Gottesdienst am 2. Sonntag nach Trinitatis, 3. Juli 2011

 

Himmel, Erde, Luft und Meer.....504

Geh aus, mein Herz....503, 13 + 14

Lobe den Herren...317

Lobe den Herrn meine Seele...(Kanon)

Chor: Der Herr,mein Hirte, führet mich...

Wenn wir jetzt weitergehen...168, 4 – 6

 

Psalm 92 (Nr. 737)

Lesung: Matth. 11, 25 - 30

 

Liedpredigt  Lobe den Herren...

 

Wir schlagen das Lied „Lobe den Herren...“ auf, Nr. 28 in Praise the Lord,  28.1. in dt, 28.2. in niederl

 

und wir singen die 1. Strophe – niederländisch und deutsch

 

Bei besonderen Ereignissen  des Lebens singen wir dieses Lied: Bei Geburtstagen und  Trauungen, Silber- und  Goldhochzeiten, Jubiläen in der Familie und jetzt habe ich es für den Abschiedsgottesdienst ausgewählt, weil ich sehr von Lob und Dank gegen Gott erfüllt bin, und weil das Loben Gottes ein Hauptsinn unseres Lebens ist und uns selber froh und  befreit macht.

 

Lobe den Herrn! sagt Joachim Neander mit dem 1. Vers des 103. Psalms zu seiner von Gott und darum auch von ihm selbst geliebten Seele, und wir sollen's ihm nachtun, zu uns selbst sagen: Wieviel Grund hast du Grund zum Danken, zum Loben  Gottes! Lobe ihn gemeinsam mit den Andern in der Gemeinde, lobe ihn mit Musik, mit Orgel und Posaunen, mit Zupfinstrumenten wie dem Psalter und der Harfe...

 

Was ist nicht alles lobenswert: Dass wir, als wir aufwachten, unsere Sinne noch brauchen konnten, Hände und Füsse, Zunge und Lippen regen konnten, oder das Frühstück heute morgen...  Dass wir klare Luft atmen, die Sonne am blauen Himmel sehen, dass wir Wasser, dieses Wunderwerk, haben, und dass wir hier in Freiheit Gottesdienst feiern können. Und wenn ich an die Insel denke, auf deren Straßen ich so oft mit Familienmitgliedern und Gästen gefahren bin: Der Ataveros, hoch und breit und graubraun, wie der Rücken eines Elefanten, 2x durfte ich hochklettern, und  die schöne Bucht Akra Fourni bei Monolithos, der Strand  von Gennadi, das Kleinod  Ag. Nikolaos Fountoukli, die Klöster Ipseni und Thari, und der Weg von Salakos hoch zum Profitis Elias, die Anemomen im Februar und die Alpenveilchen, die wilden Gladiolen und die weissen Paeonien, und jetzt die hochragenden Agavenblüten: wie Kandelaber, majestätisch und filigran zugleich; und all die Früchte: Orangen und Mispeln, Pfirsische und Feigen, und ich nenne noch den Grashalm, der sich im Wind biegt, perlende Regentropfen auf sattgrünen Blättern, die Farben des Meeres von bleigrau bis smaragdgrün, Margueritenmeere  und Sauerklee, jede einzelne Blüte unfasslich schön! Welch ein Schöpfer!

 

Voll unendlicher Phantasie, voller Freude am Gestalten, ich denke, auch humorbegabt,

wenn man an manche skurrilen Formen und  Farben von Pflanzen denkt, oder von  Fischen, die man auch hier im Aquarium bestaunen kann.

 

Und nun nenne ich noch ein paar Zahlen, die ich gerade wieder las. Es leuchtet ja nicht

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nur eine Sonne an unserm Himmel, allein in unserer Milchstrasse gibt’s 100 Milliarden

Sonnen – und es gibt ja nicht nur eine Milchstrasse, auch davon wieder über 100 Millliarden – und die am weitesten entfernten Sternenhaufen sind nach gegenwärtigem Stand der  menschlichen Erkenntnis 13 Milliarden Lichtjahre entfernt, wobei Ihr sicher wisst: Die Geschwindigkeit des Lichts ist 300.000 km pro Sekunde. Wie weit ist dann eine Lichtstunde, und ein Lichtjahr. Und wie weit dann13 Milliarden Lichtjahre. Es schwindelt einem,aber Grund zu loben ist auch dies, dass wir Menschen–  ohne jemals die Rätsel lösen und die Geheimnisse lüften zu können - forschen, denken, fühlen, sehen, hören, schmecken  können. Wie viele Wunder!

 

Aber, gibt’s nicht auch Anlass zur Klage, zum Hadern mit Gott?

 

Wir singen Strophe 2

 

„...der dich erhält, wie es dir selber gefällt“...? Der Glaube singt an gegen die Realität, gegen den Augenschein. Meist sagen wir doch: Das gefällt mir aber garnicht! Oder auch: Ich gefalle mir garnicht: Manches an meinem Wesen, meine Schwächen,  die Falten und die Rettungsringe am Bauch... Aber der Glaube singt dagegen an und sagt: Mir gefällt es gut, wie er mich erhält. Und er lobt den Gott, „der uns auf Adelers Fittichen sicher geführet“. Gott trägt uns also, trägt uns,  so wie das Adlerweibchen sein halbflügges Junges auf seinen ausgebreiteten Fittichen trägt.

 

Der Glaube trotzt dem Augenschein, er sagt: Ich glaube, was ich nicht - oder noch nicht - sehe, er sagt: Lasst uns den Gott loben, der alles so herrlich regieret. Wieder müssen wir zurückfragen: Alles herrlich regiert? Was wir sehen, ist ja eher ein Meer von Leid, Elend, Schmerzen, Ungerechtigkeit. Nach Ausschwitz, hat die Theologin Dorothee Sölle behauptet, kann man nicht mehr den Gott loben, „der alles so herrlich regiert“.

 

Das Meer von Leid und Schmerzen, das es gibt,  verschlägt einem manchmal die Sprache. Kann  Menschen verstummen lassen. Lässt sie an Gott zweifeln und verzweifeln. Diese 2. Strophe kann man wahrhaftig nicht alle Tage über die Lippen bringen.

 

Aber was erkennen wir schon. Ich möchte diesen Vers als Ausdruck der Hoffnung singen,  und ich glaube: Wenn all die unendlich vielen Milliarden und  Abermilliarden Fäden, an denen und mit denen Gott webt, wenn diese Fäden alle einmal zusammenlaufen, wenn alle Entwickung und  alles Geschehen im persönlichen Leben jedes Menschen und im gesamten All vollendet sein wird, dann wird sich zeigen: Er hat  tatsächlich alles herrlich regiert. Jetzt sehen wir's noch nicht. Aber wir werden's  einmal erkennen.  

 

Der Liederdichter Christian Fürchtegott Gellert hat es in, wie ich finde, sehr einleuchtende Worte gefasst:

 

Dann werd' ich das im Licht erkennen,

was ich auf Erden dunkel sah,

das wunderbar und herrlich nennen,

was unerforschlich hier geschah,

dann schaut mein Geist mit Lob und Dank

die Fügung im Zusammmenhang

 

3

 

Und nun Strophe 3

 

„Künstlich und fein dich bereitet“: Aus winzigstem Ursprung: Eine Spermie, eine Eizelle – ein Mensch. Jeder von uns einmalig, einzigartig, unverwechselbar, ein Original des Schöpfers, keiner der über 6 Milliarden Menschen  hat genau die gleiche Stimme, oder den gleichen Abdruck des Daumens. Und: Wie viele und vielfältige Gefühle während unseres Lebens: Freude und Hoffnung, Wut und  Zorn,Ängste und Heiterkeit...Und

wie viele Worte haben wir gehört, gelesen, gesprochen, mit wieviel Gaben sind wir ausgestattet, Schuld und böse Gedanken plagen uns , aber wir haben auch wunderbar Vergebung, Liebe, Trost erfahren.

 

Seien wir ehrlich, Lebens ist immer lebensgefährlich“, hat Erich Kästner gedichtet. Das ist vom ersten Lebensaugenblick an so. Und darum: In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott Flügel über uns gebreitet, hat uns, - jetzt wechselt das Bild von den Flügeln -  wie eine Glucke ihr Küchlein, in Schutz genommen. Ich bin unendlich dankbar dafür, wie wunderbar meine ganze Familie und ich auch in diesem  Jahr bewahrt worden sind.

 

Nun Strophe 4

 

Nun der Segen. Er hat jeden von uns  sichtbar gesegnet. Er hat dafür gesorgt, das unser Leben Frucht brachte und bringt. Wir konnten und können Anderen zum Segen werden. Und ich möchte sagen: In dieser Gemeinde ist der Segen, angestiftet von Frau Dr. Gisela Bischke, in  reichem  Masse am Werk.  

 

Und zu dem besonderen in dieser Gemeinde gehört: Dass ihre Glieder, so unterschiedlich sie sind und glauben, einander tolerieren, respektieren, akzeptieren. Das möge so bleiben: dass ihr euch in eurer Unterschiedlichkeit annehmt.

 

Wir können in der Tat Ja sagen zu uns und zu Andern. Kein Ja – aber, sondern: ein volles, rundes Ja. Denn: Gott begegnet jedem von uns  mit Liebe. Diese Liebe, die, vermittelt von Jesus, auf uns überströmt, ist stärker als Selbstzweifel und Missmut, sie ist allmächtig, kann und wird all das Schlimme besiegen und überwinden, das es  überall auf der Welt und in uns selbst und in der Kirche gibt.  

 

Von der Kirche, vom Volk Gottes aus Juden und Heiden singen wir, wenn wir nun die 5. Strophe singen.  

 

Lobe mit Abrahams Samen, mit Abrahams Nachkommen...Mit Abraham begann es, mit diesem Ruf Gottes, der selbst noch für den letzten Augenblick des Lebens gilt: Geh heraus...Abraham ging heraus aus Heimat, Verwandtschaft, Freundeskreis...in ein Land, das Gott ihm zu zeigen versprach: Ein Land, wo Milch und  Honig fliesst,  das er fand, als er nach Kanaan kam, das aber letztlich immer noch in der Zukunft liegt: Das Land, in dem es kein Geschrei und keinen Schmerz, kein Leid und kein Abschiednehmenmüssen mehr gibt und  der Tod nicht mehr sein wird, sondern die  Liebe alle und alles regieren wird.

 

Auch der Segen, den Gott auf Abraham legte, ist noch unvollendet, er geschieht noch, Abraham soll und wird ja zum Segen für alle Völker, auch alle Religionen werden.

 

Wir loben mit Abrahams Samen - und mir ist klar, eine der wichtigsten Aufgaben von Theologie und Kirche in der kommenden Zeit, ja eigentlich immer,  wird das Gespräch mit dem Judentum sein, denn da liegen die Wurzeln des christlichen Glaubens.  Die Juden können ohne uns Christen leben, aber wir Christen nicht ohne die Juden.

 

 

Die Unterschiede werden wir nicht verwischen: Sie (mit Ausnahme der messianischen Juden) warten noch auf den Messias, für uns  ist  er schon gekommen: Jesus, der Erlöser der Welt, der gekreuzigte  Auferstandene. Der, der uns Fülle des Lebens und unzerstörbare Freude schenkt. Er ist das Licht der Welt, er ist der, der auch in Zukunft der Allerwichtigste für diese Gemeinde ist, er  ist dein Licht, Seele, vergiss es ja nicht, lobende, schliesse mit Amen.