von Nazareth,steh auf und geh umher.

 

Und Petrus sagts nicht nur, sondern tut auch etwas dazu: Er ergreift ihn bei der rechten Hand und richtet ihn auf. Seine Knöchel werden fest,seine Füße standfest, er kann das, was Jesaja 35 gesagt wird: – eer kann „herumspringen wie ein Hirsch“.

 

Und nun gehen sie miteinander in den Gd, um Gott zu loben.

 

Der Glaube an das Heil, das durch Jesus zu uns Menschen kommt, kann und soll also auch Heilung bewirken. Glaube hat auch viel mit Gesundheit zu tun. Nicht mit Gesundheit im Sinne von fitness, die armen Leute, die sich dauernd „fit“ halten wollen, wie stehen die unter Druck. Claudia Schiffer, las ich, darf auch nicht das kleinste Stückchen Schokolade essen. Sondern Glaube hat mit Gesundheit im Sinne von sich wohlfühlen,mit sich im Einklang sein,sich bejahen zu tun.

 

Der Glaube an den Heiland kann Heilung bewirken, durch Menschen mit besonderen Gaben der Heilung, wenn zugleich der Gelähmte auch gesund werden will und Christus vertraut.

 

Der Glaube an den Heiland kann Heilung bewirken,muß aber nicht. Sie wissen,daß zu unserer Familie der spastisch gelähmte Anselm gehört. Als er als 16jähriger ein halbes Jahr in USA war, haben sich christliche Heiler in einer Gemeinde an ihm versucht, vergeblich.

 

Aber Anselm würde selber sagen, daß der christliche Glaube heilende Kraft in sich enthält. Auch behindert bleibende Menschen können in diesem tiefen Sinne gesund werden, daß sie mit sich in  Einklang sind,ihr Geschick innerlich annehmen. Vor einer Woche besuchte ich die Mutter einer neuen Katechumenin. Sie ist völlig blind, aber sie meistert ihr Leben, sie leitet eine Hundeschule, sie sagte mir im Gespräch: In mancher Hinsicht seien Sehende blind, und Blinde sehend.

 

Auch in diesem äußerlichen Sinne behindert bleibende Menschen können so von der Botschaft des Evangeliums erreicht und bewegt werden, daß sie innerlich fest und standfest werden, daß sie ihre Gaben entfalten und Gott loben können.

 

Wer von uns hier vielleicht von einem Leid gelähmt ist, dem gilt der Zuspruch: Im Namen Jesu Christi, du kannst aufrecht, aufgerichtet leben, du kannst Gott vertrauen und wirst ihn loben können.

 

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Und denen von uns,die vielleicht gerade jetzt froh und stark im Glauben  sind,denen gilt der Hinweis dieser Erzählung: Geh an dem Menschen,den Gott dir vor die Füße

legt,nicht vorüber, sieh ihn an, teile ihm deinen Glauben,deine Hoffnung,deine Liebe mit.

 

Um Glauben geht es also auch in dieser Wundergeschichte, um Glauben an den Heiland Jesus, der uns dazu ermuntert und befreit, Gott zu loben – im GD und im Alltag, wenn wir sein Erbarmen erfahren. Darum: Der Friede Gottes...

 

 




Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.