Abendmahlsgottesdienst in Burgaltendorf, Sonntag Jubilate,

3. Mai 2009


Lieder:


Wie groß ist des Allmächt'gen Güte...662, 1 -3

Bei dir, Jesu, will ich bleiben...406

Unser Herr sagt uns in seinem Wort...(Von Jesus singen... II,126)

Stern, auf den ich schaue...407


Psalm 92


Lesung: Kolosser 3, 12 - 17


Predigt zu Johannes 15, 1-8:


Christus spricht:


Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der Weingärtner.

Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe.

Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.

Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.

Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.

Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.


Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ sagt Jesus. Ohne ihn – nichts? Doch, natürlich können wir ohne ihn alles mögliche tun: Können Urlaub auf den Maleviden machen und in Fitnessstudios gehen, können Austern schlürfen und im Internet surfen... Alles mögliche können wir, nur eins geht nicht ohne ihn : Dass unser Leben Frucht bringt. Und zwar keine schnell verderbliche Frucht, sondern Frucht ohne Verfallsdatum. Frucht, die, bleibt. Die auch dann noch ansehnlich bleibt, wenn wir mit dem Ertrag unseres Lebens vor dem Richterstuhl Christi stehen. Dann wird sich bei jedem von uns sonnenklar bestätigen, was Jesus uns hier rechtzeitig sagt: Das, was unser Leben reich und schön für uns selbst und für andere Menschen gemacht hat - das kam aus der Verbundenheit mit Jesus, dem Weinstock.


Denn so ist das ja bei den Weintrauben – diesen schönen saftigen Früchten. Sie wachsen an den Rebzweigen. Und die ihrerseits empfangen all ihre Kraft, all

ihren Saft vom Weinstock – und der wiederum vom Licht der Sonne, von den

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Nährstoffen der Erde, und von dem Wasser, das er sowohl vom Himmel wie von der Erde her empfängt. Ich bin der Weinstock, sagt Jesus – ihr seid die Reben.


Welch ein schönes, einprägsames Bild. Und es fügt sich schon wieder so, wie schon bei meiner vorletzten Predigt hier über die Verklärung Jesu, dass ich auf das herrliche Kirchenfenster hinweisen muss, und wer will, kann sich herumdrehen: Da sind sie zu sehen - die Früchte des Weinstocks, die Trauben.


I


Der Weinstock und seine Reben: Das ist ein Bildwort zunächst für das ganze weitverzweigte Volk Gottes aus Juden und Christen. „Ich hatte dich gepflanzt als einen edlen Weinstock...Ach, wie bist du mir denn geword en zu einem schlechten wilden Weinstock“, klagt Gott durch den Propheten Jeremia (2, 21f.). Und – lest es mal nach - fast der gesamte 80. Psalm ist ein Klagelied Gottes, des verschmähten Weingärtners über sein Volk, diesen wüsten verwilderten Weinstock.


Und zugleich ist das Bild vom Weinstock ja ein Bild für die weitverzweigte Chrstenheit. Was gibt es nicht alles für Kirchen - allein wenn man mal die Grabeskirche in Jerusalem besucht und die vielfältigen Gewänder der Priester sieht, kann man ein Bild davon bekommen. Es gibt die koptische Kirche und die Baptisten mit über 30 Millionen Mitgliedern etwa in den USA – es gibt die Pfingstkirchen, die am schnellsten wachsenden Kirchen der Welt, es gibt all die verschiedenen griechisch- und russisch-orthodoxen Kirchen, die anglikanische Kirche, die Methodisten, die römisch-katholische Kirche, es gibt Kirchen in Patagonien und auf den Orkney-Inseln, bei den Hottentotten und im Kivu: Lauter Rebzweige am Weinstock Christus. Alle empfangen ihre Lebenskraft von ihm, alle sind ganz und gar darauf angewiesen, dass seine Kraft sie durchströmt. Und nur, wenn sie in lebendiger Verbundenheit mit ihrem Herrn leben, bringen sie Frucht. Sonst verdorren sie.


Ich bin der Weinstock – ihr seid die Reben“: Das gilt nicht nur für jede Kirche, sondern auch für jede Gemeinde, zum Beispiel die Gemeinde Burgaltendorf: So viele verschiedene Gemeindeglieder: Alt und jung, alleinerziehend oder in großer Familie, von Hartz IV lebend oder von üppigen Aktienerträgen, mehr in der Öffentlichkeit stehende wie Pastoren und ihre Familien und ganz im Verborgenen Blühende und Frucht Bringende: Alle, alle empfangen ihre Kraft zum Guten von Christus. Und einmal wird das Staunen losgehen darüber, wie die unscheinbarsten Menschen die herrlichsten Früchte gebracht haben.


Und damit sind wir bei jedem von uns persönlich: Jeder, jede von uns hier: Eine Rebe am Weinstock Christus!


II


Dreierlei prägt Jesus uns in seinem Bildwort vom Weinstock und den Reben

ein:

(1) Wir leben nicht für uns selbst


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(2) Wir leben nicht aus uns selbst, und

(3) Wenn wir mit Christus verbunden bleiben, kommt die Frucht wie von selbst.


Erstens also: Du lebst nicht für dich selbst! Ganz klar, eine Rebe ist nicht um ihrer selbst willen da, sondern ihr einziger Sinn ist, Frucht zu tragen.


Es gibt ja das Schlagwort von der „egoistischen Gesellschaft“. Damit ist gemeint, dass dies kennzeichend ist für unsere Gesellschaft, dass man eben doch vorrangig für sich selbst lebt, um sich und seine Ansprüche kreist, Gott einen guten Mann sein lässt und Jesus für jemanden, der vielleicht gar nicht gelebt hat - und wenn, dann hat ihn die Kirche völlig umgemodelt und hält auch angstvoll Schriften über ihn zurück, die beweisen, dass er nach seinem Scheintod nach Indien gegangen ist oder so etwas. Egoistische Gesellschaft: Sich selbst möglichst viel 'reinziehen statt sich für andere zu verausgaben. Konsument von Spass sein statt Produzent von Freude.


Und was geschieht schliesslich mit der fruchtlosen Rebe? Jesus sagt: Sie verdorrt. Sie wird weggeworfen. Sie wird schliesslich verbrannt.


Man soll daraus keine Lehre machen wie die vom Fegefeuer - aber jeder von uns kann hier etwas ungeheuer Ernstes und Entscheidendes für sein Leben hören: Es ist nicht auszuschliessen, dass es Menschen, dass es Dir ergehen könnte, wie in dem Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus (Lukas 16, 19ff.): Beide gelangen nach ihrem Tod in die Ewigkeit, in jenes uns verborgene Leben, wo wir einmal die Herrlichkeit Gottes schauen. Und Lazarus findet wundervolle Geborgenheit, Frieden und Seligkeit – und der Reiche: Der sieht auch - von ferne – die Herrlichkeit, das Licht, die Seligkeit des Lebens bei Gott – und kann nie, nie, in Ewigkeit nicht zu ihr gelangen. Er sieht, wie herrlich und köstlich das Leben dort ist, und bleibt auf ewig davon getrennt. Und das ist unausdenklich grauenhaft; das ist die Hölle. Leben in ewiger Gottesferne.


Wohlgemerkt: Wenn das Neue Testament auch von ewigem Tod, von ewiger Verlorenheit und Verdammnis redet, dann will sie uns nicht Angst einjagen, wohl aber uns in aller Eindringlichkeit sagen: Du darfst Deines Heiles im Glauben zwar wohl gewiss sein, aber Du sollst dich nicht in der trügerischen Sicherheit wiegen, wir kämen alle alle alle in den Himmel, egal, wie wir gelebt haben. Nein! sagen uns auch manche Gleichnisse Jesu: Es geht um dein einmaliges, kostbares und für Gott und Menschen so wichtiges Leben. Vertu' es nicht, lass es nicht verdorren und verkommen. Lass es durchströmt werden von der Kraftquelle Christus, damit es reiche Frucht bringt in Gottes Reich.


Damit sind wir beim Zweiten: Wir leben nicht aus uns selbst.


Denn wie geschieht es, dass sich Früchte einstellen? Durch lebendige Verbundenheit mit Jesus, und das heisst: Im Gehorsam unter seinem Wort bleiben – in der Gemeinschaft des Heiligen Mahls – im Gespräch mit ihm.


Im Gehorsam gegen sein Wort. Wir sollen uns nicht über das Wort der Heiligen


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Schrift stellen, wie's immer wieder einige Herrren tun, die meinen, dies und

das an biblischen Lehren könne man dem sog. „heutigen Menschen“ nicht mehr zumuten, sondern wir sollen uns an Luther halten: „Das Wort sie sollen lassen stahn..!“ und Gottes Wort in unserm Leben bewahrheiten .


Weiter: Wir sollen im Gespräch mit Jesus bleiben, im Vertrauen auf seine Verheissung: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren“ -: Welch eine Zusage gibt er uns da für die Gebetserhörung! Nehmen wir Jesus beim Wort. Hören wir nicht auf ihn beharrlich zu bitten.


Und wir sollen mit Freude und Dankbarkeit am Heiligen Mahl teilnehmen, das ja auch Thema im letzten Gemeindebrief war. Einige Gemeindeglieder – vielleicht auch der Eine oder die Andere von Euch hier – haben ja in diesem Gemeindebrief Schönes dazu geschrieben, ich lese mal daraus vor:


- „Ich versuche mir die Sonntage mit Abendmahl bewusst freizuhalten. Ich kann kommen, auch wenn ich nicht perfekt bin. Das Abendmahl gibt mir in manchen Zeiten Kraft, spendet Trost und Erneuerung. Ich finde den gegenseitigen Zuspruch sehr schön, das Gefühl der Stärkung und Verbundenheit im Kreis“.


- Oder: „Ich habe es schon mehrmals erlebt, dass das Bibelwort, das am Ende einer jeden Runde ausgeprochen wird, in besonderem Masse in meine Lebenssituation gepasst hat“


- Oder: „Das Abendmahl bedeutet für mich Gemeinschaft mit Jesus und mit meinen Brüdern und Schwestern. Wenn ich im Kreis um den Altar stehe, dann denke ich daran, dass ich einmal im Himmel mit Jesus und allen anderen ein Festmahl feiern werde“.


So geschieht es im Gottesdienst, aber auch in persönlicher Andacht zuhause oder in Gemeindegruppen, dass unser Leben Saft und Kraft bekommt.


Und darüber – drittens - ergibt sich wie von selbst, dass unser Leben Früchte bringt, und zwar eben nicht saure Trauben (Jesaja 5; Hesekiel 18, 2), sondern Früchte, die süss und saftig sind.


Welche Früchte sind das ?


Paulus zum Beispiel zählt sie mehrfach auf (z.B. Römer 12, 9ff.; Römer 14, 17; Kolosser 3, 12 - 17.; 1.Tim.6, 6 -12 (!)) . In Galater 5, 22ff. etwa sagt er: Die Früchte des Geistes sind Liebe, Freude, Geduld, Treue, Sanftmut, Keuschheit...


Also: Liebe vor allem! Sich selbst durch Jesus von Gott geliebt wissen – und

jeden Menschen, der mir begegnet, als liebens-würdig ansehen.


Freude! Freude am christlichen Glauben! Freude schenken, und wenn es durch etwas so Einfaches wie einen Gruß, ein freundliches Wort geschieht.


Geduld! Für das, was Luther mit „Geduld“ übersetzt, gibt es im griechischen

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Urtext zwei Worte, die wörtlich bedeuten: Drunterbleiben unter Lasten, also belastbar sein. Und: Einen langen Atem haben, also be-harrlich, ausdauernd sein.


Treue: Treue zur Gemeinde! Eheliche Treue!


Sanftmut! Das Wort bedeutet in der Bibel nicht schwächlich kuschen, sondern: Im Einklang mit sich selbst sein, nicht mehr aggressiv sein müssen, weder gegen andere noch gegen sich selbst. Darum preist Jesus die Sanftmütigen selig!


Keuschheit! Ein Wort, das es garnicht mehr zu geben scheint. Sein Sinn ist: Was Sexualität betrifft, auch warten können, als Jugendlicher so stark sein, dem betrügerischen Druck, den die soap operas ausüben, widerstehen zu können; zartfühlend sein im Umgang mit dem anderen Geschlecht, verantwortungsbewusst, empfindsam sein - das Gegenteil von schamlos.


Ganz klar: All das empfangen wir von Jesus. Er ist die Kraftquelle klarer Liebe, wahrer Freude, er gibt Kraft zu Geduld und Treue, er war und ist sanftmütig, im Frieden mit Gott und mit sich selbst, er hilft dazu, einfühlsam, zartfühlend zu sein...


III


Und nun noch ein Letztes: „Mein Vater ist der Weingärtner“, sagt Jesus, „jede Rebe, die Frucht bringt, wird er beschneiden, damit sie mehr Frucht bringt“.


Jeder von Euch weiss: Einschnitte also gibt’s im Leben. Auch solche, die sehr schmerzhaft sind.


Jesus sagt: Auch in schmerzlichen Erfahrungen kann Gott am Werk sein.


Du kannst manches in Deinem Leben so deuten, dass Gott sozusagen Wildwuchs in deinem Leben wegschneidet - Dinge, die dich daran hindern, dass dein Leben Frucht bringt. Manches Schmerzhafte im Leben kann also dazu dienen, dass unser Leben mehr Frucht bringt. Es gibt Menschen, die hatten sehr Schweres zu tragen und haben es bewältigt. Sie können oft besonders hilfreich und segensreich für Andere sein.


Und darum, einzig darum geht es Jesus in seiner Bildrede vom Weinstock und seinen Reben: Es geht ihm darum, dass wir ein gesegnetes und segensreiches Leben führen. Und Segen ist viel mehr als Erfolg. Auch ein Leben voller Mißerfolg kann ein segensreiches Leben sein. Ein gesegnetes Leben, das ist ein Leben, das Frucht bringt, ein Leben, in dem Jesus die Hauptrolle gespielt hat und spielt.


Darum: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserm Herrn. Amen.