Buß- und Bettag, 16.11. 2010 Rhodos

 

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„Wenn möglich, bitte wenden!“ Jeder Fahrer eines Autos mit Navi kennt das, diese Stimme aus dem Off. Man hat ein Ziel eingegeben, aber auf dem Weg dahin kann man sich verfahren. Dann sollte man tunlichst umkehren, um wieder auf den richtigen Weg zu gelangen. Wenn man das nicht tut, wenn man bockig, eigensinnig ist, wiederholt die Stimme ihre Bitte mehrmals  und wenn sie merkt,sie findet kein Gehör – tut sie noch ein übriges,sie stellt sich auf den Sturkopf ein und und sucht und findet auch für den falschen Weg noch  eine Lösung, eine Korrektur, die schliesslich zum Ziel führt.

 

All das ist christliche Busse, das griechische Wort metanoia bedeutet ja im NT wörtlich Umkehr, Umdenken, neue Einsicht, nur dass im MA und  auch bei Luther für dieses griech Wort Umkehr  – leider, möchte man sagen – das aus dem germanischen  Sühnerecht stammende Wort Buße genommen wurde – mit fatalen Folgen.

 

Bis heute nämlich hat dieses Wort einen eher düsternen freudlosen Klang: Büßergewand, Bußgeld, in Sack und Asche gehen, das sollst du mir büßen...solche Worte und Sätze assoziieren wir.

 

Und wenn wir nach dem Ursprung des Buß- und Bettages fraqen, dann wird das Ganze nicht attraktiver, eher im  Gegenteil. Die preußischen  und andere Landesfürsten der vielen deutschen Kleinstaaten haben nämlich Buß- u  Bettage eingeführt, damit tüchtig gebetet wurde – natürlich für die von Gottes Gnaden eingesetzte Obrigkeit. Noch 1871 gab es 47 verschiedene Buß- und Bettage an 24 verschiedenen Terminen in 28 dt. Ländern. Allerdings standen diese Bußtage ja in einer uralten  Tradition: Einerseits  des jüdischen großen Versöhnungstages, des jom Kippur und anderer Bußtage, von denen  zB Neh 8 berichtet oder denken wir auch an die – widerwillige - Bußpredigt des Jona; andererseits der röm Sühnetage, die in entsprechenden Notsituationen vom röm Kaiser  angeordnet  wurden.

 

Auch wenn solche politisch angeordneten Buß- u  Bettage etwas Fragwürdiges haben, ein ganz schlimmes Symptom scheint  mir zu sein, dass 1995 aus wirtschaftlichen Erwägungen der von vielen einzige noch verbliebene Buß- und Bettag abgeschafft wurde (Ausnahme,: Freistaat Sachsen!) und damit bei uns in Deutschland im  Grunde eine Jahrtausende lange Tradition beendet wurde. Es scheint mir

ein Symptom dafür zu sein, dass etwas für unser Leben Wesentliches und Heilsames aus dem Bewußtsein entschwindet: Die Besinnung, die Besinnung auf möglicherweise fehlerhaftes Verhalten, auf Irrwege, auf die Not-wendigkeit zur Umkehr, zu Neuanfängen. Mir scheint zunehmend, unsere Gesellschaft ist unfähig geworden zur Buße. Ist die Folge, dass wir Menschen unausweichlich ins Verderben rennen?  

 

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Ich möchte in dieser Andacht heute zeigen und mit Euch erleben, dass Buße im bibl Sinne etwas Heilsames, Entlastendes, Erleichterndes, Frohmachendes ist. Die Schritte auf dem Weg der Buße sind:

 

Zuerst: Die Erkenntnis  sich verrannt bzw. verfahren zu haben, auf einen Irrweg, einen Holzweg, in eine Sackgasse geraten zu sein, theologisch: Erkenntnis   und Bekenntnis   von Schuld;

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Zweitens: die Zusage der Vergebung, die Absolution   (in manchen Kirchen oft mit

Genugtuung, Wiedergutmachung, Sühne verbunden);

 

Drittens: Der Hinweis auf den  neuen besseren Weg und das Beschreiten dieses Weges, so wie es Jesus sozusagen als Programm seiner Sendung zu Beginn seiner öffentlichen

Verkündigung sagt: Tut Buße und vertraut dem Evangelium. Das ist christliche Busse: Umkehren zum Evangelium.

 

Diesen Schritten wollen wir in unserer Andacht folgen.

 

Aber zuerst bitten wir  um das Kommen Jesu, das Kommen seines Geistes

 

Herr Jesu Gnadensonne...404,1-3

 

Ps 32   717

Beichtgebet   Nr 794 – Absolution

 

Lied: Wie ein Fest nach langer Trauer...

 

II

 

1 Beispiel für   Buße:   Die Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry

dazu  Nr. 828  aufschlagen  (hier, etwas verkürzt, das Versöhnungsgebet von Coventry)

 

Wie kam es dazu? Am 14. November 1940, also vor genau 7o Jahren, hatten dt Flugzeugstaffeln die Stadt Coventry in Mittelengland mit Bomben angegriffen. 550 Menschen starben, 4000 Häuser wurden zerstört, auch die mittelalterliche Kathedrale von Coventry. In einer aus den Ruinen der Kathedrale übertragenen Radioansprache betete der damalige Propst Richard Howard: Vater, vergib ihnen...und er liess die Worte Father forgive in großen Lettern an der Wand der Sakristei der zerstörten Kirche anbringen. Sie blieb  - ähnlich wie die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin – bewusst eine Ruine.

 

1959 wurde die Bitte „Vater vergib“erweitert zum  Versöhnungsgebet, das auch wir gleich sprechen  werden. Es wird jeden Freitag 12h unter freiem Himmel im Chorraum der alten Kathedrale gebetet und darüberhinaus in vielen Gemeinden überall in der Welt zB in Gottesdiensten der Kaiser-Wilhelm Gedächtnis-Kirche Berlin oder der Frauenkirche in  Dresden – Dresden und  Coventry sind ja Partnerstädte.

 

Der Propst hatte auch 3 große mittelalterliche Nägel aus dem zertrümmerten mittelalterlichen Dachstuhl zu einem Kreuz zusammensetzen lassen, dem sog Nagelkreuz. Und es bildeten sich bis in die Gegenwart viele Glaubensgemeinschaft als sog Nagelkreuzgemeinschaft,   weltweit sind es 160, in  Dtld 52 in 36 Städten, neben Berlin und Dresden gehört seit 2007 zB auch die Kreuzeskirche in Essen dazu

In Griechenland m.W. bisher noch nicht.   

(sprechen)III

 

als 3. Punkt unserer Andacht und Besinnung zum Buß- u Bettag möchte ich eine  Frage mit Euch bedenken: Kann man Ereignisse als Rufe Gottes zur

 

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Umkehr, zur Busse deuten? Dazu ein Text, wo Jesus  wie 1 Gerichtsprophet auftritt

Lukas 13, 1 - 5

 

Da kommen also Leute zu Jesus. Sie erzählen von einem brutalen, schrecklichen

Geschehen. Eine Gruppe von Männern aus Galiläa – sie waren wohl Mitglieder der jüdischen Befreiungsfront gegen Rom – ist auf Befehl des Pontius Pilatus von römischen  Legionären gnadenlos umgebracht worden, und zwar während einer gottesdienstlichen Opferfeier, an der sie teilnahmen. Ihr Blut vermischte sich mit dem Blut der Opfertiere.

Die Leute berichten das Jesus und sind gespannt auf seine Reaktion. Wird er sich auf die Seite der Besatzungsmacht stellen und sagen: Was der Staat tut und  anordnet, muss widerspruchslos hingenommen werden. Kuscht und nehmt alles widerstandslos hin. Oder wird er Partei ergreifen für die  Widerständler, die Freiheitskämpfer und  sagen: Diese Morde  müssen blutig gerächt werden?Hass und Vergeltung?!

 

Jesus tut weder das eine noch das andere, sondern  er sagt – hart, wie ein Gerichtsprophet: Wenn ihr nicht umkehrt zu Gott, werdet ihr ebenso umkommen.

 

Und um ganz deutlich zu machen, was er meint, fügt er noch etwas hinzu, weist hin auf ein Unglück, das damals wohl alle mit Entsetzen  erfüllte: Denkt an die Menschen, die den Turm am Teich Siloah bauten. Er stürzte ein und begrub alle unter sich. Die dieses Unglück getroffen hat , die waren doch nicht schuldiger als alle anderen Einwohner

Jerusalems. Nein, wenn dieses schreckliche Unglück überhaupt einen Sinn haben soll, dann den, das es euch zur Besinnung, zur Umkehr, zur Buße ruft.

 

Frage: Wie ist das mit heutigen Unglücken, ich nenne mal den Einsturz der twin towers, oder letztes Jahr die Überschwemmung in Pakistan,die Dürre in Russland, oder auch die Nachrichten darüber, dass Europa sich zunehmend wie eine Festung verbarrikadiert, so dass Menschen an der griechisch-türkischen Grenze, in Patras, auch in Gibraltar, vergeblich die Grenzzäune und Hindernisse zu überwinden suchen...sind solche Katastrophen auch Warnungen Gottes, Rufe Gottes zur Buße, zur Umkehr?      

 

Komm in unsre stolze Welt...428   sprechen

Gebetsstille

 

VU

 

Bei dir, Jesu, will ich bleiben...406, 1+2

Segen