Abendmahlsgottesdienst am Ostersonntag, 20. April 2003

 

Lieder:

 

Gelobt sei Gott...103, 1 – 5

Der schöne Ostertag...117

Auf, auf, mein Herz, mit Freuden...112

Christ ist erstanden...99

 

Psalm 118 i.A.

Lesung: Jesaja 25 Vers 8 und 9

 

 

Predigt über Markus 16, 1 – 8:

 

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

Und sie kamen zum Grab, sehr früh, als die Sonne aufging.

Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

Und sie sahen hin und wurden gewahr, daß der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an; und sie entsetzten sich.

Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hergehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.

 

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

eine wohlmeinende Mitarbeiterin legte mir dieser Tage einen Zeitungsartikel in mein Fach im Gemeindeamt. In dem Artikel wurde von Pfarrern berichtet, die in ihre Osterpredigt Witze einstreuten, um die Gemeinde zum Lachen zu bringen. Die Mitarbeiterin wollte mir das vielleicht zur Nachahmung empfehlen – und hat sie nicht in gewisser Weise recht?  Gibt es nicht das sog. „Osterlachen“? Gehört nicht Ostern und Lachen zusammen, zumindest aber: Ostern und Freude?  Wird nicht vielleicht doch zu wenig gelacht in unseren Gottesdiensten?

 

Nur: Wie merkwürdig anders endet der Ostertext, den wir gerade hörten - und mit dem ursprünglich das ganze Markusevangelium aufhörte!  Nichts von Lachen und  Freude! Sondern: „Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas, denn sie fürchteten sich“.

 

 

2

 

Wie paßt das zusammen: Ostern und: Entsetzen!? Ostern und  - sich fürchten!?

 

I

 

Wovor fürchten sich die Frauen denn  so?  

 

Davor, daß man sie auslacht, wenn sie von ihrem Erlebnis erzählen und ihnen sagt: Ihr tickt wohl nicht richtig! Ein Toter ist tot, alles andere ist wissenschaftlich unmöglich.

 

Oder: Fürchten sie sich davor, daß sie jetzt an die Reihe kommen, wenn sie nun immer noch etwas und jetzt sogar etwas ganz Unerhörtes von dem Jesus sagen, den man doch mit der Kreuzigung erledigt zu haben meinte...daß sie nun verfolgt, vielleicht getötet werden würden, damit endgültig Schluß ist mit dieser Jesusbewegung...So wie man ein noch einmal aufflackerndes Feuer endgültig austritt?!

 

Oder: Fürchten sie sich vor Gott? Hat sie Zittern und Entsetzen gepackt angesichts dessen, was Gott hier getan hat?

 

Ja. Entsetzen vor Gottes Tun hat sie ergriffen. Und Professor Gerd Zacher hat einmal dazu gesagt, eigentlich müsse man sich also  „entsetzliche Ostern“ wünschen!

 

Aber  wie soll man das mit dem Entsetzen begreifen?

 

Gehen wir den Weg der Frauen nach.

 

Und ich denke, wir werden dann auch die wirkliche Osterfreude finden. Denn die besteht ja nicht einfach in Spaß haben beim Eiersuchen und dem Hineinbeißen in Schokoladenhasen – obwohl das sicher auch hübsch ist und seinen Sinn hat - aber eben nur als Zugabe und Beiwerk zur wirklichen Osterfreude.

 

 

 

II

 

 

Unsere Erzählung setzt mit dem ein, worin wir uns auskennen, was zu unserm Leben, zu unserer Welt gehört: Schmerz. Trauer.

 

Die Frauen gehen zum Grab. Zwar erzählt Markus: Sie gehen, als schon die Sonne aufging, aber sicher bemerken sie das nicht, in ihren Herzen jedenfalls ist es düster, da herrscht der Tod. Immerhin: Sie wollen Jesus noch eine letzte Ehre erweisen, einen Liebesdienst.

 

 

 

 

 

3

 

Der Gang zum Grab. Das Grab als Ort, wo man mit seiner Trauer, seinen Erinnerungen hingehen kann. Und das ist schon auch sehr wichtig, es ist heilsam und hilfreich. Wer an anonyme Beisetzungen denkt für sich oder für Angehörige, der sollte sich das gut überlegen. Der Mensch braucht einen Ort für seine Trauer.

 

 

III

 

Die Frauen gehen zum Grab. Sie kommen an und sehen:

 

Der Stein vorf dem Ein- (bzw.Aus-)gang ist weggewälzt. Das Grab ist offen. Der Tote ist nicht mehr da drin. Stattdessen ein Engel.

 

Der sagt: Ihr sucht Jesus den Gekreuzigten. Der ist nicht mehr hier. Er ist auferstanden.

 

Da packt sie schieres Entsetzen.

 

Wir müssen uns das klarmachen: Es geht ja nicht um so etwas wie eine Wiederbelebung. Eine Art Neuauflage des Lebens, eine Lebensverlängerung. So etwas möchten  manche ja ganz gern, möchten irgendwie den Tod beiseiteschieben,  nach vorne hin wegschieben, das Leben verlängern.  Derzeit aktuelle Variante dieses uralten Menschheitstraums: das Klonen.

 

Nein, es geht hier um  etwas vollkommen Anderes.  Es geht darum, daß Gott, der Schöpfer des All, an diesem Menschen namens Jesus, der  wegen Gotteslästerung zum Tod verurteilt war und an einem Kreuz sein Leben qualvoll ausgehaucht hatte -  daß Gott an ihm etwas getan hatte, was im  Grunde nur mit der Erschaffung der Welt aus Nichts zu Beginn der Zeit vergleichbar ist. Etwas Einzigartiges, nie Dagewesenes, etwas in der Tat Ungeheuerliches und Unausdenkbares.

 

Es geht darum, daß Gott dem Leichnam Jesu sein eigenes göttliches, ewiges Leben eingehaucht hat, ein Leben, das nicht mehr der Vergänglichkeit, nicht mehr den Grenzen von Raum und Zeit unterworfen ist, sondern ganz erfüllt ist von Gottes Macht und Möglichkeiten.

 

 

 

Es geht darum, daß Gott damit unzweideutig gesagt hat: Jesus hatte und hat recht mit allem, was er sagte, tat, erlitt. Er hat damit meinen Plänen gedient. Ich habe ihn nun zum Herrn über alle und alles gemacht. Auch zum Herrn über den Tod und über die Hölle. Mit ihm habe ich nun  allen Menschen  eine absolut neue Lebensqualität eröffnet: Freies Leben in der Hingabe für Andere. Ewiges Leben. Auferstehung von den Toten.

 

 

 

 

 

4

 

 

IV

 

Wir wollen jetzt nichts verniedlichen oder verharmlosen. Der Tod ist nach wie vor meist furchtbar. Man müßte jetzt in die Krankenhäuser in Bagdad (oder auch bei uns hier in Essen) sehen können.

 

Und:  Man müßte jetzt mal Mütter von toten irakischen oder US-Soldaten fragen, ob  sie von  einem Heldentod ihres Sohnes sprechen würden.

 

Aber so schlimm er ist, der Tod hat nicht mehr das letzte Wort. Jesus hat und  spricht das letzte Wort.

 

Der Tod ist damit auch kein letzter Schlupfwinkel mehr. Der Selbstmörder ist nicht mehr ausweglos dran, sein Leben gelangt vor Gott. Der, der im Namen Gottes meint Kriege führen zu müssen, der wird diese Überzeugung  im Jüngsten Gericht Gott plausibel machen müssen.  Der skrupellose Geschäftemacher kann nicht mehr sagen: Nach mir die Sintflut. Er wird vor Gericht gezogen.

 

Jesus hat nun die Macht, Menschen auf ewig in die Herrlichkeit des Lebens bei Gott hineinzuführen – oder aber sie auf ewig davon auszuschließen. Sein Maßstab: Was wir den geringsten seiner Geschwister getan – oder nicht getan haben (Matthäus 25).

 

Mein Gott, wie sollen die Mächtigen da nur bestehen können! Und  wir..!

 

Die Frauen werden von Entsetzen ergriffen. Ich kann das verstehen. Alles ist jetzt anders, neu. Wenn Jesus das Leben regiert, dann muß man sich ja völlig umstellen. Und wie wenig tun wir das...!

 

Aber dann sehe ich auf den Gekreuzigten und höre ihn für alle Menschen, auch für mich, bitten:  Vater,vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun...Ich sehe auf seinen Kreuzestod und weiß, er hat auch mir Gottes Vergebung und Erbarmen erworben, er hat mir unverdient und als Geschenk ewige Seligkeit und grenzenlose Liebe Gottes erworben – und ich werde mit ihr beschenkt, trotz alledem, was vor Gott gegen mich spricht.

 

Da beginnt dann die Osterfreude, eine maßlose wilde, unglaublich dankbare Freude. Der Grund dieser Freude, in einem Satz: Jesus ist und bleibt Sieger. Gott sei Dank!

 

Und je mehr wir erkennen: Wer er ist - was er kann - was wir ihm verdanken, desto mehr wird uns die österliche Freude ergreifen und wir werden Paul Gerhardts Osterlied „Auf, auf mein Herz mit Freuden...“ vielleicht gleich aus vollem Herzen mitsingen.

 

Je weiter wir im Glauben sind, desto mehr kann die Freude dann die Grundhaltung unseres Lebens werden. Denn, wie  Luther einmal sagte: Die Freude ist der Doktorhut des Glaubens. Amen.

 

 




Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.