Gottesdienst am  1. Sonntag  nach Epiphanias,   9.1. 2011, Rhodos

 

Lieder:

Du höchstes Licht...441

O lieber Herre Jesu Christ...68 (als Credo)

Du Morgenstern...74

Du höchstes Licht...441, 7+8

 

Psalm 27 (Nr. 714)

 

Sündenbekenntnis:

 

Lieber Vater  im Himmel, ohne dich ist es dunkel in unseren Herzen, ohne dich machen wir leicht einen düsteren Eindruck. Auch in der vergangenen Woche gab es Augenblicke, wo uns alles dunkel erschien: Wir waren verzagt, wir waren böse auf einen Menschen, Mißtrauen schlich sich ein in unsere Gedanken und Zweifel daran, dass du unser Leben kennst und lenkst und dass du uns  liebst. Wie gut, dass wir die Worte und Geschichten der Heiligen Schrift haben, die uns zurückrufen in die Wahrheit und uns zum Vertrauen helfen. Verzeih, dass wir uns ihnen so selten zuwenden, weil uns Anderes wichtiger ist. Nun schenke uns auch in diesem Gottesdienst neue Freude an dir und deinem  Wort und gibt, dass dies eine Stunde des Lichtes werde, in  der unsere Herzen hell werden und wir die Welt mit neuen Augen sehen. Herre Gott, erbarme dich

 

Gnadenzusage:

 

So heisst es im Kolosserbrief im 1. Kapitel:

 

G hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes , in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden. Lasst uns sein Lob singen

 

Schriftlesung: 1. Korinther 1, 26 - 31

Hallelujaruf: Das Verachtete vor der Welt hat Gott  erwählt!Halleluja!

 

 

Predigt zu Matth. 4, 12-17

 

Liebe Gemeinde!

 

Beginnen wir mit einer Zeitreise,wie es sie in science fiction Romanen gibt,  einer Reise in die Vergangenheit. Erste Station, an der  wir aus der Zeitmaschine aussteigen: das Jahr 733 vor Christi Geburt.Ort: Das Land Israel.   Assyrische Truppen fallen ins nördliche Israel ein. Sie unterjochen die Gebiete um den See Genezareth, in denen die Stämme Naphtali und Sebulon wohnen. Das Leben für die unterdrückten, ausgeplünderten Menschen wird düster und finster. Der Prophet Jesaja sagt ihnen in dieser Situation – und seine Worte sind in Jesaja 8 und 9 überliefert: Hin zur Weisung und Offenbarung! Gottes Wort allein ist ein Lichtblick in eurer düsteren Lage.

 

Und er fährt fort:

 

Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind. Hat Gott in Schmach gebracht das Land Sebulon und  das Land Naphtali, so wird er hernach einmal auch wieder zu

2

 

Ehren bringen das Land jenseits des Jordans, das Galiläa der Heiden.

 

Und dann die Worte, die wir auch dieses Jahr wieder zu Weihnachten hörten:   

 

„Das Volk, das im Finstern wandert, sieht ein großes Licht, und  über denen, die im Lande des Dunkels wohnen, scheint es hell...Denn uns  ist ein Kind geboren, ein  Sohn ist uns  

gegeben und  die Herrschaft ruht auf seiner Schulter...“  

 

II

 

2. Station unserer Zeitreise: Über 8 Jahrhunderte später. Es ist um das Jahr 90 nach Christi Geburt.

 

Der Judenchrist Matthäus brütet über seinem „Buch von der Geschichte Jesu Christi“, wie er selbst das Matthäusevangelium nennt (Mt. 1,1). . Er hat nach viel Forschen und  wohl  jahrelangem Nachdenken, nach viel Lesen in den heiligen Schriften, besonders der Propheten, und vor allem: erleuchtet vom heiligen Geist, begonnen zu schreiben, hat Jesu Stammbaum genannt, hat von seiner Geburt erzählt und vom Besuch der Weisen aus dem Morgenland, von der Flucht und dem Asyl der heiligen Familie in Ägypten, er hat von Johannes dem Täufer erzählt und seiner Gefangennahme durch Herodes – und dann fährt er fort - und  dies ist der Predigttext für heute: Mt 4, 12-17.

 

Als nun Jesus hörte, dass Johannes gefangengesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück.

Und er verliess Nazareth, kam und  wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet   von Sebulon und Naphtali,

damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht:

das Land Sebulon und das Land Naphtali, dass Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa,

das Volk, das in Finsternis sass, hat ein großes Licht gesehen

und denen, die sassen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.

Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!  

 

 

Matthäus sagt uns in diesen Worten: Was Jesaja vor 800 Jahren sah und ankündigte, ist nun erfüllt. Gott hatte die Gebiete westlich des Sees Genezareth, wo die Stämme Naphtali und Sebulon wohnten, in Schmach gebracht, hatte zugelassen, dass sie ausgeplündert und unterdrückt wurden. Aber nun – nun hat  er eben diese Gebiete zu hohen Ehren gebracht. Wodurch? Dadurch, dass Jesus hier sein Wirken begann. Ein  großes Licht ist über diesen Gebieten erschienen – das Licht, das den Namen Jesus trägt.

 

III

 

Dritte Station: Unsere Gegenwart.  Ort: Hier unser ökumenisches Gemeindezentrum auf  Rhodos - wir hier, denen diese Worte des Matthäus heute gesagt werden. Was hören wir in ihnen?

 

Drei  Dinge möchte ich nennen:

3

 

 

1.Matthäus weiss und sagt es uns: Gott hat seine Zeiten!  Was Jesaja ankündigte,das

hat Gott erst 750 Jahre später erfüllt und in Kraft gesetzt.

 

Gott hat seine Zeiten in der Weltgeschichte und in unserm persönlichen Leben.

 

Für uns  folgt daraus eine Haltung der Geduld, der Erwartung, der Gelassenheit.

 

Auch die 2000 Jahre seit Christi Geburt sind vor Gott und  für ihn  keine lange Zeit. Ich denke oft: Wie radikal und alles verändernd, auch alle Lebenswerte und  Rangordnungen verändernd der christliche Glaube ist, das hat die Menschheit noch nicht im Entferntesten verstanden, geschweige denn sie richtet sich danach – und wir selber ja auch oft nicht.  

 

Dass allein die Liebe Jesu Christi alles regieren und das erste und letzte Wort in unserm Leben,in  der Völkerwelt und der Geschichte des Universums haben soll - wie unerhört ist das, wie schwer zu leben. Wer weiss, vielleicht ist die große Zeit des Christentums erst noch im  Kommen?!

 

Gott hat Seine Zeiten. Gelassenheit und Erwartung folgt daraus für uns. Ich vergesse nie: Wir waren – Ende der sechziger Jahre - mit einer Gruppe von Theologen zu Besuch in der Sowjetunion, im damals noch so genannten Leningrad, heute wieder St. Petersburg. Ein Bischof der russisch-orthodoxen Kirche  begrüsste uns. Ich sagte im Gespräch  dem Sinn nach: Hat die Kirche hier sich in der Vergangenheit nicht viel zu wenig um soziale Gerechtigkeit für die Menschen hier gekümmert? Und ist sie jetzt darum nicht in die Bedeutungslosigkeit  geraten? . Da sagte der Bischof, ein wenig nachsichtig lächelnd: Die Weltanschauungen kommen und gehen. Die Kirche bleibt. Wir überwintern zur Zeit. Es werden wieder andere Zeiten kommen. - Er hat Recht behalten.

 

Die Kirche bleibt, wobei sie natürlich ständige Erneuerung braucht, Zustrom des Heiligen Geistes,   – sie bleibt bis ans Ende der Welt, bis ans Ende der Tage. Daraus folgt Gelassenheit, Erwartung – und das gilt auch für das persönliche Leben. Auch für Dich und  Deine Sorgen gilt, was Paul Gerhardt dichtet: Erwarte nur die Zeit, so wirst du schon  erblicken die Sonn'  der schönsten Freud. Oder, wie der Volksmund sagt: Immer wenn du meinst,es geht nicht mehr, kommt von  irgendwo ein Lichtlein  her. Solche Sprüche,die wir leicht belächeln,sind doch einfach - wahr!

 

Es kann manchmal lange dauern – aber bleib' nur erwartungsvoll. Gott wird erfüllen,was er versprochen hat:  Er wird dein Gebet für Deine Familie, für die Ehe der Kinder oder was auch immer erhören – zu Seiner Zeit.

 

2. Gottes Licht leuchtet da auf, wo Menschen es überhaupt nicht erwartet haben. Es leuchtet weder in der damaligen Welthauptstadt Rom noch in Israels Hauptstadt Jerusalem auf (da erst später, an einem Kreuz), sondern jott-we-de, wie die Berliner sagen, janz weit draussen, in diesen entlegenen Gebieten Naphtali und  Sebulon, im  „Galiläa der Heiden“, wie man diesen Landstrich auch nannte, weil da die nach Pharisäermassstäben eher unfrommen Menschen  wohnten. Es bleibt dabei: Gott hat eine Vorliebe für das eher Unscheinbare, Jesus kommt am liebsten zu denen, die wir für eher unwürdig halten und die wir übersehen.

 

 

4

 

So wie es in einer alten jüdischen Legende erzählt wird: Ein Schüler kommt zu seinem Rabbi und fragt: Es wird erzählt, früher hätten Menschen Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, warum geschieht das heute nicht mehr? Darauf der Rabbi: Weil sich heute

niemand mehr so tief bücken will.

 

Wir sollen Gott also nicht „oben“, sondern eher „unten“ finden. Dort, dort unten, und am Rande, da leuchtet,wie Matthäus schreibt, „ein großes Licht“ auf. Die Worte und Taten Jesu, dieses schlichten Wanderpredigers, die  nennt Matthäus ein „großes Licht“. Entsprechend können auch unscheinbare Begebenheiten in unserm Leben „ein großes Licht“ werden. Und irgendein unscheinbares Tun oder Wort von uns kann zu einem „großen Licht“ werden.

 

Der 3. Punkt: Jesus sagt: Tut Buße, kehrt um, oder – wie wir's eben in der schönen holländischen Übersetzung hörten - : Beginnt ein neues Leben -  denn mit  mir ist  das Himmelreich nahe herbeigekommen. In diesem Satz ist die ganze Wirksamkeit Jesu in Wort, Tat und Leiden zusammengefasst.

 

Jesus sagt nicht: Mit mir ist das Reich Gottes,also die Herrschaft,die Regierung Gottes über alle Lebensbereiche da, sondern: nah! Noch ist es nicht so, dass durch Jesus alle Menschen ganz zu Gott zurückkehren, ganz und  gar seinem Willen entsprechend leben, noch ist nicht alles taghell, sondern im Dunkel des Lebens scheint nun das Licht Gottes, wenn wir uns ihm zuwenden.

 

Es ist so wie in dieser Geschichte, die aus den Philippinen stammt:

 

Ein  König hatte zwei Söhne. Als er alt wurde, überlegte er, welcher von  den beiden soll mein Nachfolger sein?

 

Er will sie prüfen, gibt jedem 5 Silberstücke und sagt: Für dieses Geld sollt ihr bis zum Abend die große Halle in unserm Palast füllen – wie, das könnt ihr selbst entscheiden.

 

Der eine Sohn  macht sich auf und kommt an einem Feld vorbei, auf  dem Arbeiter Zuckerrohr ernten. Das ausgepresste Stroh liegt herum. Das eignet sich doch gut, denkt er, gibt den Arbeitern das Geld und sie schaffen es bis zum Abend in die Halle. Triumphierend geht er zum Vater: Die Aufgabe ist erfüllt. Auf meinen  Bruder brauchst du nicht mehr zu warten.

 

Der jüngere Sohn tut gar nichts. Spätabends erst bittet er, das Stroh aus der Halle zu schaffen. Dann stellt er mitten in die dunkle Halle eine Kerze und entzündet sie. Ihr Schein erfüllt die Halle bis in die dunkelsten Winkel hinein. Der Vater sagt: Du sollst mein Nachfolger sein. Dein Bruder hat fünf Silberstücke gebraucht, um die Halle mit nutzlosem Zeug anzufüllen. Du hast nicht mal eines gebraucht und hast sie mit Licht erfüllt – mit dem, was die Menschen am nötigsten brauchen.

 

Wir merken schon: Diese Erzählung ist ein Gleichnis, sie sagt uns: So ist das Licht Gottes in unserer Welt, so leuchtet Jesus im Dunkel des Lebens. Und sie sagt uns: Lass das sein, dein Leben, deine Wohnung mit allem möglichen  unnützen Zeug auszufüllen. Weniger Ballast! Stattdessen tu das, was sinnvoll ist: Wende dich Jesus,dem Licht der Welt zu.Und sie sagt uns auch: Zünde du selber ein Licht an,wo die Finsternis regiert. Mach das Leben von Menschen ein wenig hell, dann wird es hell in dir selber. Amen