Predigt Matth 2, 1-12    2. Januar 2011 Rhodos

 

Liebe Gemeinde,

Sternenklare Nacht! Je dunkler die Nacht, desto leuchtender der Sternenhimmel. Wir

schauen nach oben (obwohl das ja eigentlich gar kein „oben“ ist) und tun einen Blick in die Unendlichkeit der Schöpfung, in die Unfassbarkeit des Sternenhimmels.

 

Sterne haben die Menschen schon  immer fasziniert. Seit Jahrtausenden wurde der gestirnte Himmel beobachtet; bei den Mayas, und - wie man weiss, bis ins 3. vorchristliche Jahrtausend zurückgehend -  in  der sumerisch-babylonischen  Kultur.Und uralt ist der Glaube, dass Sterne schicksalhafte Bedeutung für uns Menschen haben. Dass bestimmte Ereignisse unter einem guten oder auch keinem guten Sterne stehen.

 

Die Sterne sind ja auch in unsern Sprachgebrauch eingegangen: Eine Zeitschrift nennt sich so, und wer ein bestimmtes Auto fährt, hat einen guten Stern auf allen Strassen.

 

Hotels haben je nach Güteklasse 3, 4 oder gar 5 Sterne, und für Gourmet - Restaurants gibt’s den Michelinstern.

 

Da sind die Sternenbanner der USA und  der EU mit den 12 Sternen  (übrigens ein Mariensymbol nach Offb. 12), da ist auch der Davidsstern Israels, der in  der Zeit des Nationalsozialismus zum Unstern, zum Todeszeichen wurde für die,die ihn tragen mussten.

 

Und: Es gibt Sternstunden im Leben  – besondere Ereignisse oder Augenblicke, in  denen ein Ziel erreicht, ein Wunsch erfüllt wird, uns etwas Besonderes geglückt ist  

 

Der jüdische Dichter Stefan Zweig hat ein Buch geschrieben:  Sternstunden der Menschheit, darin erzählt er von besonderen weltbewegenden Ereignissen, wobei das beileibe nicht immer besonders glückliche oder schöne Ereignisse sind – aber eben weltverändernde: Napoleons Waterloo, die Komposition des Messias von Händel oder die Nacht, in  der Marseillaise entstand, die Hymne der französischen Revolution, aber auch die Eroberung von Konstantinopel 1354 beschreibt Stefan Zweig dramatisch , oder  Lenins Eisenbahnfahrt im plombierten Waggon aus der Schweiz nach Russland..

 

Wo ist der neugeborene König der Juden? So fragen die sternkundigen Weisen aus dem Osten die Menschen in Jerusalem. Wir haben seinen Stern gesehen. Sie haben ihn am Himmel aufgehen sehen, er hat sie in Bewegung gesetzt, sie folgen ihm

 

Der Stern ist also auch ein Sehnsuchtszeichen. Er leitet die Gottsuchenden auf ihrer Lebensreise. Die Weisen sind aufgebrochen,weil sie einen Stern gesehen haben. Keinen gewöhnlichen, sondern einen, der sie zur Sternstunde ihres Lebens führt.

 

Auf ihrer Suche kommen  sie zuerst einmal nach Jerusalem. Aber das ist  nur eine Zwischenstation,wie sich herausstellt. Denn in der Hauptstadt, vor allem im Königspalast, bewirkt die Nachfrage nach einem neugeborenen König keine Freude, sondern eher Missbehagen. Ein  neuer König, das könnte Bedrohung der Macht bedeuten. Die Bedrohung muss ausgeschaltet werden. Macht gibt man nicht freiwillig her. Jedenfalls der  Mensch im allgemeinen nicht. Nur Gott, nur Christus hat das getan, wie Paulus das in seinem Christushymnus beschreibt:  Er entäusserte sich selbst und ward den Menschen gleich....Er erniedrigte sich selbst – und das fängt mit seiner Geburt im Stall an...

 

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Nicht im Zentrum der Macht ist er also zu finden, nicht in einem Herrscherpalast, sondern

in einem Kaff, sozusagen in Hintertupfingen, am Rand der Welt, in der Provinz kommt er zur Welt, im Unscheinbaren leuchtet er auf. .

 

Die  Weisen sehen, wie der Stern über der Hütte in Bethlehem stehen bleibt, und sie finden Ihn. Und dann freuen sie sich unbändig. Im griechischen  Urtext steht hier: idontes de ton astera  echaräsan charan megalän sphodra. Also etwa: Sie freuten sich mit einer unbändigen Riesenfreude. Sie fallen vor ihm auf die Knie und beten ihn an und  wissen, dass sie am Ziel ihrer Reise angekommen sind. Und sie tun ihre Schätze auf:

 

Gold – das Geschenk für einen König - und sie  sagen damit: Er ist es,  dieses Kind, dieser Wanderprediger: Er ist König der Könige und Herr aller Herren. Der, dessen Wort göttliche Macht hat; der, der das letzte Wort hat und sprechen wird.  

 

Und Weihrauch, das Geschenk für den Priester - und  sie sagen  damit: Er ist der einzig wahre Priester, Mittler zwischen  Gott und Menschen.

 

Und Myrrhe: das Heilmittel, das Geschenk  für den Arzt -  und sie  sagen damit: Er ist der Arzt, der Heiland, er ist der, der Heil und Leben mit sich bringt und heilen kann.

 

Matthäus will uns hier mit seiner Erzählung sagen: Wir alle sind  solche Sternkundigen, sind Gottsucher, unterwegs auf der Lebensreise, suchend, hoffend. Und wenn du klug und weise bist, dann – so sagt Matthäus uns – wirst du ihn hier finden, deinen guten Stern auf allen Strassen. In dem Kind und Mann Jesus,sagt Matthäus uns, ist die Gottsuche von uns Menschen,die Suche nach Sinn ,Glück,Lebenserfüllung ans Ziel gelangt. Hier finden  wir den Herrn unseres Lebens, der - anders als alle irdischen Herren und  Könige - , nicht uns für sich benutzt und ausnutzen will, sondern sich für uns  hingibt.

 

Und sie gingen  auf einem anderen Weg zurück.

 

Wer ihn gefunden hat, den führt sein Weg nicht zurück nach Jerusalem,  sondern in die Nachfolge Jesu, zu den Menschen,für die Jesus  da war. Ein Beispiel sind die Sternsinger, die zZ in Deutschland singen und für  Menschen in  Not sammeln.

 

Das sind die wahren Sternstunden auch in unserm Leben: In den Gesichtern derer, die es in vielfältiger Weise schwer haben im  Leben, das Antlitz Gottes erkennen und so zu ihnen sein, dass ihre Gesichter hell werden und ihre Augen leuchten und strahlen können wie die Sterne. Amen