Neujahrsgottesdienst 1999

Alles, was ihr tut...Dieses Wort weist auf die eigentliche, kirchliche Bedeutung des heutigen Tages hin: Es ist der Tag der Namensgebung Jesu (wovon wir gleich in der Lesung hören werden). Jesu Name und unser Name: das ist das Thema dieses Gottesdienstes zum Jahresanfang.

Lied 550 – Ps 121 – Gebet (GDl.Gebete)

Epistellesung: Kol.3 Lied 62, 1+2

Evangelienlesung: Lukas 2, 21 Lied 62, 3+4

Credo Str.5

Pred Lied 61 Fürb VU Segen  34, 3+4

 

Liebe Gemeinde!

Nun also beginnt das letzte Jahr vor der Jahrtausendwende (obwohl die strenggenommen erst am Jahresende 2000 geschieht), und viele Menschen blicken mehr oder weniger gebannt auf Silvester 1999. Für uns Christen ist das aber, finde ich, gar nicht solch ein in Bann schlagendes Geschehen.

Aus zwei Gründen. Der eine: Zeit im linearen Sinn, im Sinne von Daten und Jahreszahlen ist für uns Christen gar nicht so wichtig wie Zeit in einem anderen Sinn, nämlich als von Gott her gefüllte oder auch nicht gefüllte Zeit. So wie es in einer Strophe des Liedes „Von Gott will ich nicht lassen“ schön gesagt wird:

Lobt ihn mit Herz und Munde,

welchs er uns beides schenkt;

das ist ein sel’ge Stunde, darin man sein gedenkt;

denn sonst verdirbt all Zeit,

die wir zubringn auf Erden.

Wir sollen selig werden und bleibn in Ewigkeit.

 

Der zweite Grund ist: Wir Christen leben ohnehin in Zusammenhängen von weiten  Zeitspannen, unser Glaube hat seine Quellen, Wurzeln, Anfänge  in Geschehnissen, die mehr als 3.5oo Jahre zurückliegen. Von diesen Anfängen redet der für den diesjährigen Tag der Namengebung Jesu vorgeschlagene Predigttext: 1. Mose 17, 1 – 8:..

 

Drei Dinge will ich hervorheben:

1.      Gott selbst begegnet dem Abraham

2.      Gott macht sich ihm zum Bündnispartner

3.      Gott ruft und nennt ihn mit Namen

 

I

 

       

Gott selbst begegnet dem Abraham, er erscheint ihm und stellt sich ihm vor: Ich bin der allmächtige Gott!

 

Dreizehn Jahre liegt die letzte derartige Begegnung, von der wir in den Abrahamerzählungen hören, zurück. Abraham war damals 86 Jahre alt, jetzt ist er 99 . Über die Zeit dazwischen haben wir keinerlei Kenntnis – vielleicht hat sich in der Zwischenzeit tatsächlich nichts Nennenswertes abgespielt.

 

So etwas gibt es ja auch bei jedem von uns. Gott hat seine Zeiten. Nicht unbedingt der 1. Januar ist eine wichtige Zeit, nicht unbedingt eine Jahrtausendwende, sondern unvermutet,

 

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überraschend kann etwas geschehen, kann Gott uns begegnen und dann ist das eine gefüllte, eine wichtige Zeit, ein Geschehen, ein Ereignis, möglicherweise eine Wende im Lebenslauf.

 

Es gibt Menschen, die können in diesem Sinne von einem Bekehrungserlebnis sprechen, andere von Geschehnissen, in denen sie Gottes Nähe ungeheuer stark gespürt haben. Wenn Sie noch einmal einen Rückblick aufs vergangene Jahr halten, vielleicht können Sie dann auch ein oder mehrere solcher Geschehnisse nennen. Und geradeso kann es auch im neuen Jahr sein.

 

Und auf der anderen Seite: Es gibt Wegstrecken im Leben, die sind anscheinend Stillstand im Glauben, da macht man keine neuen Entdeckungen mit Gott, das ist dann ein Zustand der Ebbe im Glauben, bis – urplötzlich – Gott wieder begegnen kann und uns unmittelbar anspricht – wie hier bei Abraham:

 

„Ich bin der allmächtige Gott, wandle vor mir...“:Steh auf, geh mit mir,  vor meinen Augen, lebe so, daß nichts von Deinem Tun das Tageslicht scheuen müßte. Sei fromm: das heißt wörtlich: Sei vollkommen, ungeteilt, ganz, heil.  Sei mit ganzem Herzen dabei, die Gaben und Aufgaben zu nutzen und durchzuführen, die ich Dir gegeben habe!

 

Fromm: Ganz, ungeteilt vor, unter, mit Gott leben. Martin Luther hat einmal so die Engel charakterisiert. Sie unterscheiden sich dadurch von uns, sagt er, daß sie ganz  Gott zugewandt sind und ungeteilt ihm die Ehre geben – und daß sie zugleich dann auch ganz und ungeteilt uns Menschen zugewandt sind, als Boten für uns . Wenn wir das könnten: Ganz Gott zugewandt leben und zugleich dann ganz anderen Menschen zugewandt leben: Wir wären frei! Und genau das bedeutet fromm sein im biblischen Wortsinn. Lassen Sie’s uns versuchen, uns darin zu üben!

 

                                                                       II

Das zweite: Gott schließt (erneut) den Bund mit Abraham. Er erneuert seine Bündniszusagen, er vergewissert den Abraham des Bundes mit ihm.

 

Manchmal sagen mir Konfirmanden: In der Kirche wird doch immer dasselbe gepredigt. Ja, unser Glaube braucht Vergewisserung! Weil wir mißtrauisch und vergeßlich sind, darum muß uns das Alte immer aufs neue gesagt werden: daß Gott uns kennt und liebt und wir seine Kinder und Bündnispartner sind!

 

Wie in der Liebe, der Ehe! Das ist unabdingbar für eine Ehe, daß die Partner einander immer wieder einmal von Herzen sagen: Ich liebe dich! Und das auch zeigen: Durch Geschenke, durch Überraschungen, durch Zeichen.

 

So tut das auch Gott. Einen ewigen Bund hat er mit Abraham aufgerichtet und durch ihn mit Menschen aus allen Völkern. In diesen Bund sind wir durch Jesus mit aufgenommen. Das Zeichen dafür ist bei uns die Taufe. Wir gehören in das unfaßlich große – in jeder Hinsicht große – Volk Gottes, das mit Abraham begann, mit hinein. Und ich finde, das ist immer wieder eine Quelle des Staunens und der Freude. Ich darf die Abrahamgeschichten lesen in dem Wissen: Abraham, Sara und all die anderen: das sind meine Geschwister...und heute: All die Christen in Palästina und in Brünn und El Salvador und Kamerun...Wie schön ist es, mit in die Familie des Volkes Gottes, mit dem Gott seinen Bund geschlossen hat, hineinzugehören. Welch ein Übermaß an Lebensreichtum liegt darin! Und eben auch die

 

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Menschen dieser Gemeinde: lauter Geschwister, lauter mit Gott Verbündete, eine Familie...wie schön ist das!

 

                                                                       III

Und nun – drittens – wird dieses Bündnisvolk Gottes nie eine namenlose Masse sein, sondern

jeder einzelne darin ist von Gott mit Namen genannt und  bei ihm mit Namen bekannt, mit jedem und jeder hat Gott seine ganz persönliche Geschichte.

 

Der heutige Tag hat, wie gesagt, seinen christlichen Sinn darin, daß er der Tag der Namengebung Jesu ist. Jesus, der Name bedeutet übersetzt: der Helfer. Schlichtweg der Helfer (aber welch tiefer, umfassender, grenzenloser  Sinn liegt darin!)

Und für uns ist der Sinn dieses Tages, daß wir uns dessen erinnern, daß sein Name über uns ausgerufen wurde, wir mit seinem Namen verbunden wurden bei unserer Taufe. Sein Name und unser Name, sein Leben und unser Leben gehören zusammen.

 

„Dein Wort ward meine Speise, so oft ich’s empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost, denn ich bin ja nach deinem Namen genannt, Herr, Gott Zebaoth“, so ruft Jeremia einmal aus (Jer. 15, 16). Und wir sind nach dem Namen Jesu Christi „Christen“ genannt. Dazu berufen, diesem Namen Ehre zu machen. Es liegt darin aber auch eine besondere Verheißung!

 

Bei Abraham wurde der Name geändert, nicht mehr Abram – Vater des Volks - sondern Abraham soll er heißen: Vater vieler Völker. Darin liegt eine Treueverheißung Gottes. Für uns Christen liegt in diesem Namen auch ein Treueversprechen: Christus selbst wird unser Helfer sein, wird täglich bei uns und für uns sein. So wie er es in den Worten der Jahreslosung zusagt:

Siehe,

ich bin

bei euch

alle Tage

bis zur Vollendung der Welt.

Der Friede Gottes...Amen.

 

 

Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.