Lieder:
Erfreue dich, Himmel...636
Du hast uns, Herr, gerufen...168, 1 - 3
Du hast vereint in allen Zonen...609
Von guten Mächten wunderbar geborgen...652, 1.5.6
Kind, du bist uns anvertraut...596
Lobe den Herren, den mächtigen König...317, 3 - 5
Lesung: Lukas 14, 16 – 24 (Hallelujavers: Jesaja 55, 2)
Christus
Jesus ist gekommen und hat im
Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die
nahe waren.
Denn
durch ihn haben wir alle beide in einem
Geist den Zugang zum Vater.
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen,
erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus
Christus der Eckstein ist,
auf
welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem
Herrn.
Durch
ihn werdet auch ihr miterbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.
Das also sind wir, liebe Gemeinde, „Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen!“. Wir sind Menschen, die zu einer Gemeinschaft gehören: Der „Gemeinschaft der Heiligen“. Und wir sind Menschen, die ein Zuhause haben: Wir wohnen gemeinsam mit Gott in einem Haus! Und zwar die allerunterschiedlichsten Menschen: Schwarze und Weisse, Junge und Alte, Reiche und Arme, Sklaven, Hafenarbeiter damals in der grossen Hafenstadt Ephesus und reiche Reeder und Handelsherren, ehemalige Tempelprostituierte und Damen der sog. „feinen Gesellschaft“. Und heute kommt einer dazu, nämlich Simon, d er heute getauft wird. Auch er nun: Ein Mitbürger der Heiligen, Gottes Hausgenosse!
Man könnte ja auch ganz anders von uns reden. Im Soziologendeutsch ist der sog. moderne Mensch der „entwurzelte“ oder der „unbehauste Mensch“. Damit meinen die Gesellschaftsanalytiker, wir heutigen Menschen hätten längst nicht mehr die tiefen Verwurzelungen an einem Ort, die heimatlichen Bindungen wie Menschen bei uns früher. Obwohl das hier bei uns in Rellinghausen/Stadtwald ja noch weit besser ist als in manchen Hochhaussiedlungen. Aber auch bei uns: Die wenigsten haben hier ihr Leben verbracht, sind hier beheimatet: Ixch will mal fragen: Wer ist hier geboren? Oder lebt seit 50 Jahren hier? Also: Kaum einer. Die allermeisten von uns sind doch schon öfters im Leben umgezogen.
Nun will dieser etwas merkwürdige Ausdruck „unbehauster Mensch“ aber vor allem sagen: Wir heutigen Menschen hätten kein klares Werte- und Orientierungssystem mehr, in dem man sich innerlich zuhause fühlen kann. Früher gab‘s eine einigermassen überschaubare Reihe von Berufen, die man dann im allgemeinen
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lebenslang ausübte als Handwerker oder Akademiker...Es gab eine klar vorgegebene Ausbildung als Lehrling, Geselle, Meister, oder ein Studium, heute
haben wir eine kaum überschaubare Vielfalt von Spezialisierungen, immer mehr Menschen wechseln mehrfach im Leben den Beruf. Früher gab‘s klare Richtlinien
etwa für geschlechtliches Verhalten vor und in der Ehe (Ausnahmen im Verhalten bestätigten die Regel) – heute gibt’s ein ziemliches Beziehungschaos und immer weniger lebenslange Treuebindungen... Und auch sonst: Wir sind ja einer riesigen
Flut von esoterischen und anderen religiösen Angeboten, Lebenshilfen, Sinngebungsratschlägen ausgesetzt. Wir werden masslos umworben, alle wollen uns etwas verkaufen für unseren Leib, aber auch für unseren Geist und unsere Seele. Ich las vor einiger Zeit: Etwa 40 Mrd. Euro wurden letztes Jahr in unserm Land für Werbungskosten ausgegeben, das wären knapp 500 Euro jährlich für jeden Deutschen vom Säugling bis zum Greis.
Unser heutiger Predigttext sagt zu dem allen: Nein, ihr seid nicht heimatlos oder orientierungslos. Ihr seid „Hausgenossen Gottes“. Und Gott, der Hausvater, gibt euch in seiner Hausordnung, in seinen Geboten und seinen Worten klare Orientierung für euer Leben, eindeutige Masstäbe für sinnvolles Leben, er hilft euch, „die Geister zu unterscheiden“, zu prüfen und zu erkennen, was wirklich gut ist für euer Leben und was euch in Wirklichkeit nur betrügt.
Und nun weiss ich nicht, liebe Gemeinde, ob Ihr beim Hören dieser Verse eben gespürt habt, dass sie von einer g rossen freude und einem tiefen Staunen geprägt sind! Einer tiefen und dankbaren Verwunderung darüber, dass wir tatsächlich in diesem Hause Gottes Wohnrecht haben.
Eigentlich ist dieses Haus nämlich längst bewohnt. Es wohnen Menschen darin, denen Gott gratis, mietfrei und zeitlich unbegrenzt Wohnrecht darin gegeben hat: Menschen, die er selbst zu seinen Töchtern und Söhnen erklärt hat: Die Kinder Israels nämlich, die Angehörigen des Volkes, das er zu seinem Eigentum erwählt hat, das ihm heilig ist, das er liebt.
Nicht weil die Angehörigen dieses Volkes besser oder frömmer wären als andere – das waren und sind sie nicht! – sondern weil er sich vor ca. 3000 Jahren nun einmal merkwürdigerweise in dieses damals versklavte, unter den Knuten der ägyptischen Aufseher stöhnende Volk der Hebräer verliebt hat – und ihm – mag er auch noch so oft von ihm enttäuscht und abgewiesen werden – seither die Treue hält. Er kann
nicht aufhören es zu lieben.
Aber dann ist wenige Jahrzehnte, bevor der Epheserbrief geschrieben wurde, etwas geschehen, was Paulus hier so beschreibt: Jesus kam und verkündigte im Evangelium Frieden „euch, die ihr fern wart und denen, die nahe waren“. Jesus brac hte den „Nahen“, also seinen jüdischen Landsleuten, den Frieden Gottes – aber, nach seiner Auferstehung, dann auch den Heiden, die Gott fern gewesen waren: Menschen in Kleinasien und im Römischen Reich und dann weiter und weiter bis hin nach Feuerland und Patagonien, Spitzbergen, den Fidschi-Inseln und Honolulu...Menschen aus allen Völkern der Erde dürfen also jetzt mit in diesem
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weiten und wunderschönen Hause Gottes wohnen, werden herausgerufen aus ihrer bisherigen heidnischen Lebensweise, und es wird ihnen gesagt: Ihr dürft all das
Schöne und Kostbare mit nutzen, was zur Wohnungseinrichtung im Hause Gottes gehört.
Vor allem die Bibliothek! Die Bücher mit all den Geschichten von Abraham und Sara, Jakob, Samuel und Ruth, von Elia und Ester, Jeremia und Gideon und im Neuen Testament Menschen wie die Jünger, etwa Thomas oder Simon Petrus - all diese Menschen, die zu „Abrahams Samen“ gehören, zu der Familie Gottes, in die heute Simon mit aufgenommen wird – und die Bücher, die von ihnen allen erzählen: Wieviel Wahrheit, Kraft und Orientierung enthalten sie – nun auch für uns! Und: Der Segen, den Gott dem Abraham mitteilte und versprach - er strömt nun auch auf uns, die Angehörigen aller Völker der Erde. Der Friede Gottes, den er durch Jesus vermittelt, er gilt auch uns ! Durch ihn sind wir, die Fernen, mit zu Nahen geworden!
Allerdings muss man nun sagen: Damals, als Paulus den Epheserbrief schrieb, begann sich etwas sehr Schlimmes abzuzeichnen. Etwas, wovor der Apostel hier leidenschaftlich warnt und was er - vergeblich – zu verhindern suchte: Es kam zu einem immer gehässigeren Zank und Streit zwischen denen, die das angestammte Wohnrecht besassen, und den Neuzugezogenen. Und weil die sich schneller vermehrten und mit der Zeit auch stärkere Macht- und Gewaltmittel besassen, begannen sie die Bewohner mit dem älteren Wohnrecht vor die Tür zu setzen oder gar gewaltsam aus dem Haus zu werfen oder gar sie umzubringen. „Weg mit euch, ihr habt im Hause Gottes nichts mehr zu suchen, dieses Haus gehört jetzt nur noch uns!“
Und erst nach dem Holocaust, als fast das ganze Volk Gottes vernichtet worden war - erst da begannen einige Christen das wieder wahrzunehmen, was hier (und in anderen Texten des Neuen Testaments) klar geschrieben steht: Dass wir Christen mit Wohnrecht haben in dem einen Haus, in dem Israel längst wohnt. Es ist ja ein „Haus, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten“. Nimmt man die Propheten – sprich: das Alte Testament – weg, so nimmt man eines der beiden Fundamente weg, und das ganze Haus wird schief, baufällig, stürzt schliesslich ein. Man kann nachweisen: Immer dann in der Kirchengeschichte, wenn das Alte Testament weniger galt als das Neue Testament, immer dann versagte die christliche Kirche in schlimmster Weise, war nicht mehr Kirche Jesu Christi, des Juden.
Er wird hier der Eckstein genannt, der den gesamten Bau zusammenhält, also auch entscheidend ist für den jüdischen Wohnbereich... Noch handelt es sich um zwei sehr unterschiedliche Wohnbereiche, den jüdischen und den christlichen, aber man besucht sich inzwischen häufiger und vor allem die christlichen lernen von ihren älteren Mitbewohnern...Vor allem aber sollen wir auch immer aufs neue unseren eigenen Wohnbereich festlich und schön und einladend gestalten, zum Beispiel die Wohnung mit dem Namen „Gemeinde Rellinghausen“, damit auch Familie Lange mit ihrem Sohn Simon sich hier wohlfühlt - aber wir in unserer relativ luxuriösen Wohnung und unseren relativ hohen Geldmitteln sind auch mitverantwortlich dafür, dass die Lebensqualität in anderen Etagen, in denen es überaus ärmlich zugeht und in denen die Bewohner kaum zu essen haben, verbessert wird: In der Hausordnung stehen ganz klare Anweisungen und Orientierungshilfen dafür, die man nicht
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ungestraft übergeht. Der Hausherr kann nämlich auch zornig werden und uns das Einkommen entziehen oder uns gar kündigen und vor die Tür setzen – in die Kälte und Finsternis hinaus.
Jeder von uns also ist persönlich mit verantwortlich für die Wohnlichkeit in diesem Hause!
Denn – so schliesst unser Predigttext, indem
er auf wunderschöne Weise das Bild vom Haus Gottes verändert, sozusagen
umdreht: Jeder und jede von uns ist durch Jesus auch eine
Wohnung für Gott!
Wir alle leben miteinander in der Wohnung Gottes!
Und: Er will in der Wohnung unseres Lebens zuhause sein! Gott will in Eurer Wohnung, Familie Lange, zuhause sein.
Du und ich: Ein Zuhause für Gott! Dein Herz: Ein Tempel Gottes!
Darum lasst uns beten:
Herr,
erwecke
deine Kirche und fange bei mir an.
Baue
deine Gemeinde und fange bei mir an.
Lass
Frieden und Gotteserkenntnis überall auf Erden
wachsen und fange bei mir an.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserm Herrn. Amen.