Gottesdienst am 9. Sonntag nach Trinitatis, 1. August 2010, ev. Kirche Am Brandenbusch, Essen-Bredeney
Lieder:
Gott ist gegenwärtig...165, 1.2.6
Du meine Seele, singe...304, 1 - 4
Die güldne Sonne...449, 9 - 12
Danket dem Herrn...333, 1 – 3
Psalm 63 (Nr. 729, S. 1160)
Lesung: 1. Petrus 4, 7 - 11
Schuldbekenntnis:
Barmherziger und Heiliger Gott, du kennst unser Herz und weisst alle Dinge. Und doch möchtest Du, dass wir Dir auch sagen, was uns erfreut und was uns belastet und traurig macht. So kommen wir zu dir als deine Kinder und möchten Dir unsere Dankbarkeit sagen, dass du uns bis zu dieser Stunde bewahrt hast; dass wir zu essen und zu trinken haben, eine Wohnung und liebe Menschen um uns, dass wir die Sonne sehen und Regen und Wind spüren. Ach, so vieles, was nicht selbstverständlich ist! So reich sind wir beschenkt von Dir! Aber da ist nun auch all das andere, das uns umtreibt und quält, ja, uns mit Entsetzen erfüllt und Fassungslosigkeit: Das Unglück in Duisburg! Die armen Menschen!Die Angehörigen der Getöteten! Und unsere Unfähigkeit, Schuld einzugestehen! Unsere Unwilligkeit, ja Unfähigkeit zur Umkehr, zur Buße, zu einer Lebensweise, die nicht so viel Leben zerstört – in uns selbst und um uns herum...Gott, wie sehr vergessen wir dich, wie wenig ernst nehmen wir deine Warnungen, deine Wegweisung! Ob du immer noch Geduld mit uns hast? Wir bitten dich, erneuere uns, erbarme dich über uns!
Gnadenzusage:
Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.
Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit
Kollektengebet:
Liebster Jesu, wir sind hier...
Predigt zu Matthäus 13, 44-46:
Jesus sagt:
Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte,
und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
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Liebe Gemeinde!
Schatzsuche. Wir kennen das aus Kinder- und Jugendtagen. Inzwischen gibt’s sogar eine Art elektronischer Schatzsuche: Geocaching, wie das neudeutsche Wort heisst. Ich habe kürzlich in WDR 5 eine Sendung darüber gehört und dachte sofort: Da hast du einen guten Einstieg in deine Predigt.
Da gibt es also Leute, die verstecken irgendwo Dosen voller netter kleiner Dinge sowie
einem Notizbüchlein darin, dem Logbuch. Sie veröffentlichen das Versteck in Form von Koordinaten im Internet. (Inzwischen – so hörte ich staunend - gibt's über eine Million solcher Verstecke auf der ganzen Erde).
Die Schatzsucher lesen die Koordinaten und nutzen ihr GPS-Gerät (das ist ein Satelliten-Navigationsgerät) oder auch entsprechend ausgestattete handys, um diese Schätze zu finden. Dann wird eine Kleinigkeit aus dem Inhalt der Dose ausgetauscht, der Besuch geloggt (auf deutsch: eingetragen) und die Dose wieder an derselben Stelle versteckt - für den Nächsten...
Nun gibt’s natürlich die unterschiedlichsten Verstecke – ganz einfache, bei denen man praktisch mit dem Auto vorfahren kann, bis zu solchen, die man nur mit Bergsteiger- oder Taucherausrüstung erreichen kann oder auch Rätselcaches, die viel Knobelei erfordern.
Manche nutzen das Spiel einfach, um ihre Kinder und sich selber zu Ausflügen zu bewegen, andere als Spaß am Unterwegssein, am Austausch mit anderen – und alle, weil das eben äusserst reizvoll und spannend ist, solch eine Schatzsuche. Weil es offenbar eine Sehnsucht in unserm tiefsten Inneren anspricht. Die Sehnsucht, zu finden.
Das Leben, könnte man sagen, ist im Grunde eine einzige Schatzsuche. Wir sind ständig auf der Suche nach Sinn, Erfüllung, Glück, Freude, Spass...
Auch die Menschen, die am vergangenen Samstag in Duisburg zusammenströmten, suchten...nun ja, Spass. Und als ich von dem entsetzlichen Unglück hörte, mußte ich an eine Formulierung des Medienforschers Neil Postman denken : „Wir amüsieren uns zu Tode“. „Wir amüsieren uns zu Tode“. In Duisburg ist das auf eine furchtbare Weise wahr geworden. Wir bieten in unserer Spassgesellschaft Veranstaltungen an, immer größer , immer gigantischer, immer schriller, wir wollen möglichst viel Spass haben, der Spass wird zum Götzen, zum Abgott, dem die Massen huldigen und der seine Opfer fordert - und einige streichen dicke Profite ein, indem sie die Sucht der Menschen nach Spass und events ausnutzen.
In einer Tageszeitung stand vor einiger Zeit zu lesen: „Ohne Spaß würde die Weltwirtschaft zusammenbrechen, schon deshalb darf er nicht aufhören“ (zit. PHahne S.83). Der Journalist Peter Hahne scheint anderer Meinung zu sein. Er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Schluss mit Lustig – das Ende der Spassgesellschaft“. In der Tat: Die Spassgesellschaft scheint sich allmählich selbst zu zerstören, ein Ende mit Schrecken zu nehmen.
Aber wir Christen sollen das nicht einfach abwarten, sondern – in einer Gesellschaft, die offenbar zur Buße, zur Umkehr unfähig ist – eine bessere Lebensweise vorleben. Dazu lädt Jesus hier ein. Auch er lädt uns zu einer Schatzsuche ein: Der Schatzsuche nach
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dem Himmelreich. Und Jesus spart nicht mit Superlativen, er sagt: Die Suche danach ist die Suche nach dem Köstlichsten und Kostbarsten, was es für's menschliche Leben überhaupt gibt.
Hier auf der Erde, mitten im Leben ist es zu finden, das Himmelreich. Manchmal muss man lange nach ihm suchen. Es kann aber auch sein, dass man es ganz überraschend und unvermutet entdeckt. Es ist so schön, es macht das Leben so reich, dass man dafür das, was einem vorher wichtig und wertvoll war, gern und mit Freuden drangibt..
Nun, Jesus, sagen wir – da hast du uns gelockt wie ein cleverer Werbefachmann, wir sind
neu-gierig geworden, ein bißchen mißtrauisch auch, ob Du nicht nur große Worte
machst – erkläre uns:
(1) : Was ist das eigentlich für ein Reich, das Himmelreich? Und:
(2) : Wie kann man es finden? Und:
(3) : Wieso soll es so köstlich und kostbar sein, dass wir, wenn wir diesen Schatz haben, gern auf anderes verzichten, vieles Lockende nicht mehr brauchen, nicht mehr wollen!?
I
Das Himmelreich, so würde Jesus sagen – das ist ein Leben, in dem die Liebe Gottes regiert. Oder, würden wir sagen: Es ist ein Leben, in dem Jesus das Sagen hat, ein Leben und Miteinanderleben unter seiner Regierung, in seiner Nähe, im Hören auf ihn, im Beschenktwerden von ihm.
Und, ich denke, so gut wie alle von Euch werden dem aus Erfahrung zustimmen: Ein Leben, in dem die Liebe Gottes regiert, die Liebe Gottes, wie wir sie vermittelt durch Jesus erfahren - solch ein Leben ist in der Tat ausgezeichnet durch Tiefe, Fülle, Segen.
Und : Dankbarkeit, muss ich noch hinzufügen. Denn wir erkennen darüber : Leben ist nicht Leistung, ist nicht eigener Erfolg, nicht eigener Verdienst, sondern Geschenk. Geschenk und Gabe. Gnade.
Die Gnade, die Liebe Gottes des Schöpfers: Das ist im Tiefsten das, was wir durch das Erlösungswerk Jesu geschenkt bekommen. Immerhin sagte ein Moderator des Fernsehsenders „Phönix“ gestern: Zwei Sätze, die ich heute bei der Trauerfeier hörte, werden bleiben, werden mich begleiten: Gott ist Liebe. Und: Die Liebe ist stärker als der Tod. Beides Sätze aus der Bibel.
Das Himmelreich: Ein Leben, das regiert wird vom Vertrauen auf die Liebe Gottes, die er durch Jesus jedem Menschen unverdient schenkt.
II
Und nun zweitens: Wie ist es zu finden, zu entdecken, das Himmelreich? Da gibt Jesus eine doppelte Antwort. Der Ackermann entdeckt den Schatz völlig unerwartet und überraschend; er ist mit seiner alltäglichen Arbeit, mit Graben oder Pflügen beschäftigt – und dann stösst er ganz unvermutet auf den Schatz!
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Dagegen der andere, der Kaufmann, der sucht und sucht, der begnügt sich nicht mit
halben Sachen, dem ist das Beste gerade gut genug, der macht sich Mühe, der setzt was ein und der gibt nicht auf – bis er - endlich, endlich – die Perle – dieses einzig schöne Kleinod gefunden hat.
Beides gibt’s in unserm Leben.
Einem Blaise Pascal ist Gott in einer beseligenden Erfahrung einmal völlig unvermutet wunderbar begegnet; er hat's aufgeschrieben, hat von Feuer und Licht und vollkommener Freude geschrieben.
Aber, in kleiner Münze: Das ist bei jedem von Euch auch schon geschehen: Über irgendeinem Wort, vielleicht auch einer Predigt, einem Erlebnis, einer Begegnung mit einem Menschen, einer Bewahrung, einer Krankheit - da wurde uns überraschend und bltzartig etwas Herrliches über Gott klar, so dass wir mit uns im Frieden waren, von
Freude erfüllt wurden. Es sind seltene Geschehnisse, Augenblicke, von denen wir sagen: Verweile doch, du bist so schön, die aber eben nicht bleiben, die sozusagen ein Aufblitzen der Ewigkeit mitten in der Zeit sind - sie sind ein Vorschein ewigen Lebens, ewiger Lust und Freude.
Genauso sollen wir aber unsererseits es auch dem Kaufmann nachtun, der nicht aufhört, zu fragen und zu suchen. Nicht wahr, bei so vielen Dingen im Leben geben wir uns Mühe, setzen einiges dafür ein – warum sollte das beim Bemühen um den Glauben anders sein?! Warum sollten wir es uns nicht Mühe und Arbeit kosten lassen, Gott zu finden ? Warum sollten wir uns nicht unser Leben lang bemühen, das zu erfahren, was der Kolosserbrief sagt: In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis (Kol.2,3).
Was würde zu solcher Mühe gehören? Das Gebet: Das Dankgebet. Das Tischgebet. Die Klage; das Schreien zu Gott. Die Fürbitte – und da kann man sich darin üben, für solche Menschen zu beten, auf die sich der Zorn und die Empörung der Selbstgerechten richtet: Einen Menschen wie den Veranstalter der Liebesparade, und den Duisburger Oberbürgermeister und seine Familie.
Zur Suche nach der Perle mit Namen „Himmelreich“ gehört weiter das tägliche Bibellesen – nicht husch husch so drüberhin, sondern, wie man früher sagte, das Bibelstudium, das Forschen in der Schrift...Es scheint ja manchmal so, als würde die sog. Spasskultur auch dazu führen, dass man Gott nicht mehr ernst nimmt. Aber Gott ist auch der heilige und zornige Gott, vor den man nur in tiefer Demut und Ehrfurcht treten kann; der, von dem Paulus sagt: Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten, denn was der Mensch sät, dasd wird er ernten (Gal.6, 7). Er ist der, der laut Bibel wie ein verzehrendes Feuer ist und von dem es - wohlgemerkt - im Neuen Testament, im Hebräerbrief, heisst: Schrecklich ist 's , in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen... (Hebr. 10,31). Es scheint, als werde die Tiefe des menschlichen Lebens verschüttet durch all den elektronischen Ballast, als seien Worte wie Sünde und Gnade, Dankbarkeit und Ehrfurcht, Satan und Dämonen Fremdworte geworden. Da ist es gut, Askese zu üben, auf das Viele, das viel zu viele zu verzichten – um das Eine, das notwendig ist, zu gewinnen.
III
Darum als Drittes noch die Frage: Ja, wieso ist das Himmelreich denn so kostbar, dass
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wir gern auf all das verzichten, was uns vorher so wichtig und teuer war?
Die Antwort ist: Du wirst wirklich reich! Reich durch Gott, reich in Gott, du erfährst
höchstmögliche Freiheit; du weisst dich geliebt von Gott. Und wer all das erfährt, der kann in der Tat auf das allermeiste, was uns die Vergnügungsgesellschaft anbietet, verzichten. Er braucht den ganzen Krimskrams nicht mehr: Reisen nach Patagonien oder Kreuzfahrten zu den Malediven, oder sushi und was weiss ich, sondern eine Frikadelle oder ein Rollmops zum Beispiel kann ihm zum Hochgenuss werden.
Wir könnten einer Gesellschaft entgegengehen, in der die bescheidenen und doch so schönen Freuden der Armut wieder auftauchen.
Aber was rede ich – die Antwort, warum das Himmelreich so köstlich ist, die kann und soll
jeder von euch selbst finden - wenn er das tut, was ich in dieser Predigt gesagt habe.
So wie in jener Geschichte aus Afrika, die ein afrikanischer Missionar auf einer Tagung über missionarischen Gemeindeaufbau mal erzählte.
Ein Junge am Strand preist seine Ananas an: Hier! Wunderbare Ananas, garnicht teuer. Sehr wohlschmeckend! Er ruft und bittet, lockt und wirbt - keiner oder kaum einer kauft.
Da kommt ein lebenserfahrener Mann zu ihm: Du musst das anders machen. Schneid' mal eine Ananas auf und koste selber davon. Der Junge tut's, er schneidet die Ananas auf - köstlich goldgelb und in der Sonne glitzernd das Fruchtflesich und es trieft der Saft und er schiebt eine Scheibe in den Mund und er schmeckt das unvergleichliche Aroma und die Süsse und man sieht's seinem Gesicht an, wie das mundet - und da kommen die Leute und sagen: Ich möchte auch ...Und ich auch...
Und so, sagte der lebenserfahrene Mann, – so muss man das auch machen mit dem Evangelium. Selber die Süsse kosten. Das Weitere ergibt sich wie von selbst.
Amen