Konfirmationspredigt am 28. April  2002

 

 

Um klare Orientierung geht’s in dem Bibelwort, das ich Euch für heute ausgesucht habe. Gott sagt durch den Propheten Jeremia (Kap. 8 Vers 7):

 

Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit, Turteltaube, Kranich und Schwalbe halten die Zeit ein, in der sie wiederkommen sollen; aber mein Volk will das Recht des Herrn nicht wissen.

 

Liebe Mädchen und Jungen!

 

Wo findet ihr Orientierung für Euer Leben? Vorbilder, die nicht enttäuschen? Klare Maßstäbe für ein sinnvolles Leben, einleuchtende Hinweise für einen Lebensweg, der nicht in Sackgassen endet, sondern an ein gutes Ziel führt? Sind Boris Becker oder die No angels Vorbilder? Haltet ihr kosmetische Operationen für nötig, um euer Image aufzubessern? Geben euch Serien wie „Marienhof“ und „Gute Zeiten -schlechte Zeiten“ Orientierung? Ihr wißt, ich habe nie ein Hehl aus meiner Überzeugung gemacht, daß ich unsere Gesellschaft auf einem zutiefst unheilvollen Weg sehe mit der Überbetonung von Sex und Gewalt, Spaß als oberstem Lebenswert und einem Menschenbild, das uns ausschließlich als Verbraucher sieht. Wer sich mit dem Zeug anfüllen läßt, wird innerlich leer und fängt an, sich und andere zu zerstören – wofür das entsetzliche Geschehen in Erfurt ein Beweis ist.  Wo findet Ihr klare Orientierung, Hinweise für lohnendes Leben, Maßstäbe, um zu erkennen, welches der richtige Weg ist? Denn die brauchen wir Menschen, sonst laufen wir in die Irre und enden in Selbstzerstörung und Ausweglosigkeit.

 

Anscheinend tun sich unsere Mitgeschöpfe, die Tiere, leichter mit der Orientierung.

 

Der Prophet Jeremia nennt Beispiele: Turteltauben oder Schwalben, sagt er, Störche oder Kraniche  halten genau die Zeit ein, zu der sie wiederkommen. Ich denke zum Beispiel an die Störche, die alljährlich zu dem Nest in unserer Partnergemeinde Heinersdorf in Brandenburg zurückkommen: Jedes Jahr genau zum 1. April!  Sie haben klare Orientierung, über lange Zeiten und  weite Räume hinweg.

 

Oder ich las gerade Erstaunliches vom Goldregenpfeifer! Der fliegt jeden Herbst aus dem nördlichen Alaska auf die Insel Hawaii im Pazifik. Ohne Pause. Das sind gut 4.5oo km Luftlinie. Schwimmen kann er nicht, also darf er sich unterwegs auch nirgendwo ausruhen. 88 Stunden dauert seine Reise. Etwa zweihundertfünfzigtausendmal bewegt er dabei seine Flügel auf und ab. Seine Treibstoffmenge sozusagen besteht aus genau 7o g Fett, die er sich vorher anfrißt. Nicht mehr und nicht weniger. Denn das ist genau die Energiemenge, die er für diese Strecke braucht. Nur ein Grad Kursabweichung wäre tödlich. Aber das passiert nicht. Der Goldregenpfeifer findet sein Ziel. Er hat klare Orientierung.

 

 Und wir Menschen? Jeremia gibt Gottes Klage wieder: Mein  Volk will mein Recht nicht wissen! 

 

Jede Orientierung geht verloren, wenn  wir Menschen Gottes Recht vergessen.

 

 

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Was ist Gottes Recht?  Das Recht, das das Leben schützt und die Würde jedes Menschen hochachtet. Das Recht, das den Fremden Wohnung gibt.Das Recht, das Menschen  davor bewahrt, zur Ware zu werden oder zum bloßen  Konsumenten. Wir

sind ja unendlich viel mehr: Wir sind Töchter und Söhne Gottes, von Gott  bedingungslos geliebt, ihm heilig.

 

Wo findet Ihr Orientierung für Euer Leben? Was ist Euch wichtig? Anpassung, nicht auffallen? Immer mehr Tempo? Unbegrenztes Wissen aus dem Internet? Ist der Leitsatz Eures Lebens: Ich mache, was ich will? Von Graham Greene stammt der Satz: Wer den Menschen die Hölle auf Erden bereiten will, braucht ihnen nur alles zu erlauben. 

 

Ich möchte Euch meine Überzeugung ins Herz einprägen: Orientiert Euch an Gottes Recht, an Gottes Geboten, an den Worten Jesu - dann gehen Eure Füße auf den Wegen des Lebens. Wenn nicht, verfallt ihr allzuleicht Einflüssen, die Euch Leben versprechen, aber in Wirklichkeit ums Leben betrügen.

 

Gott will, daß Ihr glücklich lebt, Gott hat uns vor allem zur Freude geschaffen. Und die tiefste Freude finden wir in einem Leben, das dem Leben anderer Menschen, dem Leben unserer Mitgeschöpfe dient. Ich behaupte voller Überzeugung und auch voller Stolz:  Nirgendwo findet Ihr so klare und gute Orientierung wie in der christlichen Gemeinde.  Konkret kann  Euch auch Euer Konfirmationsspruch Orientierung geben. In ihm findet Ihr Beides:  Wegweisung  für Euer Leben, und Kraft, entsprechend zu handeln.  Ich könnte auch sagen: In ihm, wie in allen Worten der Bibel,  findet ihr Freiheit. Denn darum – nur darum geht es im christlichen Glauben: Um ein Leben in Freiheit. Die höchste Freiheit aber finden wir, wenn wir unser Leben an den Gott der Liebe binden. Diesen Gott laßt uns nun loben.

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Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.