Abendmahlsgottesdienst am Pfingstsonntag, 15. Mai 2005

 

Lieder:

 

Schmückt das Fest mit Maien...135, 1 - 4

Der Himmel geht über allen auf...611

O heilger Geist, kehr bei uns ein...130,1. 5. 6

Zieh ein zu deinen Toren...133, 1. 5.     7-10 als Fürbitten gesprochen

Vor dem Abendsmahl: Von Gott kommt mir ein Freudenschein...70, 4

Vor dem Segen: Nun laßt uns Gott dem Herren Dank sagen...320, 1. 4. 8

 

Psalm 118, 25 - 29 (Nr. 751. 2)

 

Lesung: Apostelgeschichte 2, 1 – 18 (Übersetzung: Gute Nachricht für dich)

 

Predigttext: Römer 8, 1 und 2

 

Liebe Gemeinde!

 

Pfingsten: Fest des Heiligen Geistes. Wichtigstes, not-wendigstes Fest der Kirche überhaupt. Denn: Ohne den Heiligen Geist sind wir als Gemeinde leblos, tot.

 

Und gerade zu Pfingsten soll ja über den  Heiligen Geist nicht nur geredet werden, sondern wir sollen von ihm erfüllt werden!

 

                                                                       I

 

Aber: Kann ich überhaupt etwas dazu tun? Nicht wahr: Über den  Heiligen Geist reden: Das kann man sicher, vielleicht sogar mit eindrucksvollen, mitreißenden Worten:

 

-           Der Heilige Geist als Wind, als Sturm: Erfrischend, antreibend,  Morsches,  Überaltertes in der  Kirche abreißend.

 

-           Der Heilige Geist als Feuer: Begeisternd,  so daß Menschen Feuer und Flamme werden, brennend vor Liebe zu Jesus.

 

-           Oder: Der Heilige Geist als Wasser, als Regen auf trockenes Land: Leben blüht auf!

 

So kann man von ihm reden. Aber: Ob Menschen über solchen Worten auch schon von ihm erfüllt werden? 

 

Der Heilige Geist ist eine Wirklichkeit, die wir Menschen nicht „machen“ und schon  garnicht „in den  Griff kriegen“ können. Hier muß Gott alles tun, wir können hier nur „passiv“ sein –  im Sinne von empfänglich für ihn.

 

Das heißt aber, wir können doch etwas tun: Wir können darum bitten, daß er zu uns kommt – und fast alle Pfingstlieder sind solche Bitten um sein  Kommen. 

 

 

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Und: Wir können auf das hinweisen, was wir Jesus verdanken. Denn, mit einem  schönen Lutherzitat gesagt: „Christum allein weiß der Heilige Geist zu predigen, der arme Heilige Geist weiß sonst nichts“. Mit anderen Worten: Glauben an Christus in

uns wecken, das ist das wesentliche Tun des Heiligen Geistes. Und auf das, was wir Jesus Christus verdanken, weist auch der heutige Predigttext hin. Paulus schreibt in Römer 8 Vers 1 und 2 die schweren, gewichtigen Worte:

 

So gibt es nun  keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.

Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht  von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

 

                                                                       II

                                                                      

Hier hören wir nicht, was der Heilige Geist ist, sondern was er tut: Er schafft Freiheit!

 

Freiheit:  Das ist eines der ganz großen Worte. Immer wieder wird es genannt, gerade in diesen Tagen: Im Zusammenhang mit der Befreiung von der Naziherrschaft, aber auch im Zusammenhang mit dem 200. Todestag Schillers, in dessen Dichtungen Freiheit ja eine elementare Rolle spielt.

 

Freiheit: Das ist ein  Lieblingswort auch der Werbung : „Ich bin so frei..., so trällerte  vor einiger Zeit eine junge Frau, die Werbung für Nestlé – Produkte machte.

 

Paulus aber spricht von  einer Freiheit, wie sie nur Jesus – und  niemand sonst  -  schenken kann: Freiheit vom Gebundensein  an Sünde und  Tod, Freiheit also von Ichsucht und Todesherrschaft.

 

Wenn man von dieser Freiheit predigen will, muß man Beispiele bringen. Geschichten von Menschen, die zu dieser Freiheit befreit wurden. Vier Beispiele sind mir eingefallen.

 

                                                                       III

 

Die erste handelt von dem  Jesuitenpater Alfred Delp. Er gehörte zu den  Wenigen, den Einzelnen, die der Glaube an Jesus zum  Widerstand gegen die Hitlerherrschaft führte. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er verhaftet. Als man ihn im Frühjahr 1945 zur Hinrichtung abführt, fragt er den Seelsorger, der ihn  begleitet, nach dem

derzeitigen Frontverlauf. Der weiß nichts Genaues. Darauf Pater Delp: In  einer halben  Stunde weiß ich mehr als Sie...

 

Freiheit im  Angesicht des Todes. Freiheit, offenbar sogar mit einer Spur Heiterkeit gepaart. Die Freiheit, die Jesus bewirkt, führte bei Pater Delp zu klarem politischem Durchblick und zum aktiven Widerstand. Eine wesentliche Kraftquelle dieser Freiheit

ist der Glaube an ein  Leben nach dem Tode.

 

Pater Delp wußte, wohin  die Reise geht. Das Neue Testament sagt es uns ja. Zum Beispiel 1. Johannes 3, Vers 2: Wir werden Gott sehen, wie Er ist. Und 1.Korinther 13,12: Wir werden alles erkennen. Auch unser eigenes Leben. Da gibt’s dann nichts mehr zu verbergen.

 

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Aber nun: Wie froh, wie erleichtert, wie dankbar sagt es Paulus: So gibt es nun  keine Verdammnis mehr für die, die in Christus Jesus sind -  für die  also, die durch die Taufe zu ihm gehören, und die dies im  Glauben bejahen. Keine Verdammnis, keine 

Verurteilung, kein Verlorensein! Denn das könnte ja auch sein, daß wir im  Sterben in eine unendliche Leere, in ein Nichts versinken, in absolute Finsternis stürzen würden.

 

Nein! Keine Verlorenheit, keine Verdammnis mehr, sondern  Rettung, Leben und  Seligkeit!

 

Und wenn wir vor Ihm mit leeren Händen stehen und sagen: Ich weiß eigentlich gar nichts, was ich an Gutem aus meinem Leben vorweisen kann? Gerade dann gilt uns die Erlösung, das Erbarmen, die vollkommene Liebe Gottes, denn Christus hat ja alles für uns getan, wir brauchen vor Gott nichts mehr vorweisen zu wollen – und gerade das ist ja höchste Freiheit:  Weder vor Gott noch vor Menschen nötig haben, etwas darstellen und vorweisen zu müssen.

 

 

                                                                       IV

 

Die zweite Geschichte hängt mit der ersten eng zusammen. Sie handelt von einem

Gemeindeglied unserer katholischen Schwestergemeinde St. Lambertus, einem  Frührentner, dem man immer die Freude am Glauben abspürte. Er kam mehrfach und  brachte meiner Frau hohe Geldbeträge für Projekte in der sog. Dritten Welt. Für sich selbst schien er kaum etwas zu brauchen. Als meine Frau ihm  einmal sagte: Aber warum gönnen Sie sich nicht mal eine schöne Reise? Da meinte er: Wenn ich tot bin, zeigt mir Gott sowieso  die ganze Welt.

 

Diese Antwort hat mich beeindruckt. Sie zeigt Zufriedenheit, Heiterkeit, Vorfreue, Glücklichsein. Bei diesem Mann wurde die Freiheit, zu der Jesus befreit, wie von  selbst zu Freigebigkeit.

 

                                                                       V

 

Die dritte Geschichte las ich in  einem Buch über den Theologen  Karl Barth. Er wurde gefragt, wieviel Ehrendoktorhüte er eigentlich inzwischen habe. Seine

Antwort, das wisse er gar nicht, es sei auch nicht wichtig. Beim Eintritt in  den  Himmel würden sowieso alle Doktorhüte vorher an der Garderobe abgegeben.

 

Die Freiheit, zu der Jesus befreit, hilft also zu erkennen, was vor Gott zählt und was  vor ihm – und im Grunde auch vor Menschen - unwichtig ist, zum  Beispiel Titel, Doktorhüte. 

 

                                                                       VI

 

Und die vierte Geschichte, ebenfalls von  Karl Barth. Eine  Dame fragte ihn: Herr Professor, was meinen Sie: Werden wir im Himmel unsere lieben Verstorbenen

wiedersehen? Ja, meinte er - aber die Anderen auch. Die also, gegen die wir etwas haben, die uns gekränkt haben, die wir verachten, die wir für böse halten, an

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denen wir achtlos vorübergingen, denen wir mit Worten, Taten, Geldbeträgen hätten helfen können - aber wir taten es nicht. Wir sollen ihnen nicht erst im Himmel wiederbegegnen, sondern rechtzeitig vergeben und rechtzeitig geben. Wir sollen Jesus in den geringsten seiner Geschwister finden.

 

Übrigens: Alle Geschichten handeln  vom  Himmel. Alle enthalten Humor. Und alle wollen in uns etwas bewirken, was allein der Heilige Geist tun  kann, und  was er offenbar auch bei Albert Einstein getan hat.

 

Von ihm  las ich vor ein paar Wochen den Satz: Der wahre Wert eines Menschen bestimmt sich vor allem daraus, wie weit er Freiheit von sich errungen  hat.

 

Darum geht’s; das tut der Heilige Geist. Er bewirkt Freiheit vom Kreisen um uns selbst.  Freiheit, Anderen zu dienen.   

 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.