Ermuntert euch, ihr Frommen...151, 1-3
Wachet auf, ruft uns die Stimme...147
Jerusalem, du hochgebaute Stadt...450, 6+7
Psalm 126
Lesung:Matthäus
25, 1-13
Jesus sagt:
Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden
nicht vergehen.
Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.
Seht euch vor, wachet! Denn ihr wißt nicht, wann die Zeit da
ist.
Wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein
Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem
Türhüter, er solle wachen:
so wacht nun; denn ihr wißt nicht, wann der Herr des Hauses
kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen,
damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich
kommt.
Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!
Wachet! Seid
wachsam!
Aber: Kann man
das denn überhaupt so befehlen - wach
zu sein? Ich denke an manche Menschen, die schwermütig sind, in Traurigkeit
versinkend: Die wollen nichts als ruhen, schlafen, liegen...
Weiß Jesus das
nicht? Fragt er nichts danach, wie schwer Menschen es haben, wie tieftraurig
sie sein können – gerade an einem Tag wie heute, dem Totensonntag?
Doch, sagt
Jesus. Ich weiß. Es scheint dunkel zu sein in dem Haus, von dem ich euch
erzähle.
I
Er erzählt ja
mitten in diesen Versen ein Gleichnis. Ein Gleichnis vom Haus unseres Lebens.
Ein Gleichnis vom Leben im Hause der Welt.
Jesus sagt: Dieses Haus gehört nicht uns selbst. Wir
sind nicht die Eigentümer. Aber: Wir dürfen gratis darin wohnen, als Knechte
und Mägde des Hausherrn.
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Nur: Wo ist er
– der Hausherr? Jesus sagt: Er ist in die Ferne gezogen, außer Landes. Aber er
wird einmal zurückkommen. Und bis dahin sollen die Knechte und
Mägde das Haus
des Lebens in Ordnung halten, sollen alles darin so gestalten, daß es bereit
ist für ihn, wenn er kommt. Er soll sich darüber freuen können, wie schön es
darin aussieht, wie liebevoll alles für sein Kommen vorbereitet ist. Die
Knechte und Mägde sollen also bereit sein für ihn.
Jesus sagt uns
ganz realistisch: Gott ist nicht da, er ist in unserer Welt und in unserem
Leben nicht so da, daß man ihn sehen und in vertrauter Nähe mit ihm leben
könnte – so wie die Bibel uns das vom Leben im Paradies erzählt.
Nun ziehen
Viele daraus die Folgerung: Es gibt ihn also gar nicht. Oder jedenfalls: Ich
lebe, als ob es ihn nicht gäbe. Ich
bin mein eigener Herr. Ich gestalte mein Leben nach meinen Wünschen, meinen
Bedürfnissen, meinen Interessen.
Und: Leben wir
nicht alle irgendwo so? Leben wir nicht so, als seien wir selbst Herren über
unsere Tage, unsere Gaben, über die Zeit unseres Lebens? Und die Politiker:
Beraten und entscheiden sie in der Ehrfurcht vor Gott? Fragen sie danach, was der
Wille Gottes angesichts der
gegenwärtigen Krisen und Kriege ist? Und die Wirtschaft? Handelt sie im
Bewußtsein, daß Gott das Recht liebt, Gerechtigkeit will? Und wir: Suchen wir in unserem Verhalten der Ehre Gottes
zu dienen? Oder kreisen wir nicht stattdessen ständig um uns selbst?
Ehrlicherweise
müssen wir sagen, wir leben so, als seien wir eben nicht Knechte und Mägde des
Hausherrn, sondern selbst Herren im
Hause des Lebens, im Hause der Welt. Wir leben nicht in Ehrfurcht vor
Gott, und darum erkennen wir auch nichts. Denn, wie die Bibel immer wieder
sagt: Die Ehrfurcht vor Gott ist überhaupt erst der Anfang der Erkenntnis. Wir
vergessen und wollen nicht wahrhaben, wer
der Herr im Hause unserer Welt ist. Und daß wir das vergessen, kann man
sogar verstehen: Der Hausherr ist ja, wie Jesus selber sagt, „ferne“, er ist „außer Haus“.
Auch die
Menschen in der Bibel, etwa die Verfasser der Psalmen, wissen, wie fern Gott
sein kann. Aber: Sie reagieren darauf mit
Sehnsucht nach Gott. Und mit Fragen an ihn: Wo bist du eigentlich? Warum
hältst du dich anscheinend aus allem heraus? Wie lange läßt du es zu, daß ich
mich so quälen muß, warum tust du überhaupt nichts?
Um es an
persönlichen Beispielen aus unserer Gemeindearbeit zu sagen: Wie willst du das
verantworten, daß diese Familie schon zum zweitenmal ein Kind unmittelbar nach
der Geburt verloren hat? Wie konntest du das zulassen, daß dieser junge Mann so
früh sterben mußte? Und, da ist diese alte Frau im Rollstuhl, die, wie sie
sagte, seit 10 Jahren fast täglich bittet: Hol mich doch, Gott...! Und du hörst
offenbar nicht! Warum...?!
Die Menschen
in der Bibel stellen die Warum - Frage übrigens auch manchmal in einem ganz
anderen Sinne: Warum geht es uns hier so gut? Und den armen Menschen z.B. in Rußland oder Rumänien oder in Äthiopien,
Somalia, im Sudan so
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furchtbar
schlecht - und in Afghanistan, wo sie
frieren und auf der Flucht sind und nichts zu essen haben...
Doch, es ist
schon wichtig, sich auch, wenn man’s schwer hat oder wenn man in tiefer Trauer
um einen Menschen ist, zu sagen: Aber wie gut hast du es trotz allem, wie über
die Maßen gut!
Und doch – im
Ganzen müssen wir sagen: Hier ist alles voller Rätsel, das Haus unseres Lebens
ist dunkel. Hier haben wir viel mehr Fragen als Antworten.
II
Aber Jesus
sagt uns in diesem Gleichnis zu: Euer Fragen wird Antwort finden. Eure
Sehnsucht nach Gott wird gestillt werden. Der
Hausherr wird zurückkommen. Ihr
werdet ihn einmal sehen.Und dann werdet ihr alles erkennen. Werdet
erkennen, daß alles seinen Sinn hatte.
Liebe
Gemeinde, wir werden einmal Gott sehen. Das steht wörtlich so im 1.
Johannesbrief: Wir werden Ihn sehen, wie
Er ist.
Unendlich hoch
über dem Universum, in unfaßbarem Lichtglanz, umgeben von Myriaden von Engeln,
wird Er erscheinen – Gott, der das Antlitz Jesu Christi trägt – und dann wird
das Universum vergehen und verwandelt werden, so wie es der 1o2. Psalm in
unvergleichlichen Worten sagt:
Du hast vorzeiten die
Erde gegründet
Und die Himmel sind
deiner Hände Werk.
Sie werden vergehen, du
aber bleibst.
Sie werden alle
veralten wie ein Gewand,
wie ein Kleid wirst
du sie wechseln,
und sie werden
verwandelt werden.
Du aber bleibst, wie
du bist...
Das Universum:
Der Sternenmantel Gottes. Wie ein alt gewordenes Kleid wird Gott es einmal wechseln
und es wird verwandelt werden – das gesamte endlich-unendliche Weltall. Es wird
im Hitzetod verglühen. Und die Toten werden auferstehen.
III
Wann wird das
sein? Wann wird Gott sichtbar kommen?
Jesus sagt:
Niemand weiß das. Auch die Engel Gottes nicht. Selbst der Sohn Gottes nicht.
Nur Gott allein. Er allein weiß und bestimmt den Zeitpunkt. Und das ist gut.
Vielleicht
haben Sie auch schon einmal überlegt: Wie wäre es, wir Menschen wüßten, wann
das Weltall untergeht. Oder: Wir wüßten schon, wann der letzte Tag
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unseres Leben
sein wird. Das wäre nicht gut. Es genügt zu wissen: Gott wird einmal kommen,
wir werden Ihn sehen.
Und das
Allerwichtigste: Er soll mich bereit
finden. Denn, liebe Gemeinde, stellen wir uns vor: Er kommt, und er fände
uns schlafend, tief schlafend, überhaupt nicht bereit für ihn. Wie sehr würden
wir erschrecken, wenn er uns aufweckt!
Und so soll doch unsere Auferweckung nicht sein!
Wie bleiben
wir wach? Wie bleiben wir erwartungsvoll für ihn? Indem wir uns an die Worte
der Bibel, an die Worte Jesu halten und ihnen entsprechend zu leben versuchen.
„Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden
nicht vergehen“, sagt er.
Seine Worte bleiben durch die Jahrtausende hindurch. Und sie geben
unserem Leben
einen Sinn und Wert, der ewig bleibt. Jesu Worte sind wie strahlendes
Sonnenlicht in dem dunklen Haus. So ähnlich hat es Luther einmal gesagt, in
einer schönen Formulierung. Er sagt einmal in den Tischreden: An Christus glauben ist keine schlechte
Kunst. Es ist die Kunst, daß einer aus seinem dunklen Hause in die Sonne
springe! In die Sonne springe.
Darum: Nehmt
täglich die Bibel zur Hand, und das Losungsbüchlein, das es jetzt wieder für
das Jahr 2002 neu gibt. Ein einziger Vers in der Bibel, ein Psalmwort, ein Wort
Jesu kann heilende Kraft mitteilen, kann wunderbar Trost schenken, kann das
Leben hell werden lassen.
Mehr als wir
in der Bibel hören, brauchen wir nicht, um trotz der Rätsel und inmitten der
Geheimnisse des Lebens sinnvoll und tapfer leben und getrost sterben zu können.
Übrigens: Eine
Gestalt im Haus des Lebens nennt Jesus besonders – das ist der Türhüter. Der
wacht. Der späht hinaus in die Nacht. Sehr konzentriert. Sehr gespannt und
erwartungsvoll.
Er tut das,
was der 130. Psalm sagt: „Aus der Tiefe
rufe ich, Herr, zu dir...“ Und dann heißt es in diesem Psalm: „Ich harre des Herrn, meine Seele harret, und
ich hoffe auf sein Wort...“. Und schließlich: „Mehr als die Wächter auf den Morgen hoffe Israel auf den Herrn!“ Israel
– das ist das Volk Gottes, das sind also auch wir hier. Solche Türhüter sind
wir. Das ist unser Auftrag als Volk Gottes: Wachen! Wachsam sein! Nach dem
Kommen Gottes ausspähen! Wir haben ein Wächteramt! Wenn es in unserer Politik
kaum noch kritische Opposition gibt, dann haben wir Christen zunehmend diese Funktion: Wachen, daß der Staat für
Recht und Frieden sorgt. Wachen, daß es in der Welt gerechter
zugeht. Wachen, daß in der Kirche der Grundsatz gilt: Schuster, bleib bei
deinem Leisten! Steh zu deinem Auftrag in der Welt: Zur Verkündigung des
Evangeliums. Passe dich nicht an! Und vor allem ist dies unser Auftrag:
In der dringenden Bitte zu leben: Komm, Herr Jesus! Komm, du Hausherr,
du Bräutigam, wir warten sehnlich auf dich...!
Darum: Der Friede Gottes, der höher ist als unsere
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserm Herrn.
Amen.