Frühgottesdienst am 8. Sonntag nach Trinitatis, 1. August 2004

 

Lieder:

Morgenlicht leuchtet...455

O gläubig Herz, gebenedei...318, 1-5

Du Glanz aus Gottes Herrlichkeiten...683

Stern, auf den ich schaue...407

 

Psalm   27 (Nr. 713)

 

Lesung: Jesaja 2, 1 - 5

 

 

Predigt über Epheser 5, 8 – 14

 

 

Liebe Gemeinde,

 

der für heute vorgeschlagene Predigttext ist ein Abschnitt aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in  Ephesus.

 

Stellen wir uns die Situation damals vor Augen:  Ephesus - das war eine grosse Hafenstadt am Ostrand von Kleinasien, der heutigen Türkei. Eine der Metropolen des Römischen  Reichs. Vor der Stadt ein  grosser Tempelbezirk. Im Mittelpunkt das riesige Standbild der Göttin Artemis oder Diana, der Göttin der Jagd. Über den ganzen  Tempelbezirk verstreut Stände, an denen Händler ihre Waren anpriesen. Und es gab die sog. Tempelprostitution.

 

Paulus war auf seiner zweiten Missionsreise in Ephesus gewesen, eine kleine Gemeinde von Christen  war gewachsen, man kam zusammen vielleicht im  Hause eines der wohlhabenderen Gemeindeglieder, man las aus den Heiligen  Schriften Israels vor, sang, betete, feierte das Herrenmahl und  bei solchen Zusammenkünften wurde dann auch der Brief des Apostels vorgelesen, den er aus Korinth an die Gemeinde geschrieben hatte – der ganze Brief, so dass man die einzelnen Sätze in ihrem Gesamtzusammenhang hören und  verstehen konnte.

 

Wir hören als Predigttext immer nur Ausschnitte, einzelne Abschnitte, heute einen Abschnitt aus dem Schlussteil des Briefs. Aus dem, was Paulus im Hauptteil, den jetzigen Kapiteln 1 – 4 seines Briefs über Christus und die Kirche gesagt hat, zieht er im  5. Kapitel die Konsequenzen fürs Leben im Alltag. Wir hören aus Kapitel 5 die Verse 8 – 14:

 

Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts;

die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist,

und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf.

Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich.

Das alles aber wird offenbar, wenn’s vom Licht aufgedeckt wird;

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Denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heisst es: Wach auf, der du schläfst, und  steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

 

Liebe Gemeinde!

 

Aufstehen! Es ist doch  längst Tag! Jetzt aber raus! So oder ähnlich – hoffentlich nicht zu unsanft – wecken Eltern jetzt während der Ferienzeit ihre Kinder. Die reiben sich verschlafen die Augen und sehen: Es ist tatsächlich längst Tag, die Sonne steht schon hoch, es ist nicht mehr Zeit zum Schlafen, sondern Zeit,  etwas Schönes zu tun!

 

„Wach auf, der du schläfst!“ So beginnnt dieses Taufliedchen, das Paulus hier zitiert. Wach auf, du Langschläfer! Es ist längst Tag über der Erde geworden. Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, ist erschienen und leuchtet allen.

 

So beschreibt das ganze Neue Testament unsere Lebenssituation, seit Jesus gekommen ist.

 

Bevor er lebte, war Finsternis über der Erde und  Dunkel bedeckte die Völker – jetzt aber liegt die Erde im  aufgehenden Sonnenlicht. Jetzt ist es Zeit, aufzustehen und aufgeweckt zu leben. Finsterlinge soll es nicht mehr geben. Kein Verhalten  mehr, das das Licht zu scheuen hat.

 

Wach auf, die Sonne scheint!  Das muss uns gesagt werden!

 

Denn wir Menschen meinen eher: Unser Leben ist „eines langen Tages Reise in die Nacht“, um es mit dem Titel eines Schauspiels von T.S. Eliot zu sagen. Das Leben – eines langen Tages Reise in die Nacht. Wir meinen, es wird immer dunkler  und die Zukunft liegt in Finsternis...

 

Aber: Wer für die Zukunft  nur schwarz sieht, der macht bald selbst einen düsteren Eindruck. Darum ist es so notwendig, dass wir uns dem Licht öffnen, das aufgegangen ist – so dass dann auch wir Wärme und Helligkeit ausstrahlen.

 

Um es mit einem Bild zu sagen: Es ist mit uns Menschen wie mit einem Haus, das in  strahlendem Sonnenlicht liegt. Man kann die Fenster durch Rolläden verschlossen halten, dann ist im Inneren alles dunkel. Sobald wir aber die Rolläden aufziehen, strömt das Licht, das längst da war, hinein und  erhellt und wärmt alles im  Inneren.

 

Ihr wart früher Finsternis, schreibt der Apostel, nun  aber seid ihr Licht in dem Herrn!

 

Also: Rolläden hoch! Laß das Licht mit Namen Jesus in dein Leben herein – dann strahlst su auch etwas davon in deinem Lebensalltag aus!

 

Drei konkrete Dinge nennt Paulus:

 

1.      Die Frucht des Lichts ist lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“. Das sind lauter Beziehungsbegriffe. Im Umgang mit anderen Menschen können wir das

 

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nun: Gütig sein, ihnen gerecht werden, wahrhaftig sein ihnen gegenüber. Wie schön ist solch ein Verhalten für uns und andere!

 

Soziologen sagen dagegen: Am treffendsten bezeichnet man unsere heutige Gesellschaft mit dem Schlagwort  „egoistische Gesellschaft“. Das also sollen wir vor allem sein – und das bei Menschen, die sich zu 90 Prozent als Christen  bezeichnen!  -: egoistisch!

 

Aber Paulus sagt: Ihr hier könnt in  der kommenden Woche wenigstens einigermassen Menschen sein, die Güte ausstrahlen, die beharrlich darnach  streben, anderen Menschen gerecht zu werden, und die wahrhaftig sind, also wahrheitsliebend. Wobei dies schöne Wort „wahrheitsliebend“ uns sagt, daß Wahrheit immer mit Liebe gepaart ist. Einem Menschen die Wahrheit sagen,

das geht nur: liebevoll.

 

2. sagt Paulus: „Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist“. Martin Niemöller hat als über 90jähriger in einem Interview gesagt: „Eine Frage hat mein Leben bestimmt, eine Leitfrage war mir immer am wichtigsten, die Frage: Was würde Jesus dazu sagen?“ Darum geht’s. „Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist“. Prüft, was Jesus in dieser Situation tun, im  Umgang mit diesem Menschen sagen würde. Prüft, was ihm im Blick auf den Umgang mit mir selbst, mit meinen Gedanken im Blick auf die Zukunft gefallen würde...Lebt nicht nach dem Motto: Was gut für mich ist, weiss ich selbst am besten, sondern nach dem Leitsatz: Was gut für mich und andere ist, weiss Jesus am besten. Dazu ist das Gebet not-wendig. Im Gebet nach dem Willen Jesu fragen.

 

Und 3.: „Habt keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, deckt sie vielmehr auf“.

 

Als solche finsteren Machenschaften nennt Paulus unmittelbar vor unserem Predigttext dreierlei: Unzucht – Habsucht – Klatschsucht.

 

Unzucht. Pornographie. Kindesmißbrauch. Prostitution. Sog. Frauenhandel. Christen sollen nicht nur nichts damit zu tun haben, auch nicht als Voyeure etwa im Internet, sondern sollen solche Widerwärtigkeiten aufdecken und  bekämpfen.

 

Habsucht: Die Sucht, möglicht viel haben und  konsumieren zu wollen. Zum  christlichen Glauben dagegen gehört ganz wesentlich,  großzügig und freigebig zu sein und Habgier bei anderen zu überwinden – und das geht nur, indem man

liebevoll,  großzügig, freigebig ihnen gegenüber ist.

 

Und 3: Klatschsucht: Häßliches Gerede über andere. Christen machen da nicht mit und sollten böses Gerede bei anderen möglichst im Keim ersticken.

 

Wer stattdessen gütig ist, Gerechtigkeit fördert, Wahrheit liebt, der lebt aufgeweckt, dem Tageslicht entsprechend, er ist nicht mehr „tot in seinen Sünden“, sondern erfüllt und  geprägt vom Auferstehungsleben. Amen.