(Pfarrer
Martin Quaas)
Lieder:
Nun laßt uns gehen und treten...58
Der du die Zeit in Händen hast...64
Ist Gott für mich, so trete...351
Psalm 90 (Nr. 738)
Lesung: Lukas 12, 35-40
Predigt über Hebräer 13 Vers 8:
Jesus
Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Liebe Gemeinde!
„Ein
Mann, der Herrn Keuner lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten:
Sie haben sich garnicht verändert! Oh, sagte Herr Keuner und erbleichte“.
So lautet eine
der „Kalendergeschichten“ von Bertold Brecht . Man versteht, was er mit ihr
sagen will: Wir Menschen sollen uns schon verändern, Leben ist
Veränderung, Stillstand bedeutet Tod.
Auch wir haben uns im vergangenen Jahr verändert, nicht nur älter sind wir geworden,
sondern - vielleicht, hoffentlich - auch reifer, mit neuen Lebenserfahrungen,
neuen Glaubenserfahrungen...
Von Jesus
Christus aber heißt es hier: Er ändert sich nicht, er bleibt derselbe –
gestern, heute und in Ewigkeit.
Er bleibt. Er
bleibt sich gleich. Worin? Dazu eine Geschichte aus dem
Mittelalter, die Legende von
Christophorus.
Christophorus war von gewaltiger Größe: zwölf Ellen hoch. Er
wollte nur dem Stärksten dienen. Also kam er zu einem großen König. Von dem
hieß es, daß es keinen größeren Fürsten
als ihn gäbe. Aber Christophorus merkt, daß der König erschrocken mit der Hand
an den Mund fährt und sich bekreuzigt, als einmal der Name des Teufels genannt
wird. Fürchtest du den Teufel, sagt er zu ihm,
dann bin ich in meiner Hoffnung betrogen, als ich meinte, ich hätte den
mächtigsten Herrn der Welt gefunden. Also geht er weg von dem König, macht sich
auf, den Teufel zu suchen, und verdingt sich bei ihm. Als sie miteinander
unterwegs sind, kommen sie an ein Kreuz am Wege. Kaum sieht der Teufel das
Kreuz, flieht er voller Furcht und führt Christophorus seitwärts einen rauhen
und wüsten Weg und danach wieder zu der
Straße zurück.
Christophorus wundert sich darüber und fragt, warum er den
geraden Weg gelassen und auf solchen Umwegen durch wüstes Gebiet gezogen sei.
Der Teufel will ihm nicht antworten,
aber Christophorus sagt: Wenn du nicht antwortest, gehe ich weg von dir.
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Da antwortet ihm der Teufel: Es war ein Mensch, Jesus Christus mit Namen, den hat man ans Kreuz geschlagen und immer wenn ich dieses Kreuzeszeichen sehe, fürchte ich mich sehr und muß fliehen. Darauf Christophorus: So ist also jener Jesus Christus mächtiger als du, wenn du sein Zeichen so sehr fürchtest?! Dann war also meine Mühe umsonst und ich habe den Stärksten noch nicht gefunden. Er verläßt den Teufel und sucht lange Zeit. Schließlich kommt er zu einem Einsiedler. Der will ihn lehren, wie man betet und fastet. Aber Christophorus liebt das Fasten nicht. Schließlich sagt ihm der Einsiedler: Kennst du den Fluß, in dem so viele Menschen umkommen, die hinüberwollen? Sicher, sagt Christophorus, ich kenne ihn. Und der Einsiedler daraufhin: Du bist sehr groß und sehr stark, setze dich an den Fluß und
trage die Menschen dort hinüber, so wirst du Christus den
König erfreuen, dem du dienen willst.
So geschieht es, er trägt viele Menschen über den Fluß. Und einmal dann, als er in seiner Hütte am Fluß ruht, hört er, wie ein Kind ruft: Christophorus, komm heraus und setze mich über. Er geht und sieht das Kind am Ufer, das ihn bittet, hinübergetragen zu werden. Er nimmt‘s auf seine Schulter, ergreift seine Stange und geht ins Wasser.
Aber die Wasser werden höher und höher und das Kind wird
schwer wie Blei. Je weiter er geht, desto höher steigt das Wasssr, und desto
schwerer wird das Kind auf seinen Schultern. Er gerät in Angst und fürchtet zu
ertrinken. Und als er mit größter Mühe schließlich den Fluß durchschritten hat,
setzt er das Kind nieder und sagt: In was für eine Gefahr hast du mich
gebracht, Kind, du warst auf meinen Schultern über die Maßen schwer! Hätte ich
die ganze Welt auf meinen Schultern
getragen, es wäre nicht schwerer gewesen!
Das Kind antwortet ihm: Wundere dich nicht, Christophorus,
du hast nicht nur die Welt auf den Schultern getragen, sondern auch den, der die
Welt geschaffen hat. Du hast nicht nur den Schöpfer der Welt auf deinen
Schultern getragen, sondern aucn den, der die Sünden der Welt getragen hat und
trägt. Denn wisse, ich bin Christus, dein König, dem du mit deiner Arbeit
dienst.
Jesus
Christus gestern und heute und derselbe
auch in Ewigkeit.
Worin bleibt
er derselbe, durch die Zeiten hindurch? Drei Dinge sagt uns diese Legende, drei
Dinge, die wir beherzigen und mit ins neue Jahr nehmen wollen.
Zuerst sagt
die Christophorunsgeschichte uns: In Christus finden wir Gott den Schöpfer. In
ihm finden wir den, der unser Leben geschaffen hat und erhält. Er der Schöpfer,
wir die Geschöpfe. Wir sind also nicht eigene Herren unseres Lebens, wir
gehören nicht uns selbst, wir sind
Geschöpfe.
Im vergangenen
Jahr hat etwas überaus Verhängnisvolles
begonnen: Schritte auf das „Klonen“ (was für ein scheußlicher Ausdruck
allein schon!) von Menschen hin. Präses
Kock hat das Schreckliche daran auf sarkastische Weise kürzlich so formuliert:
„Obwohl ich mich mag: Das fände ich schrecklich, wenn es mich nochmal gäbe“.
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Der Kommerz,
die Gier nach Profit, scheint nirgendwo mehr Halt zu machen. Für Christen, die
von der Einmaligkeit und Unersetzlichkeit menschlichen Lebens wissen, ist
dieser Versuch, Menschen zu vervielfältigen, ein scheußlicher Irrweg, ein Abweg, der uns von Christus wegführt, ab in
die Wüstenei. Und auch, daß wir manche Tiere behandeln, als seien sie
Industrieprodukte, ist ebenfalls nicht mit dem christlichen
Schöpferglauben
zu vereinbaren.
Als Zweites
sagt uns die Legende: Christus bleibt derselbe darin, daß er die Sünden der
Welt trägt. Wir können sie bei ihm abladen.Wir brauchen Schuld nicht mit uns
herumzuschleppen, wir können sie abladen, wir dürfen aufatmen, dürfen zu ihm
beten: „Herr, nimm auch dieses Jahres Last und wandle sie in Segen“. Welch eine
Wohltat!
Und drittens
sagt die Christophoruslegende uns: Er bleibt derselbe darin, daß er der König
aller Könige und Herr aller Herren ist, der Stärkste von allen, der, dem Gott
alle Macht gegeben hat im Himmel und
auf Erden. Ihm zu dienen – Besseres gibt es
nicht für uns.
Nicht dem Verführer sollen wir auf den Leim gehen, sondern ihm, Jesus, dienen.
Und wie dienen wir ihm? Indem wir Menschen dienen, Menschen tragen, Menschen
zur Hilfe werden.
Drei Dinge
nehmen wir mit ins neue Jahr:
Er ist der Schöpfer. Darum leben wir in Ehrfurcht vor dem Leben - unserem Leben und dem unserer Mitgeschöpfe.
Er trägt die Sünde der Welt – darum dürfen wir alles bei ihm abladen, was uns an Schuld
und Sorgen zu schaffen macht.
Er ist der Stärkste. Darum dienen wir ihm. Wir dienen ihm, indem wir dem Leben
dienen, indem wir an der Ausbreitung des Reiches Christi mitarbeiten, in dem
Gerechtigkeit und Friede regieren.
Darum: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in ihm, in Jesus Christus. Amen.