Gen Himmel
aufgefahren ist...119
Siegesfürste,
Ehrenkönig... (Liedblatt)
Psalm: 139 (Nr.
759, S. 1186-88)
Lukas erzählt,
wie der auferstandene Jesus Abschied nimmt von seinen Jüngern:
Und es geschah, als er sei segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.
Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem
mit großer Freude
und waren allezeit im Tempel und lobten Gott
Liebe
Gemeinde!
Manche von
Ihnen werden sich an den Gottesdienst am Palmsonntag hier in der Kirche
erinnern: Da las der Schauspieler Ralf Gottesleben fast das gesamte
Markusevangelium – und Erwachsene wie Jugendliche hörten konzentriert, ja
gespannt von Anfang bis Ende zu!
In der Tat: Was
für ein ungeheuer dramatisches und faszinierendes Geschehen, diese etwa zwei
Jahre öffentlicher Wirksamkeit des Jesus von Nazareth: Seine Worte, etwa in der
Bergpredigt, seine Gleichnisse, seine Wunder...dann seine Gefangennahme im
Garten Gethsemane, das Verhör, die Geißelung, der Tod am Kreuz...und dann das
Unerhörte: Die Auferweckung aus dem Tode...!
Wenn das alles
schon beim Zuhören so überaus spannend ist – wie muß es erst den Jüngern
ergangen sein, die das alles ja direkt und hautnah miterlebten! Immer wieder
hören wir in den Evangelien, daß sie die Frage stellen: Wer ist der?? Und immer
wieder hören wir, wie die Menschen staunen über seine Wunder, über seine
Worte!
Und dann
hatten die Jünger von ferne seinen Tod mit ansehen müssen...Doch danach, wenige Tage später: Da war er ihnen erschienen, erfüllt von
göttlicher Lebendigkeit! Und schließlich, vierzig Tage nach Ostern, also heute,
geht er mit den Jüngern aus der Stadt Jerusalem heraus, er wandert mit ihnen
durchs Kidrontal, sie steigen den Ölberg hinauf bis auf die Höhe, wo der kleine
Ort Betanien liegt. Er segnet sie. Und dann entschwindet er vor ihnen. Er wird
gleichsam entmaterialisiert, Gott nimmt ihn auf in seine für uns hier noch
unsichtbare und unbegreifliche Welt.
2
I
Die Jünger
müssen Abschied nehmen, Jesus ist nicht
mehr bei ihnen.
Eigentlich
müßte Lukas doch jetzt schreiben: Da kehrten sie traurig um...Aber er schreibt
stattdessen: Sie kehrten mit großer
Freude zurück nach Jerusalem und – und das ist das letzte Wort des
Lukasevangeliums – und lobten Gott!
Merkwürdig:
Statt Schmerz und Trauer - Freude und Gotteslob!
Das kann
seinen Grund nur in Einem haben: Den Jüngern muß klar gewesen sein: Dieser
Abschied Jesu war kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt. Das Eigentliche würde
jetzt erst kommen, es würde jetzt alles erst so richtig beginnen!.
Und so war es
dann ja auch. Es ist genau das eingetreten,
was Luther einprägsam in einer Predigt über den Sinn von Himmelfahrt
schreibt:
„Christus ist in den Himmel gefahren, weil er dort am
meisten schaffen und regieren kann. Denn wenn er auf der Erde und sichtbar vor
den Leuten geblieben wäre, hätte er nicht soviel schaffen können. Denn es
hätten nicht alle Leute bei ihm sein und ihm gehören können.
Darum hat er eine Weise angefangen, auf die er mit allen zu schaffen hat und in allen regieren, bei allen sein und allen predigen
kann, damit sie es alle hören. Drum
hüt‘ dich ja zu denken, er sei nun weit von uns. Im Gegenteil: Als er auf Erden
war, war er uns zu fern, jetzt ist er uns nah. Wo ist er also? Hier bei uns ist er, und er hat sich
darum in den Himmel gesetzt, damit er
nahe bei uns sei“.
Himmelfahrt
heißt also gerade nicht: Er hat sich von uns entfernt, sondern er – und mit ihm der Himmel - kann und will nun allen Menschen nahe sein.
Darum hat das Himmelfahrtsfest auch den schönen Namen: „Fest der Weltherrschaft Christi“, und es ist auch in besonderer
Weise das „Fest der Weltmission“: Für
alle Menschen will er der sein, der ihr Leben am stärksten prägt und ihm
Orientierung gibt, allen Menschen soll seine Herrschaft und Herrlichkeit verkündigt werden, natürlich auch unter den
Moslems, soweit sie das zulassen. Das wäre das Richtige auch in den
moslemischen Ländern: Nicht militärische Präsenz, sondern Präsenz des
christlichen Glaubens: Liebe, Gerechtigkeit, Verkündigung des Evangeliums in
Wort und Tat!
Ich las: Seit
etwa 100 Jahren gibt es kein Land der Erde mehr, in dem nicht Christen die
Himmelfahrt Christi feiern und damit die Weltherrschaft Christi bekennen! Fast
2000 Jahre hat das gedauert: Das scheint eine lange Zeit und ist doch eine
winzige Epoche in der Menschheitsgeschichte. Man könnte sagen: Die Ausbreitung
des Reiches Gottes, die Ausrufung der Herrschaft Christi über alle
Lebensbereiche – das ist im Grunde noch in den Anfängen...Noch scheinen wir
Menschen uns wenig danach zu richten, daß Jesus Herr ist über alle und alles.
Aber es ist so, wie es in dem Lied heißt, das wir gleich vor dem Segen singen
werden: Dein Senfkorn – und hier
nimmt der Liederdichter Albert Knapp ein Bild Jesu vom Reich Gottes auf – dein Senfkorn, arm und klein, wächst ohne großen Schein doch zum Baume...(EG
256, 5),
3
Das also ist
der Grund der Freude der Jünger: Es geht weiter..! Mitten in der Völkerwelt nun
ein Volk Gottes, mitten in und hinter
den Regierungen der Welt die Weltregierung Jesu, die alle Regierungen
überdauert und am Ziel nur noch allein da
sein wird -
dann, wenn Christus umstrahlt vom Lichtglanz göttlicher Herrlichkeit wiederkommt.
II
In dieser
Erwartung leben wir Christen. So wie die Jünger, von denen Lukas hier erzählt,
nun erwartungsvolle Menschen wurden.
Sie kehren zurück in den Tempel. Dorthin, wo alles angefangen hatte. Sie
erinnern sich, diese herrliche Geschichte, die Lukas überliefert: Der Engel Gabriel
erscheint dem Priester Zacharias im Tempel
und kündigt ihm an: Deine Frau Elisabeth wird in ihrem Alter noch ein
Kind bekommen, dem sollst du den Namen Johannes geben (Lukas 1, 5ff.).
Dorthin kehren
die Jünger zurück: Zum Tempel, dem Ort der Anbetung Gottes. Sie kehren zurück
zu ihren jüdischen Mitgeschwistern, die auf das Kommen des Messias warten.
In dieser
Erwartung bleiben wir Christen mit unseren jüdischen Geschwistern verbunden.
Gemeinsam mit ihnen erwarten auch wir das Kommen des Messias. Der Unterschied
ist allerdings der: Sie erwarten sein Kommen, wir erwarten sein Wiederkommen.
III
Wir erwarten
die Wiederkunft dessen, der unter uns Menschen gelebt hat und der uns jetzt
nahe ist in Wort und Sakrament – aber auch noch in einer dritten Weise, die
Lukas hier betont: Im Segen. „Und er hob
die Hände auf und segnete sie“.
immer auf
doppelte Weise in unserem Leben am Werk: Indem er zu uns spricht durch die
Worte der Heiligen Schrift und durch sie unsern Glauben, unser Vertrauen zu ihm
wecken und stärken will – und indem er
uns segnet, also bei uns bleibt mit seinem Schutz und Frieden.
4
IV
Und was ist
unsere Antwort darauf? „und lobten Gott“.
Nicht wahr:
Über viele Jahrtausende fürchteten die
Menschen Gott oder die Götter, sie hatten schreckliche Angst vor ihnen,
brachten ihnen Opfer, um sie gnädig zu stimmen, mißtrauten ihnen. In Israel
wurde erstmalig in der Menschheitsgeschichte das Loben Gottes Hauptinhalt der
Gottesverehrung, der Lobpreis des Gottes, der in seinem Wesen, wie Israel von Anfang an bekennt, „barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue ist“ (Psalm
103,8; 2. Mose 34, 6). Darum können wir ja auch voll Vertrauen zu ihm beten in
Klage und Lob, in Dank und Bitte. Und übt Euch im regelmäßigen und
zuversichtlichen Beten! Luther sagt einmal einen einprägsamen Satz dazu. Er
sagt.“ Wie ein Schuster einen Schuh macht
und ein Schneider einen Rock, also soll ein Christ beten. Eines Christen
Handwerk ist beten“ (WA Tr 6, Nr.6751, 162,35f.).
Vor allem
sollen wir – trotz Leid und Tränen und trotz aller Verborgenheit Gottes – immer
wieder Gott loben können, der uns durch Jesus nahegekommen ist.
Am Ende seiner
Erzählung von der Geburt Jesu schreibt Lukas: Die Hirten... lobten Gott. Und hier, mit Jesu Himmelfahrt, kommt
der irdische Erlösungsweg Jesu zum Ziel: Die Jünger loben Gott. Im ewigen Leben
dann, so sagt die Bibel und so sagen manche unserer Gesangbuchlieder, wird das
Gotteslob dann ganz rein und klar erklingen.
Hier noch
stimmen wir es dem Leid und dem Unglauben, auch in uns selbst, zum Trotz an –
und wollen das auch jetzt tun mit Versen des Liedes: O dass ich tausend Zungen
hätte...
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserm Herrn. Amen.