Lieder:
Schmückt das Fest mit Maien...135, 1 - 4
Der Himmel geht über allen auf...611
O heilger Geist, kehr bei uns ein...130,1. 5. 6
Zieh ein zu deinen Toren...133, 1. 5. 7-10 als Fürbitten gesprochen
Vor dem Abendsmahl: Von Gott kommt mir ein Freudenschein...70, 4
Vor dem Segen: Nun laßt uns Gott dem Herren Dank sagen...320, 1. 4. 8
Psalm 118, 25 - 29 (Nr. 751. 2)
Lesung: Apostelgeschichte 2, 1 – 18 (Übersetzung: Gute Nachricht für dich)
Predigttext: Römer 8, 1 und 2
Liebe Gemeinde!
Pfingsten: Fest des Heiligen Geistes. Wichtigstes, not-wendigstes Fest der Kirche überhaupt. Denn: Ohne den Heiligen Geist sind wir als Gemeinde leblos, tot.
Und gerade zu Pfingsten soll ja über den Heiligen Geist nicht nur geredet werden, sondern wir sollen von ihm erfüllt werden!
I
Aber: Kann ich überhaupt etwas dazu tun? Nicht wahr: Über den Heiligen Geist reden: Das kann man sicher, vielleicht sogar mit eindrucksvollen, mitreißenden Worten:
- Der Heilige Geist als Wind, als Sturm: Erfrischend, antreibend, Morsches, Überaltertes in der Kirche abreißend.
- Der Heilige Geist als Feuer: Begeisternd, so daß Menschen Feuer und Flamme werden, brennend vor Liebe zu Jesus.
- Oder: Der Heilige Geist als Wasser, als Regen auf trockenes Land: Leben blüht auf!
So kann man von ihm reden. Aber: Ob Menschen über solchen Worten auch schon von ihm erfüllt werden?
Der Heilige Geist ist eine Wirklichkeit, die wir Menschen nicht „machen“ und schon garnicht „in den Griff kriegen“ können. Hier muß Gott alles tun, wir können hier nur „passiv“ sein – im Sinne von empfänglich für ihn.
Das heißt aber, wir können doch etwas tun: Wir können darum bitten, daß er zu uns kommt – und fast alle Pfingstlieder sind solche Bitten um sein Kommen.
2
Und: Wir können auf das hinweisen, was wir Jesus verdanken. Denn, mit einem schönen Lutherzitat gesagt: „Christum allein weiß der Heilige Geist zu predigen, der arme Heilige Geist weiß sonst nichts“. Mit anderen Worten: Glauben an Christus in
uns wecken, das ist das wesentliche Tun des Heiligen Geistes. Und auf das, was wir Jesus Christus verdanken, weist auch der heutige Predigttext hin. Paulus schreibt in Römer 8 Vers 1 und 2 die schweren, gewichtigen Worte:
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.
II
Hier hören wir nicht, was der Heilige Geist ist, sondern was er tut: Er schafft Freiheit!
Freiheit: Das ist eines der ganz großen Worte. Immer wieder wird es genannt, gerade in diesen Tagen: Im Zusammenhang mit der Befreiung von der Naziherrschaft, aber auch im Zusammenhang mit dem 200. Todestag Schillers, in dessen Dichtungen Freiheit ja eine elementare Rolle spielt.
Freiheit: Das ist ein Lieblingswort auch der Werbung : „Ich bin so frei..., so trällerte vor einiger Zeit eine junge Frau, die Werbung für Nestlé – Produkte machte.
Paulus aber spricht von einer Freiheit, wie sie nur Jesus – und niemand sonst - schenken kann: Freiheit vom Gebundensein an Sünde und Tod, Freiheit also von Ichsucht und Todesherrschaft.
Wenn man von dieser Freiheit predigen will, muß man Beispiele bringen. Geschichten von Menschen, die zu dieser Freiheit befreit wurden. Vier Beispiele sind mir eingefallen.
III
Die erste handelt von dem Jesuitenpater Alfred Delp. Er gehörte zu den Wenigen, den Einzelnen, die der Glaube an Jesus zum Widerstand gegen die Hitlerherrschaft führte. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er verhaftet. Als man ihn im Frühjahr 1945 zur Hinrichtung abführt, fragt er den Seelsorger, der ihn begleitet, nach dem
derzeitigen Frontverlauf. Der weiß nichts
Genaues. Darauf Pater Delp: In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie...
Freiheit im
Angesicht des Todes. Freiheit, offenbar sogar mit einer Spur Heiterkeit
gepaart. Die Freiheit, die Jesus bewirkt,
führte bei Pater Delp zu klarem
politischem Durchblick und zum aktiven Widerstand. Eine wesentliche Kraftquelle
dieser Freiheit
ist der Glaube an ein Leben nach dem Tode.
Pater Delp wußte, wohin die Reise geht. Das Neue Testament sagt es uns ja. Zum Beispiel 1. Johannes 3, Vers 2: Wir werden Gott sehen, wie Er ist. Und 1.Korinther 13,12: Wir werden alles erkennen. Auch unser eigenes Leben. Da gibt’s dann nichts mehr zu verbergen.
3
Aber nun: Wie froh, wie erleichtert, wie dankbar sagt es Paulus: So gibt es nun keine Verdammnis mehr für die, die in Christus Jesus sind - für die also, die durch die Taufe zu ihm gehören, und die dies im Glauben bejahen. Keine Verdammnis, keine
Verurteilung, kein Verlorensein! Denn das könnte ja auch sein, daß wir im Sterben in eine unendliche Leere, in ein Nichts versinken, in absolute Finsternis stürzen würden.
Nein! Keine Verlorenheit, keine Verdammnis mehr, sondern Rettung, Leben und Seligkeit!
Und wenn wir vor Ihm mit leeren Händen stehen
und sagen: Ich weiß eigentlich gar nichts, was ich an Gutem aus meinem Leben
vorweisen kann? Gerade dann gilt uns die Erlösung, das Erbarmen, die
vollkommene Liebe Gottes, denn Christus hat
ja alles für uns getan, wir brauchen vor Gott nichts mehr vorweisen zu
wollen – und gerade das ist ja höchste
Freiheit: Weder vor Gott noch vor
Menschen nötig haben, etwas darstellen und vorweisen zu müssen.
IV
Die zweite Geschichte hängt mit der ersten eng zusammen. Sie handelt von einem
Gemeindeglied unserer katholischen Schwestergemeinde St. Lambertus, einem Frührentner, dem man immer die Freude am Glauben abspürte. Er kam mehrfach und brachte meiner Frau hohe Geldbeträge für Projekte in der sog. Dritten Welt. Für sich selbst schien er kaum etwas zu brauchen. Als meine Frau ihm einmal sagte: Aber warum gönnen Sie sich nicht mal eine schöne Reise? Da meinte er: Wenn ich tot bin, zeigt mir Gott sowieso die ganze Welt.
Diese Antwort hat mich beeindruckt. Sie zeigt
Zufriedenheit, Heiterkeit, Vorfreue, Glücklichsein. Bei diesem Mann wurde die Freiheit, zu der Jesus befreit, wie
von selbst zu Freigebigkeit.
V
Die dritte Geschichte las ich in einem Buch über den Theologen Karl Barth. Er wurde gefragt, wieviel Ehrendoktorhüte er eigentlich inzwischen habe. Seine
Antwort, das wisse er gar nicht, es sei auch nicht wichtig. Beim Eintritt in den Himmel würden sowieso alle Doktorhüte vorher an der Garderobe abgegeben.
Die Freiheit, zu der Jesus befreit, hilft also zu erkennen, was vor Gott zählt und was vor ihm – und im Grunde auch vor Menschen - unwichtig ist, zum Beispiel Titel, Doktorhüte.
VI
Und die vierte Geschichte, ebenfalls von Karl Barth. Eine Dame fragte ihn: Herr Professor, was meinen Sie: Werden wir im Himmel unsere lieben Verstorbenen
wiedersehen? Ja, meinte er - aber die Anderen auch. Die also, gegen die wir etwas haben, die uns gekränkt haben, die wir verachten, die wir für böse halten, an
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denen wir achtlos vorübergingen, denen wir mit
Worten, Taten, Geldbeträgen hätten helfen können - aber wir taten es nicht. Wir
sollen ihnen nicht erst im Himmel wiederbegegnen, sondern rechtzeitig vergeben und rechtzeitig geben. Wir sollen Jesus in den
geringsten seiner Geschwister finden.
Übrigens: Alle Geschichten handeln vom Himmel. Alle enthalten Humor. Und alle wollen in uns etwas bewirken, was allein der Heilige Geist tun kann, und was er offenbar auch bei Albert Einstein getan hat.
Von ihm las ich vor ein paar Wochen den Satz: Der wahre Wert eines Menschen bestimmt sich vor allem daraus, wie weit er Freiheit von sich errungen hat.
Darum geht’s; das tut der Heilige Geist. Er bewirkt Freiheit vom Kreisen um uns selbst. Freiheit, Anderen zu dienen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.