Gottesdienst am 14. Sonntag nach Trinitatis, 5. September 2010, Rhodos-Stadt

 

Lieder:

 

Gott ist gegenwärtig... 165, 1. 2. 6

Dir, dir, oHöchster...328, 1 - 4

                                        5 - 7

Lobe den Herren...Praise the Lord...(holländisch)

 

Psalm 100

 

Lesung: Lukas 17, 11 - 19

 

 

Predigt zu Römer 8, 14-17:

 

Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater!

Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist,  dass wir Gottes Kinder sind.

Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Corrie ten Boom,niederländische Christin, die während des 2. Weltkriegs jüdische Mitbürger rettete und das KZ Auschwitz überlebte - die also das tat, was Paulus hier schreibt: Mit Christus leiden -, sie erzählt in einem ihrer Bücher, wie sie in Mexico einmal einen Jungen fragte: „Bist du ein Kind Gottes?“ Der darauf: „Senora, ich gehe jeden Sonntag in die Kirche“.Und sie: „Das ist gut, aber noch nicht genug.

 

Siehst du, wenn ich in eine Garage gehe, werde ich noch kein Auto. Eine Maus, die in einer Keksdose geboren wird, wird kein Keks.

 

Es gibt nur einen Weg, ein Kind Gottes zu werden – nämlich das zu tun, was in Johannes 1 Vers 12 steht: Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden“.

 

Christus bei sich aufnehmen, dann leben wir als Kinder Gottes.

 

Wir haben dann

  1. 1.einen himmlischen Vater 

  2. 2.einen liebevollen Bruder 

  3. 3.viele  Geschwister. 

 

I

 

Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, so dass wir euch vor Gott fürchten müsstet, schreibt Paulus, sondern einen kindlichen Geist, durch den wir rufen:

2

 

„Abba, lieber Vater!“

 

Es gibt Menschen, die sagen: Gott ist absolut unerkennbar für uns Menschen, man kann von ihm und vor ihm nur schweigen „Ignoramus, ignorabimus“: Wir wissen es nicht und wir werden es nicht wissen, so hat es ein Wissenschaftler im 19. Jahrhundert in einem berühmten Vortrag zusammengefasst - eine Haltung, die manche von uns  sicher auch nachempfinden können.

 

Dann gibt’s viele Menschen - vielleicht die Mehrheit in der Völkerwelt – die begegnen   Gott mit einen knechtischen Geist: Unterwürfig, ängstlich.

 

Christen leben in einer Beziehung des Vertrauens, ja der Liebe zu Gott. So wie Jesus, der ja noch im Garten Gethsemane,  als er mit Gott rang, ihn mit „Abba“ anredete,  ein hebräisches  Kosewort für „Vater“,  eine ganz innige liebevolle Anrede Gottes.Und Jesus verdanken wir ja auch das wundervolle Gleichnis von dem liebevollen Vater: So wie dieser Vater, so ist Gott zu uns. Wir sind seine Kinder und damit auch seine Erben, Gottes Erben! - : Gott wird uns, wie Jesus, seinen Erstgeborenen, aus dem Tode auferwecken, und Er wird uns einmal alles, was sein ist, geben: Wir werden mit ihm in unfasslicher Herrlichkeit leben, im Schauen Gottes – etwas Unvorstellbares...unvorstellbar schön!

 

Aber – fällt es uns nicht manchmal schwer, uns als geliebte Kinder Gottes zu verstehen?

 

Im Beiheft zum Alphakurs, einem Glaubenskurs, findet sich diese Geschichte.

 

Carl Tuttle ist ein US - amerikanischer Pastor, der aus einer zerrütteten Familie stammt. Seine Kindheit verlief sehr unglücklich;  er wurde von seinem Vater häufig geschlagen. Als er Christ geworden war, wollte er ganz bewusst auf das hören, was Gott ihm mitteilen wollte.  Er beschloss einen Tag in der Einsamkeit auf dem Land zu verbringen, um ganz ungestört und in der Stille beten zu können. Kaum war er angekommen und hatte eine Viertelstunde gebetet, beschlich ihn das Gefühl, es sei alles zwecklos.

 

So fuhr er enttäuscht und deprimiert wieder weg. Zu Hause erzählte er seiner Frau, er wolle lieber mit Zachary, seinem zwei Monate alten Sohn, spielen. Er ging an sein Bettchen und  nahm ihn in die Arme, und als er ihn so hielt, spürte er, wie eine unglaubliche Liebe zu seinem Jungen in ihm aufstieg, die ihn zu Tränen rührte. Und er flüsterte: Zachary, ich liebe dich. Ich liebe dich von ganzem Herzen. Egal, was geschieht, ich werde immer für dich dasein, zu dir halten, für dich sorgen. Und das wird immer so sein,  auch wenn du dich von mir oder von Gott einmal abwenden solltest.

 

Plötzlich spürte Carl, wie Gott selber ihn in den Armen hielt und zu ihm sagte: Carl, du bist mein Sohn und ich liebe dich. Egal,  was du tust – ich werde immer gut für dich sorgen, ich werde dich immer führen.

 

Da war also das geschehen, was Paulus hier schreibt: Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.

 

Gottes Kinder! Und nun ist es gut zu wissen, dass es im griechischen Urtext des Neuen Testaments drei verschiedene Worte gibt, die Luther alle mit „Kinder“ übersetzt:

 

teknon, tekna: ein Wort, das besonders in den Johannesbriefen vorkommt,  ein Kosewort,

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das Luther gern mit „Kindlein“ übersetzt -  ein Wort, das von einer geradezu zärtlichen, mütterlichen  Liebe Gottes spricht, die uns Geborgenheit schenkt. Und das brauchen ja auch wir Erwachsene -:  wie kleine Kinder können wir uns bergen in Gottes Arm und  Schoss (vgl. Psalm 131, 2f.).

 

Dann:  pais: der Zögling, das Schulkind; und das 3. - und dieses Wort gebraucht Paulus in unserm Text –:  hyios  

 

Und dieses Wort meint die mündigen erwachsenen Söhne und Töchter Gottes, deren Glaube  ein reifes, erwachsenes Vertrauen ist, das Gottvertrauen von Menschen, die ihre Verantwortung vor Gott, ihre Verantwortung für das Wachstum von Frieden, Gerechtigkeit und  Liebe in der Welt wahrnehmen; die nicht alles Gott in die Schuhe schieben, sondern fragen: Was können wir selber tun? Wofür sind wir selbst verantwortlich?Die also gemäss dem Gebet Reinhold Niebuhrs leben:

 

Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen die ich nicht ändern kann/ Dinge zu ändern, die ich ändern kann/ und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.

 

II

 

 

Und nun  2. Wie verhalten sich solche erwachsenen Kinder Gottes? Sie haben gelernt und lernen ständig von ihrem erstgeborenen Bruder, von Jesus.

 

(a) Hauptkennzeichen der Kinder Gottes, so schreibt Paulus ein paar Verse später in unserm Kapitel, ist: dass sie in einer herrlichen Freiheit leben. Und was das für eine Freiheit ist, das sagt wiederum Paulus selber einmal in  Gal 5 Vers 13, meinem Konfirmationsspruch: Ihr seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr die Freiheit nicht für euch selbst missbraucht, sondern durch die Liebe diene einer dem andern. Das ist also die höchstmögliche  Freiheit, die wir Menschen gewinnen können: Andern in Liebe zu dienen.

 

(b) Weiter: Paulus schreibt in Phil. 2 Vers 15: Die Kinder Gottes sind „Lichter“ mitten in einem -so wörtlich - „verdorbenen und  verkehrten Geschlecht“. Ein verdorbenes, perverses Geschlecht -so nennt Paulus pauschal die damalige römische Gesellschaft, in der es zuging, „wie im alten  Rom“ -  und das sagen wir ja manchmal auch von unserer westlichen Konsum- und Spassgesellschaft. Christen dagegen leben „am Tage“, im hellen Tageslicht, können und sollen eine Leuchte sein für andere.

 

© Und noch ein drittes biblisches Kennzeichen der Kinder Gottes:  In  den Seligpreisungen nennt Jesus die Fried-fertigen, die Friedensstifter ausdrücklich „Kinder Gottes“. Es bleibt ja ein Skandal, das ausgerechnet die Länder, in denen die meisten  Chrisiten wohnen, zu den größten Waffenproduzenten gehören – Deutschland inzwischen nach den USA an 2. Stelle in  der Welt! - und via NATO auch schlimme Kriege führten und führen -   wobei doch jeder weiss, dass Kriege und Gewalt noch  nie ein Problem gelöst haben, sondern es nur verschlimmern. Kinder Gottes sind nach dem Vorbild Jesu fähig zur Versöhnung, zum Dialog mit den Feinden oder Gegnern,,sind fähig zur Vergebung , zum gegenseitigen sich Vertragen und Ertragen. Sie verhalten sich gemäss dem Wissen: Die Völker der Erde    sind eine Familie!

 

4

 

III

 

Darum, 3. Punkt: Wir haben viele  Geschwister: In allen Konfessionen, in allen Ländern  der ganzen Welt. Ich las : Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt’s kein Land der Erde mehr, in dem,nicht auch der Name Jesu als Gottes Sohn und  Heiland gepriesen wird.

Ja – gleich werden wir singen: Wir loben Gott mit „Abrahams Samen“: Auch sie, die Angehörigen des biblischen, des erwählten Volkes Israel sind in besonderer Weise unsere Geschwister, wir Christen gehören ja mit ihnen gemeinsam zum erwählten Volk der Kinder Gottes.  Darum ist es schön, wenn einige auch aus unserer Gemeinde hier nächstes Frühjahr das Land und die Leute in Israel näher kennenlernen.

 

Die Familie der Kinder Gottes hat Mitglieder in jedem Land - wie wunderbar das ist, das haben meine Frau und ich einmal in besonders schöner und hilfreicher Weise erfahren,. Als wir unsere Tochter, die nach dem Abi ein Jahr für die VEM, die Vereinte Evangelische  Mission in  Kamerun arbeitete, besuchten und mit ihr durchs Land fuhren: Wir brauchten nur in einem der katholischen Gästehäuser anzuklopfen - und schon  wurden  wir als evangelische Pfarrersfamilie gastlich und höchst preiswert aufgenommen.

 

 

 

Und nun zum Abschluss aber noch das vielleicht Wichtigste: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“, schreibt Paulus So wie ein Auto von Energie, von  Sprit angetrieben wird, so die Kinder Gottes vom Heiligen Geist. „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns  gegeben ist“, schreibt Paulus in Römer 5. Er ist uns gegeben, aber er soll auch spürbar, erlebbar in uns und durch uns  wirken.

 

Und wie das geschieht, dazu eine Geschichte, ebenfalls aus Kamerun. Ein afrikanischer Missionar erzählte sie auf einer Tagung für missionarischen Gemeindeaufbau.

 

Ein Junge am Strand preist seine Ananas an. Hier! Wunderbare Ananas! Garnicht teuer.  Sehr wohlschmeckend. Er ruft und bittet, lockt und  wirbt – keiner oder kaum einer kauft.

Da kommt ein lebenserfahrener Mann zu ihm: Du musst das anders machen. Schneid' mal eine Ananas auf und  koste selber davon. Der Junge tut's, er schneidet die Ananas auf – köstlich goldgelb und in der Sonne glitzernd das Fruchtfleisch und es trieft der Saft und er schiebt eine Scheibe in  den Mund und er schmeckt das unvergleichliche Aroma und die Süsse und  man sieht's seinem Gesicht an, wie das mundet und da kommen die Leute

und sagen: Ich möchte auch...und ich auch...und ich..

 

Und so  -  sagte der afrikanische Missionar – so muss man das machen mit dem Evangelium. Selber die Süsse kosten. Das weitere ergibt sich wie von selbst.

 

Die Süsse des Evangeliums kosten, in Gebet und  Gottesdienst, gemeinsamer Bibellese und Lobgesang, darüber den Geist Gottes, den Heiligen Geist spüren, von ihm erfüllt sein: Darüber wird das in schöner Weise wahr: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Amen. -