Gottesdienst am Sonntag Kantate, 24. April 2005

 

Lieder:

 

Kommt herbei, singt dem Herrn...577, 1 – 3

Du hast vereint in allen Zonen...609

Jesus hat seine Herrschaft bestellt...610

Die beste Zeit im Jahr ist mein...319

 

Psalm 8

Lesung: Kolosser 3, 12 - 17

 

Predigt über Matthäus 21, 12 – 17

 

Liebe Gemeinde!

 

Welchen Sinn, welche Bedeutung, welchen Wert hat die Kirche für die Welt? Konkreter gefragt: Welchen Sinn, welche Bedeutung, welchen Wert hat der christliche Gottesdienst für uns Menschen? Richten wir diese Frage einmal an den Herrn der Kirche und der Welt, an den, der zugleich der schärfste Kritiker der Kirche und  des Gottesdienstes ist. Richten wir diese Frage an Jesus. Ich lese dazu den zum heutigen Sonntag Kantate vorgeschlagenen Predigttext: Matthäus 21, 12 – 17:

 

                                                                       I

 

Jesus geht auf den Tempelplatz. Und hier kommt es zu drei völlig verschiedenen Begegnungen mit Menschen.

 

Die erste Begegnung ist geradezu ein Zusammenstoß. Dort im Tempelvorhof haben  Geldwechsler und Händler ihre Buden und Tische aufgestellt. Diese Lreute waren sehr nötig. Schon zu Jesu Zeiten wohnte ja der größte Teil des jüdischen Volkes im  Ausland. Aber ihre Hauot- und Heimatstadt, ihre über alles geliebte und von der Ferne aus ersehnte Vaterstadt blieb Jerusalem mit dem herrlichen Tempel im Zentrum. Und wann immer Juden nach Jerusalem reisten und pilgerten – etwa zum alljährlichen  Passafest – mußten sie natürlich ihre ausländischen Währungen umtauschen für die Tempelsteuer und  für den Verkauf der Opferlämmer und

-tauben. Die Frage war nur: Mußte dieser ganze Trubel auf dem Tempelplatz stattfinden?

 

Jesus treibt sie von da weg, er stößt in  heiligem Zorn die Tische der Geldwechseler und Taubenhändler um. Und er sagt auch, warum: Ihr macht eure Geschäfte mit der Religion! Ihr betrügt die Menschen mit zu hohen Preisen! Das Ganze hier ist geradezu eine Räuberhöhle, wo es roh und  laut und betrügerisch zugeht. Aber steht nicht im Prophetenbuch Jesaja, daß Gott selbst verfügt hat: „Mein Haus soll ein Bethaus heißen!“ ?

 

Und  damit haben wir eine erste klare Antwort Jesu auf die Frage nach dem Sinn unserer Kirche und des Gottesdienstes: der Gottesdienst ist ein Ort des Gebetes. Der Mensch braucht einen Ort der Anbetung, einen Ort der inneren Sammlung, der Stille, des Gesprächs mit dem heiligen Gott.

 

Zugleich nennt Jesus hier auch den gefährlichsten Feind der Kirche: Die Geschäftemacherei, das Benutzen und  Ausnutzen der religiösen Gefühle der Menschen für eigene Interessen.  Mit unerhörter Schärfe hat Jesus ja mehrfach die verführerisch-zerstörende, die dämonische Macht entlarvt, die dem Geld innewohnen kann. Jeder hat Geld gern. Warum auch nicht? Man kann sich und anderen viel  Freude damit machen. Aber es hat die Tendenz, uns zu beherrschen und uns  ganz beanspruchen zu wollen, und  dann werden wir habgierig oder geizig, wollen immer mehr. Und zunehmend hören wir davon, daß auch Menschen  in hochrangigen Stellen käuflich werden. Es verspricht auf trügerische Weise Glück und  Sicherheit –aber, wenn trotz allen Reichtums Leiden und Tod, menschliche Enttäuschungen und  Vereinsamungen kommen – was wird dann der Halt unseres Lebens sein?Jesus weiß und sagt: Festen Grund und  Halt gibt uns vor allem das Gebet, über dem wir erfahren, wie Gott uns trägt, durch das wir Geborgenheit empfangen und  innerlich frei werden, frei auch von  unnützen Sorgen und dem Hängen am Geld.

 

Übrigens: Diese Szene hier auf dem Tempelplatz muß damals einen ungeheuren Eindruck gemacht haben: Alle vier Evangelien überliefern sie. Auch in  der Kirchengeschichte hatte sie immer wieder große Bedeutung: Denken wir an die Reformation und Luthers scharfe Kritik am Ablaßhandel.Jesus schärft uns ein: Haltet euch möglichst frei von  Bindungen oder gar Abhängigkeiten an kommerzielle oder wirtschaftliche Interessen, die Finanzen  dürfen nie das entscheidende Thema in der Kirche werden, sondern das Geld soll dem Glauben und  der Förderung von  Hilfe und Gerechtigkeit und der Ehre Gottes, etwa durch die Musik im Gottesdienst, dienen. Und  gerade die gottesdienstliche Kollekte erinnert uns immer wieder daran: Das Beste am Geld ist, wenn es zur Hilfe und Freude für Menschen und zugleich damit zum Segen für einen  selbst ausgegeben wird.    

 

                                                                       II

 

Die zweite Begegnung im Tempel: Sie ist weit weniger bekannt, aber mindestens ebenso wichtig. Die Juden waren damals überaus stolz auf ihren Tempel. Überall wurden greuliche Götzen  angebetet. Aber hier in Jerusalem, hier war die Wohnung des wahren Gottes, hier war der heilige Gott gegenwärtig, hier durfte man ihn anbeten und  in  Ehrfurcht vor ihn treten.  Hier wurden, wie Psalm 27 sagt, die „schönen Gottesdienste des Herrn“ gefeiert. Ganz klar, daß man vom Heiligtum, diesem prachtvollen Bauwerk, alles Häßliche und Gemeine fernhalten mußte. Auch Krüppeln, Blinden, Lahmen – deren Leiden im  Volksglauben als Strafe für eine Sünde galt – war der Zutritt zum Tempel verwehrt.

 

Und nun kommen solche behinderten Menschen in Jesu Nähe – und er heilt sie.

Und zeigt damit: Auch sie sollen vollen Zugang zum Tempel, sollen volle ungehinderte Gemeinschaft mit Gott und  Menschen haben. Sie sind – auch wenn sie körperlich behindert bleiben – in Gottes Augen heil, ja ihm heilig! Und  damit ist eine zweite Antwort auf die Frage nach dem Sinn  des Gottesdienstes gegeben: Hier sollen alle volle Gemeinschaft mit Gott und miteinander haben, hier wird niemand diskriminiert oder ausgeschlossen oder auch abschätzig betrachtet, hier darf niemand, der zu Jesus dem Heiland kommen will, von der Mahlgemeinschaft mit Ihm ausgeschlossen werdenb. Und  von der Heilsbotschaft,die wir im Gottesdienst hören und  empfangen, sollen heilende Kräfte hineinströmen ins Alltagsleben., und  darum ist der wichtigste Auftrag der Kirche und jedes Christen neben dem Gebet und  der Verkündigung des Evangeliums die Diakonie, das helfende dun heilende Tun und 

der Kampf gegen jede Art von  Diskiminierung. Denn Jesus sagt ja: „Was ihr einem der geringsten meiner Schwestern und  Brüder angetan habt, das habt ihr mir angetan“ (Matth. 25, 40).

 

                                                                       III

 

Und nun die dritte Begegnung im  Tempel: die merk-würdigste: Kinder stürmen in den Tempel. Weiß der Kuckuck, wo sie mit einemmal hergekommen sind. Aber wo etwas Besonderes los ist, da sind überall auf der Welt auch sofort in  Scharen Kinder da (außer in Gesellschaften, die nicht kinder-reich sind).

 

Sie tanzen um Jesus herum und schreien und juchzen. Sie singen laut Matthäus auch: Hosianna dem Sohne Davids, also den Lobruf, mit dem der sehnlich erwartete Messias begrüßt werden sollte. Es ist so, als würde eine Meute von  Kindern jetzt juchzend und singend hier in die Kirche hereinstürmen.

 

Die Priester und  Schriftgelehrten sind außer sich vor Entrüstung über diese Entweihung des Heiligen, diese Störung der Würde der Gottesdienststätte. Sie wollen, daß Jesus ihre Entrüstung teilt und die Kinder zurechtweist oder wenigstens zur Ruhe ermahnt. Aber er  antwortet mit einem Bibelzitat, dem Vers aus Psalm 8: Aus dem Mund der Unmündigen und  Säuglinge hat Gott sich ein Lob zubereitet“.

 

Man kann lange über den tiefen und umfassenden Sinn dieses Worte nachdenken.

 

Neben so manchem anderen könnte er auch bedeuten, daß auch Spontaneität, überströmende Begeisterung, helle kindliche Freude Raum haben sollen im  Gottesdienst!

 

Und damit ist als dritte Antwort Jesu klar: Der Gotesdienst ist ein Ort, wo wir Gott aus vollem Herzen und mit allen Sinnen loben, wo wir ihm zur Ehre und einander zur Freude musizieren und singen, wo eben nicht alles streng liturgisch geordnet sein muß, sondern  auch viel Spontaneität Raum hat...Es ist schon so, die Lebendigkeit einer Gemeinde erkennt man auch daran, ob Menschen  in ihr aus vollem Herzen Gott loben und singen.

 

 

Unser Text hat einen sehr ernten Schluß: „und er,ließ sie stehen und ging zru Stadtz hoinaus...“

 

Das kann also passieren. Jesus läßt die vermeintlich Frommen und  Würdigen stehen und  geht weg von ihnen. Das kann schon sein,daß er weggeht von uns. Wir würden dann  noch unseren kicrhlichen Betrieb weitermachen. Aber wir hätten keine Bedeutung., keinen Wert mehr für die Welt, für die Menschen  um uns.

 

Ob Kirche einen wert hat für die Welt, ob der Gotesdienst eienn Sinn hat für menschen: das hängt also einzig und allein davon ab, ob  Er als der Lebendige gegenwärtig ist, anders gesagt: Ob in ihm der Heilige Geist weht und wirkt. Ob wir auf ihn hören, ihm folgen. Ob wir ihm  mehr gehorchen  als Menschen .

 

Salso: Ob wir von  ihm beten lernen und  im Gebet Halt und Geborgenheit finden und  dadurch – unter anderem - auch frei werden von der Macht des Geldes. .

 

Ob wir über dem Hören auf sein  Wort innerlich heil und  froh werden und uns einsetzen für benachteiligte Menschen.

 

Und  schließlich: Ob wir von Herzen und mit Freude Gott loben und ihm in Musik und Gesang die Ehre geben.

 

Der Gottesdienst als Zeremonie oder als show – der hat keinen Wert. Entscheidend ist, ob Jesus Christus als der Lebendige da ist und  wirkt.

 

Darum: der Friede Gottes...