Gottesdienst am 8. Sonntag nach Trinitatis, 17. Juli 2005

 

Psalm: Philipper 2, 5-11 (Nr. 773)

Lesung: Matthäus 5, 13 - 16

 

Lieder:

Morgenlicht leuchtet...455

Ist Gott für mich, so trete...351, 1-5. 12 und 13 

Es wird sein in den letzten Tagen...426

Du hast vereint in allen Zonen..609, 2+3

 

 

Predigt über Jesaja 2, 1 – 5:

 

Dies ist’s, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem :

Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen,

und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem.

Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.

Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, laßt uns wandeln im Lichte des Herrn!

 

 

 

 

Liebe Gemeinde!

 

„Ich habe einen Traum, daß eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne früherer Sklaven und die Söhne früherer Sklavenhalter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen werden...Ich habe einen Traum, daß eines Tages jedes Tal erhöht und jeder Hügel und Berg erniedrigt wird... So Martin Luther King in einer Rede am 23. August 1963. Kurze Zeit später wurde er erschossen.

 

Alle Täler sollen erhöht,alle Berge erniedrigt werden“ – so kündigte Johannes der Täufer ja das Kommen Jesu Christi an. Zu Jesu Verkündigung gehören Sätze wie: „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch  verfolgen...“(Mt. 5, 44). Jesus lebte seinen Worten entsprechend, aber seine Feinde nicht. Sie ließen ihn hinrichten.

 

„Kein Volk wird mehr gegen das andere das Schwert erheben, und  sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen...“. Das kündigt Jesaja um 750 vor Christus an.

 

Alle drei Zitate: Sind das nur schöne Sätze, zu schön, um wahr zu sein? Daß Gerechtigkeit blüht, daß die Völker einmal verlernen werden, Krieg zu führen, sind

 

2

 

das Illusionen? Träume, die in der Realität wie Schäume zerfließen, wie Seifenblasen zerplatzen?

 

                                                                       I

 

Stellen wir uns, was Jesaja, der Sohn des Amoz, schaut, vor Augen: Er sieht einen Soldaten an einem  Amboß stehen. Der schmiedet sein Schwert zu einer Pflugschar um. Er sieht einen anderen, der hat seinen Spieß genommen und schmiedet ihn um zu einem Winzermesser.

 

Auf heute übertragen, könnten wir sagen: Riesige Verschrottungsanlagen schlucken Panzer und  Kanonen, Maschinengewehre und entschärfte Bomben. In Hüttenwerken verflüssigt, wird aus dem Schrott Stahl für landwirtschaftliche Geräte, für Bagger, für Wasserleitungsrohre, durch die Wasser zur Bewässerung von Wüsten fließt... Es gibt keine Kasernenhöfe und Manöverplätze mehr, keine Militärbasen und 

Flugzeugträger, von denen todbringende Flugzeuge aufsteigen. Keine elektronisch gesteuerten Raketen mehr, die trotz behaupteter Punktgenauigkeit sog. Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung anrichten. Das alles gibt es nicht  mehr, denn die Völker müssen sich nicht mehr voreinander fürchten. Sie müssen Recht und Gerechtigkeit nicht mehr  mit Gewalt einfordern. Kinder müssen nicht mehr verhungern. Weltweit anerkannte Gerichtshöfe schlichten Konflikte, Ordnungen sind anerkannt, aufgrund deren einzelne Menschen und die gesamte Völkerfamilie gesichert und in Frieden miteinander leben. Grundlage dieser Rechtsordnungen sind die biblischen Weisungen Gottes. Sie sind die allgemein  anerkannte Quelle des Lebens und Miteinanderlebens...

 

Und dieses Letzte ist das Entscheidende, Jesaja legt in seinem Prophetenwort allen Nachdruck auf Gottes Tun. Gott gibt Weisung. Er lehrt die Völker seine Ordnungen. Gott selbst sichert die Erfüllung seiner Verheißungen zu.

 

Das betont Jesaja, indem er in seiner Vision unseren Blick auf den Zionsberg richtet. Er, der Berg Zion mit dem Tempel darauf – er überragt alle anderen Berge. Er ist von allen Völkern zu schauen. Wie in einer grandiosen Wallfahrt wandern die Völker alle auf diesen Berg zu.

 

Und Jesaja schließt mit der ermunternden Einladung an die Angehörigen seines Volkes, des Gottesvolkes: Kommt, laßt uns wandeln im Licht des Herrn. Wir, die wir Gottes Weisungen schon kennen, wir wollen Vorbilder sein, Wegbereiter des Friedens Gottes! Laßt uns leben im Licht Gottes! In unserem Leben soll es nichts mehr geben, was das Licht zu scheuen  hätte!

 

II

 

Was für Jesaja der Tempelberg Zion in Jerusalem war, das ist für uns Christen ein  Berg unmittelbar in seiner Nähe: Der Berg Golgatha draußen vor der Stadtmauer Jerusalems. Da sehen wir den, von dem ein Zeitgenosse des Jesaja, nämlich der Prophet Micha geweissagt hat: “Er aber wird auftreten und die Völker weiden in der Kraft des Herrn...Und sie werden in Sicherheit wohnen. Und er wird herrlich werden., soweit die Welt ist. Und er wird der Friede sein“. An seinem Kreuz kommt Gottes

3

 

Friedensbewegung zur Ihrem Ziel, so daß Paulus von ihm sagen kann: Nachdem wir nun im Glauben an Jesus gerecht vor Gott geworden sind, haben wir Frieden mit Gott (Römer 5,1). Aus seinem Tod am Kreuz entspringt sozusagen eine unerschöpfliche Quelle des Friedens, die zu den Menschen aller Völker hinströmt und Frieden bewirkt: Frieden mit Gott, mit mir selbst, Frieden mit anderen Menschen und Mitgeschöpfen. Denn, wie wir mit Paul Gerhardt gesungen haben: „Hab ich das Haupt zum Freunde und bin geliebt bei Gott, was kann mir tun  der Feinde und  Widersacher Rott?“

 

 Nach dem Willen Gottes, ist Christus, er allein, die Quelle alles Friedens Und  darum muß die Verkündigung von ihm alle Völker erreichen, alle Religionen  der Welt müssen gleichsam durchsäuert und geprägt werden  von der Friedensbotschaft des Gekreuzigten. Vor ihm werden sich alle Knie beugen müssen, und alle Zungen  werden einmal bekennen, daß Jesus Christus allein  Herr ist (Phil.2).

 

Klar ist: Das ist ein langer Weg.  2000 Jahre sind erst eine ganz kurze Strecke auf diesem  Weg...

 

Es ist ein Weg, auf dem die neue Wirklichkeit, die Wirklichkeit des Friedens Gottes, hineinströmt in die alte Realität  und sie gleichsam durchsäuert wie Sauerteig den Brotteig...

 

III

 

Und wir, die Kirche, die Gemeinden: Wir sind die, die jetzt schon in diesem Frieden leben, im Licht der Weisungen Gottes und unter der Sonne seiner Gnade. Klar ist: Von uns aus sind wir schlechte Friedensboten, immer wieder aggressiv, kleingläubig, engstirnig, der alten Realität verfallen. Wir sind täglich auf Gottes Vergebung und Geduld angewiesen. Darum ist es so wichtig, daß wir täglich mit Schuldbekenntnis, Bitte und Dank vor Gott treten. Darum ist es so notwendig, daß wir uns dem Licht der Weisungen Gottes immer aufs neue zuwenden, in den Gottesdiensten , und in den täglichen häuslichen  Andachten. Denn, davon  bin ich überzeugt, tägliche Bibellese ist für einen  Christen, der wirklich Christ sein will, unabdingbar.

 

Und der Förderung des Reiches Gottes, des Reiches, in  dem Gerechtigkeit und Frieden regieren, haben alle unsere Gemeindeveranstaltungen zu dienen, darum ist zum Beispiel unser Einkauf im Dritte Welt Laden so wichtig  - gerade sind übrigens neue schöne Textilien aus Guatemala dort zu bewundern - , aber auch die Erziehung zum Frieden im  Kindergarten, im Jugendhaus...

 

Es hilft ja nichts, auf die ach so schreckliche Welt mit ihrem Terrorismus und  ihrer militaristischen Politik zu starren. Es hilft nur, den Blick auf den Gekreuzigten zu richten, den Gott zum Herrn über alle, zum Richter über alle Machthaber und zum Sieger über alle unsichtbaren Mächte eingesetzt hat. Uns täglich von Ihm beeinflussen lassen, mehr können wir nicht, mehr brauchen  wir nicht, um als Gottes Friedensboten seinem vollkommenen Frieden, der uns erst im Himmel erwartet, entgegenzuleben:   Dann  tragen wir täglich zu dem unvollkommenen Frieden bei, den Jörg Zink einmal so beschrieben hat (In: Wie wir beten können, Kreuz-Verlag):  

 

4

 

Essen können statt zu hungern, ist Frieden,

trinken können, statt zu dürsten, ist Frieden,

es warm haben, statt zu frieren, ist Frieden.

Schutz finden in einem Haus,

arbeiten können und seine Kraft einsetzen dürfen,

das alles ist Friede, ist tägliches Brot.

Einen Menschen  haben, mit dem man vertraut ist,

sich nicht ängsten müssen vor Einsamkeit,

vor Streit und Haß und vor der Hölle des Krieges.

Sich nicht ängsten müssen um Kinder, Eltern oder Freunde,

das alles ist das Brot des Friedens, das wir täglich brauchen

und für das wir täglich danken sollen.

Unser täglich Brot, von dem wir leben,

ist auch das Wort eines Menschen.

Wir können nicht leben,

wenn nicht das Wort zu uns kommt,

das ein anderer Mensch zu uns spricht.

Vertrauen muß darin liegen,

Wegweisung muß es geben, Klarheit und  Freundlichkeit.

Es ist kein Friede, wo Menschen  nicht miteinander sprechen.

 

Laßt uns von diesem Frieden täglich etwas empfangen und mitteilen.

Denn Friede fängt bei uns selbst an.

 

Dazu bewahre der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, unsere Herzen und  Sinne in Christus Jesus unserm Herrn. Amen.