Konfirmationspredigt am Sonntag Jubilate, 11. Mai 2003 über Matthäus 7, 13f.

 

(Lesung: Die Seligpreisungen Jesu,  Matthäus 5, 3 – 10)

 

Geht durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zum Verderben führt, und viele sind es, die auf ihm gehen.

Aber die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden.

 

Liebe Mädchen und Jungen,

 

gefällt Euch dieser Text zu Eurer Konfirmation? Ich habe ihn ganz bewußt für Euch ausgewählt.

 

Beim ersten Hören klingt er vielleicht gar nicht so verlockend.

 

Wer will schon zu den Wenigen gehören, zur Minderheit. Stattdessen will man doch lieber „in“ sein, beliebt, anerkannt, vielleicht ein bißchen bewundert von den Anderen.

Und wer geht schon gern auf einem schmalen, unbequemen, vielleicht riskanten Weg,  etwa in einem Hochgebirge? Eher nimmt man doch einen breiten, ausgetretenen, bequemen Weg.

 

Aber: Ob das, was die meisten denken und tun, schon immer das Richtige ist? Und ob das, was auf den ersten Blick verlockend und angenehm erscheint, immer auch schon das Beste fürs Leben ist?

 

Wahrscheinlich kennt ihr Beispiele dafür, daß wirklich Großes und Bewundernswertes oft gerade von Einzelnen, von Außenseitern geleistet worden ist, von Menschen, die man zuerst auslachte oder anfeindete.

 

Und ihr wißt vielleicht auch: Manchmal stellt sich gerade das, was schwierig war, was Mut erforderte und viel Mühe kostete, als besonders gut und lohnend heraus. Und man denkt im Rückblick: Gut, daß du das durchgehalten und geschafft hast!

 

Jesus sagt hier: Es gibt einen Weg, der ins Leben führt, in erfülltes, abwechslungsreiches, spannendes, sinnvolles Leben. Er sagt es, wie fast immer bei ihm, anschaulich, in einem einprägsamen Bild:

 

Da ist ein sehr weites Tor und dahinter ein breit ausgetretener Weg, weil Menschen seit eh und je auf ihm gegangen sind.

 

Und da ist ein schmaler Eingang, so eng, daß man nur einzeln da durch kann. Und  der Weg dahinter, der ist wie ein Pfad in einer Gebirgslandschaft: Hoch in der Ferne vor sich sieht man das Gipfelkreuz. Aber den Weg dorthin, den muß man selber finden. (Gerade so wie in dem Film „Gran Paradiso“, den wir einmal auf einer Freizeit sahen).

 

Ich denke mir, über dem breiten Tor könnte groß das Wort „ICH“ stehen.  Was nützt mir am meisten? Wie werde ich reich und erfolgreich? Wie hole ich für mich am meisten aus dem Leben heraus?

 

 

2

 

Jesus sagt: Auf diesem egoistischen Weg, den wir Menschen von Natur aus gehen, verdirbt unser Leben.

 

Über dem engen, schmalen Eingang dagegen könnte das Wort „JESUS“ stehen. Und auch wenn der Weg dahinter unwegsam ist, ein paar Hinweisschilder sind auf ihm doch zu finden, Worte Jesu, etwa die sog. Ich-Bin-Worte Jesu: Ich bin der gute Hirte! Ich bin das Licht der Welt! Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben! Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!

 

Oder Eure Konfirmationssprüche, über deren Wahl ich so gestaunt und mich gefreut habe und die so gut zu diesem Wort Jesu passen: Ihr seid teuer erkauft. Werdet nicht der Menschen Knechte! (1.Kor.7,23). Oder: Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt! (Markus 9, 23). Oder: Was nützt es dem Menschen,wenn er die ganze Welt gewinnt und doch Schaden an seiner Seele nimmt? (Lk. 9,25). Oder: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein! (Apg. 1,8).    

Jeder kann seinen Konfirmationsspruch als klares Leitwort nehmen!

 

Wie das Leben auf diesem schmalen Weg sich dann gestaltet, das sagt Jesus uns am eindrucksvollsten  in den Seligpreisungen:

 

Wir werden dann zu den geistlich Armen gehören, zu den Menschen, die nicht meinen, sie „hätten“ Glauben oder „kennten“ Gott, sondern die wissen, wie angewiesen sie sind darauf, daß er uns etwas von ihm mitteilt.

 

Wir werden zu den Leidtragenden gehören, die oft sehr traurig sind über soviel Leid und Tod im Leben und die doch von guten biblischen Worten getröstet werden.

 

Wir werden zu den Sanftmütigen gehören, also nicht zu denen, die

aggressiv sind, weder im Umgang mit Andern noch mit der Natur noch gegen sich selbst, sondern die behutsam, zärtlich, einfühlsam sind.

 

Wir werden zu den Barmherzigen gehören, also nicht zu den Knallharten und sich cool Gebenden, sondern zu denen, die zu echtem Mitgefühl mit anderen fähig sind und mit ihnen weinen können.

 

Wir werden zu denen gehören, die ein reines Herz haben, ein reines Gewissen, weil

die Liebe Gottes ihrem Leben Klarheit schafft.

 

Wir werden zu den Friedensstiftern gehören, zu Menschen, die sich unermüdlich dafür einsetzen, daß Gerechtigkeit und Versöhnung unter den Völkern aufblühen.

 

 

Es wird auf diesem Weg oft geschehen, daß Ihr zur Minderheit gehört oder Außenseiter seid. Aber Kennzeichen eines Christen ist es zu sagen: Und wenn alle das tun oder so denken – ich nicht! Oder: Wenn niemand das jetzt zu sagen wagt: Ich doch! Folgt nie dem Druck der Mehrheit. Tut und sagt das, was Ihr für notwendig haltet.

 

 

3

 

 

Das ist dann schon etwas Seltenes und Kostbares. Denn das scheint mir  rapide zuzunehmen, daß alle das Gleiche denken und reden.

 

 

Einer der Christen, die für mich Vorbilder sind, Martin Niemöller, sagte als über 90jähriger in einem Interview: Eine Leitfrage hat mich mein Leben lang begleitet: Was würde Jesus dazu sagen?

 

Eine radikale Frage. Oft schwer zu beantworten. Man muß sich dazu immer aufs neue mit Jesus und seinen Worten beschäftigen, ihn, diesen in unserer Welt Fremden, immer aufs neue kennenlernen und liebgewinnen. Dann bekommt man keine Patentrezepte, wohl aber ein von der Kraft und dem Geist Jesu erfülltes Leben – und ich jedenfalls kenne keine bessere Art, das Leben zu gestalten. Amen.   

 

 




Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.