Gottesdienst am 21. Sonntag nach Trinitatis, 24. Oktober 2010, Rhodos

 

Lieder:

 

Mein erst Gefühl sei Preis und  Dank...451, 1 - 5

Jesu, hilf siegen, du Fürste des Lebens...373, 1+3

Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude...66, 1. 3. 5

Sprich Ja zu seinen Taten...446, 8+9

 

Psalm 91 (Nr. 736)

 

Lesung: Johannes 15, 9 - 12

 

Gebet: EG   389, 1+2/ 3-5

 

 

Predigt über Epheser  6,  10-18

 

Paulus hat das Bild eines römischen Soldaten, eines Legionärs vor Augen, wenn er schreibt:

 

Zuletzt: Seid stark in dem Herrn und in  der Macht seiner Stärke.

Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels.

Denn wir haben nicht mit Fleisch und  Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.

Deshalb ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag Widerstand leisten  

und das Feld behalten könnt.

So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit,

und an den Beinen gestiefelt, bereit, einzutreten für das Evangelium des Friedens.

Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen,

und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.

Betet allezeit mit Bitten und Flehen im  Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit  

 

 

Liebe   Gemeinde!

 

„Im Felde, da ist der Mann noch was wert,

da wird ihm das Herz noch gewogen“ -

 

so dichtet Friedrich Schiller in seinem Schauspiel „Wallensteins Lager“. Und  wenig später, in den preussischen Freiheitskriegen, Ernst Moritz Arndt:

 

Der Gott, der Eisen wachsen liess

der wollte keine Knechte,

drum gab er Säbel, Schwert und  Spiess

 

2

 

dem Mann in seine Rechte.

 

Der Mann: Der Kämpfer, waffentragend, furchtlos und  kühn. Ein völlig  überholtes Männerbild aus vergangenen Jahrhunderten?

 

Aber wie hiess es im 20. Jahrhundert, in den dreissiger Jahren? Männer sind hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder, flink wie Windhunde...“. Und in  der Gegenwart: Spiderman, Batman, Superman....:Das gleiche Mannesbild...Nur die Art der Waffen hat sich geändert. In früheren Jahrhunderten noch Kämpfe Mann gegen Mann,  seit den letzten Jahrzehnten computergesteuerte und satellitengestützte Waffensysteme. Elektronische Kriegführung, bei der man im allgemeinen keinen Gegner mehr zu Gesicht kriegt, nur noch die zerstörten Zielobjekte samt „Kollateralschäden“.

 

Der Mann: Das ist und bleibt der Kämpfer, stärker als der Gegner, ihn notfalls mit Gewalt  ausschaltend  – und das gleiche Vorbild der gnadenlosen Kämpfer- und Siegertypen  kann auch schon mal leichtgeschürzt, in weiblichem Gewand, daherkommen – Lara Kroft und  andere Ladies in Lack und Leder –: Nur dass solche Muskelfrauen dann zusätzlich noch ein gängiges weibliches Klischee bedienen müssen: Das des Weibchens, das in den noch stärkeren, eisenharten Männerarmen weich wird und dahinschmilzt.

 

Kämpfer, Eroberer, Sieger... Wird das immer so bleiben? Nur die Art der Kriegführung, der Waffenysteme ändert sich? Statt Mann gegen Mann  „Krieg der Sterne“...?

 

Unser Text sagt klipp und klar: Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen. Nicht gegen Menschen. Wir sollen nicht das Leben von Menschen  zerstören, schon garnicht durch Krieg.

 

„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein“, wie es eine ökumenische Konferenz mit Vertretern fast aller christlichen Kirchen nach dem 2. Weltkrieg klar formulierte. Inzwischen sind die kirchlichen  Stimmen, die den Krieg ächten,  viel leiser geworden: Irak, Afghanistan...Der „Terrorismus“ muss doch bekämpft werden – und das geht leider nur, wenn die Kriegswirtschaft immer neue Waffensysteme nicht nur produziert, sondern auch ausprobiert: Es schafft einigen Firmen nicht nur dicke Gewinne, sondern sichert doch  auch Arbeitsplätze, dient dem vergötterten Wirtschaftswachstum. Aber: Krieg ist gotteslästerlich, ist gegen Gottes Willen – die vergangenen waren es, und der gegenwärtige in Afghanistan auch.  

 

Wir haben nicht mit Fleisch und  Blut zu kämpfen“. Ganz ohne Gewalt, ganz ohne Soldaten und  Waffen  wird's wahrscheinlich nie gehen. Aber wenn schon Kampf und Krieg – dann soll er  möglichst so geführt werden, dass Menschenleben nicht vernichtet werden, der Kampf soll gegen die Ursachen gehen, die zu Gewalt, Aggression, Terror und Krieg führen, hier ist der Mann als Kämpfer die Frau als Kämpferin gefragt -: Im Einsatz für Gerechtigkeit im Welthandel, für Religions- und Meinungsfreiheit, Ehre und Würde der Frauen, Bildungschancen für alle, schonenden Umgang mit Lebensmitteln und Ressourcen  - ach, mehr als genug Felder und Fronten gibt’s für Kämpfe, Eroberungen und  Siege: Kämpfe mit gewaltlosen Mitteln, Kämpfe gegen Männlichkeitswahn und sexuelle Vermarktung, Habgier und Hasskampagnen, Feindbilder  und Vorurteile ...Wir haben, mit einem Wort, wie der Text formuliert, „gegen die listigen Anschläge des Teufels“

zu kämpfen.

 

3

 

Teufel! Da ist er also: Der, an den manche nicht glauben – worüber er sich besonders

freut.  

 

Schlagen wir uns nur alle Bilder von abstoßenden Gestalten mit Hörnern und  Pferdehuf und andere Bilder aus dem Kopf und einigen wir uns darauf: Doch, es gibt sie leider Gottes: Machtvolle zerstörerische Einflüsse, die bewirken, dass Gewalt und Feindschaft, Haß und Neid, Egoismus und  Unterdrückung zunehmen und sich schliesslich entladen..Sehr oft sind diese Einflüsse anfangs schwer zu erkennen, kaum zu durchschauen, sie kommen gut getarnt einher, oft sehr verführerisch...und erst später - oft erst zu spät - zeigt sich ihre betrügerische Potenz –: sie versprachen Leben und meinten Tod, verhiessen Freude und schafften unendliches Leid.

 

Und eines bewirken sie mit Vorliebe: Sie lullen ein, machen bequem und denkfaul, führen dazu, dass Menschen mit dem Strom schwimmen statt gegen ihn. Dass sie reden, wie alle andern; denken, wie alle andern; handeln wie alle anderen. Und vor allem: Sie haben etwas gegen den Glauben an Gott; ein Mensch, der es mit dem Glauben ernst meint, ist ihnen besonders verhasst; eine lebendige Gottesbeziehung suchen sie mit List und Macht  zu zerstören.  

 

Der Teufel ist nach allem, was man so hört, auch ein hervorragender Bibelkenner. Er kennt natürlich auch diesen Text. Und ich stelle mir vor, dass er sich angesichts diese Bildes von er sog. „geistlichen Waffenrüstung“ sagt: Den Helm des Heils sollen die Christen tragen? Ach, ich setze ihnen stattdessen lieber eine Schlafmütze auf, möglichst eine Nummer zu groß, so dass sie ihnen über Augen und Ohren rutscht. Blind, verblendet  sollen sie werden – damit sie nicht erkennen, wie ich mich anschleiche. Taub sollen sie sein – taub für die Mahnungen und Warnungen Gottes.

 

Oder er sagt sich: Das Schwert des Geistes sollen die Christen  führen? Nun, sie haben ja schon etwas sehr Scharfes und Spitzes: Ihre Zunge. Da träufele ich einfach ein paar Tropfen von  meinem süssen Gift drauf und schon sagen sie Worte, an denen ich meine helle Freude habe:  Worte,die Beziehungen vergiften, Misstrauen schaffen, verletzen und  kränken. Herrlich, was für verheerende Wirkungen ich mit ihrer Zunge erzielen kann!

 

Oder: Stiefel sollen sie tragen, um  standfest zu sein und aufrecht? Ich werde ihnen einreden: Macht's euch nicht so schwer. Ihr könnt es bequemer haben: Schöne weiche Filzpantoffeln, mit denen sich gut leisetreten lässt! Nur nichts Unbequemes sagen. Sondern  es möglichst allen recht machen, sich liebkind machen...

 

So etwa denkt und handelt er, der listige Schleicher. Verspricht Leben und betrügt ums Leben. Sieht anfangs attraktiv aus und lockt verführerisch – aber hat er einen – einen einzelnen Menschen  oder auch ganze Völker - erstmal im Griff, dann zeigt er seine wahre

Fratze und er zerstört und vernichtet Leben gnadenlos.  Bilder sollen wir uns von ihnen nicht machen – aber an ihren Wirkungen können wir sie erkennen – dieses höllische Heer von Einflüssen, die unser Text so beschreibt: „Die Mächtigen und Gewaltigen, Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, die bösen Geister unter dem Himmel“.  

 

Mit unsrer Macht ist gegen sie nichts getan; wir können uns  vor ihnen   nur schützen und

sie vertreiben, indem wir, wie Paulus uns rät, „stark sind in dem Herrn und in der Macht

seiner Stärke“. .

 

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Stark sein in dem Herrn“: Das heisst, in dem Wissen leben, dass sie im Prinzip schon verloren haben und  nur noch Rückzugsgefechte austragen. Der Kampf dauert noch an. Aber der Sieger steht schon fest und das ganze Neue Testament sagt uns: Wenn ihr auf der Seite Jesu steht, steht ihr auf der Seite des Siegers über Tod und Hölle. In seiner Kraft  könnt ihr euch  schützen vor ihren Angriffen und sie  aus dem  Feld schlagen.

 

Dazu, sagt der Apostel, zieht die geistliche Waffenrüstung an, die Gott für jeden und jede von euch persönlich bereitgelegt hat.- Sieben solcher geistlicher Waffen nennt Paulus – und sieben ist die Zahl der Fülle und Vollkommenheit.  Diese Waffen sind:       

 

Zum ersten: die Wahrheit. Die Wahrheit über uns Menschen, unser menschliches Wesen. Die Wahrheit über uns,wie sie sich am klarsten und tiefsten in Leiden  und Kreuzestod Jesu zeigt.

 

Da sehen wir, wer wir Menschen sind: Nicht „edel, hilfreich und  gut“, sondern schlichtweg böse von Natur: Es gibt keine Art und Weise menschlicher Bosheit – in  Gedanken, Worten und Taten, in verhüllter oder in offen brutaler Form, unter dem Deckmantel der Frömmigkeit und  Gerechtigkeit wie in unverhüllter Grausamkeit - die hier nicht zum Vorschein und  Ausbruch käme. Das ist die dunkle Seite des Kreuzes. Aber da ist ja vor allem die andere, die helle, die erlösende: Die Liebe Gottes, die das alles auf sich nimmt, erträgt, erduldet, es mit Güte beantwortet, mit Vergebung, mit Gnade und  Erbarmen. Wer dies erkennt, verliert jede Illusion über uns Menschen – aber er weiss zugleich auch das Unfassliche und Unerhörte, das Friedrich  von Bodelschwingh einmal so formulierte: Es geht kein  Mensch über Gottes Erdboden, den Gott nicht liebt.

 

Denn dies ist die zweite Waffe: Die Gerechtigkeit. Nicht unsere, sondern Gottes Gerechtigkeit: Niemanden verurteilt er mehr, sondern jedem gilt „allein aus Gnade“ sein  Freispruch in  Zeit und  Ewigkeit – weil Jesus an unserer Stelle getragen und ertragen hat,  was wir mit Recht von Gott verdient hätten.

 

Das ist – dritte Waffe – das „Evangelium des Friedens“, Gottes Freispruch, den wir aller Welt mitzuteilen haben.  

 

Auf diesem „Weg des Friedens“ brauchen wir dringend – als vierte Waffe – den  Schild des Glaubens. Denn jetzt schleicht der Verwirrer sich an und schiesst seine  Brandpfeile ab: Er  versucht uns etwa hitzköpfig werden zu lassen, so dass wir, fanatisch entflammt, nur noch die eigene Überzeugung gelten lassen.

 

Ein  weiterer Schutz ist „der Helm der Heils“, den wir tragen. Er verhindert, dass Kleinmut oder gar Resignation in unsere Köpfe eindringen. Stattdessen ist er durchlässig für die Stimme Gottes, der uns über dem Lesen und Hören des Evangeliums heilsame Gedanken und  Empfindungen mitteilt.

 

Und immer dann können wir wieder zum Angriff übergehen, mit der sechsten Waffe, dem Schwert des Geistes, dem Wort Gottes. Wir werden mit Gottes Wort nicht Menschen  

sozusagen erschlagen, also nicht rechthaberisch von unserm Glauben reden, sondern mit Hilfe des tröstenden, befreienden Wortes Gottes Aggressivität, Hass, Verzagtheit,

Mutlosigkeit in Menschen abtöten, und stattdessen guten Mut, Lebensgeister in ihnen wecken.

 

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Und schliesslich, als siebte Waffe: das Gebet. Vielleicht ehrt Gott uns durch nichts so sehr, als dass er uns auch diese Waffe gibt: Das Gebet gibt uns Geborgenheit, lässt uns den Frieden mit Gott spüren, stärkt unser Gottvertrauen, ändert unsere Einstellung zu Menschen, nimmt uns unnütze Sorgen und – o Wunder – es vermag Gottes Herz zu bewegen. Gott tut auf unser Bitten hin Dinge, die er ohne unser Bitten nicht tun  würde.

 

 

Das Leben ist ein Kampf, sagen wir mit Recht. Aber ein  Kampf nicht mehr gegen Menschen, sondern gegen Mächte.  Der wichtigste Kampfplatz ist unser eigenes Herz.

 

Darum beten wir: Herr, erwecke deine Kirche und  fange bei mir an. Lass Frieden und Gotteserkenntnis überall auf Erden wachsen und fange bei mir an. Bringe deine Liebe und Wahrheit zu allen Menschen und fange bei mir an. Amen