Gründonnerstag 2003

 

Der Friede des Herrn sein mit euch.

Wir sind zusammengekommen zur Abendmahlsfeier im Gedenken an Jesu letztes Mahl und zur Einstimmung auf das Geschehen des Karfreitags. So laßt uns in Jesu Namen und in seiner Gegenwart unsere Abendmahlsfeier halten. Wir singen: Kommt her, ihr seid geladen, der Heiland rufet euch...Nr 213 Str 1-3

 

Wir schlagen im Gesangbuch Nummer 748 auf, S.1177f (der 1. der Hallelpsalmen, die am Ende jedes Passamahls gebetet werden und die Jesus auch mit seinen Jüngern betete, bevor er zum Ölberg, zum Garten Gethsemane ging.

 

Wir beten:

 

Jesus Christus, unser Heiland, wie aus vielen Körnern ein Brot wird und aus vielen Trauben der Wein, so laß uns aus Einzelnen zu deiner Gemeinde werden, die von deinem Geist erfüllt lebt.  Stärke uns mit deinen Gaben ewigen Lebens, wenn wir jetzt auf dich hören und in deiner Gegenwart das Heilige Mahl feiern und begegne uns immer wieder, bis wir ganz bei dir sind, dort, wo Gott alles in allem ist.

Deinen Tod verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit. Amen.

 

 

Wir wollen uns etwas vom Sinn und der Bedeutung des heiligen Mahls vor Augen führen, indem wir ein Bild des flämischen Malers Dirk Bouts betrachten (Text nach einer Vorlage von Jörg Zink).

 

Zunächst als Folie und dann in mehreren Dias

 

Er malte  in den Jahren 1464 bis 67 für die St. Peterskirche in Löwen/Belgien seinen großen Abendmahlsaltar. Auf zwei Seitenflügeln schildert er vier Geschichten aus dem AT, in denen er das Heilige Mahl vorweggenommen, präfiguriert sieht: Die Erzählung von der Begegnung zwischen Abraham und dem geheimnisvollen Priesterkönig Melchisedek Gen. 14 – Die Überlieferung vom Passamahl beim Auszug aus Ägypten, 2. Mose 12 – Die Geschichte vom Manna in der Wüste Exodus 16 und die von Elia unter dem Wacholderstrauch 1. Kön 19 – und in der Mitte das letzte Mahl Jesu.

 

DIA 1: Begegnung Abraham - Melchisedek

 

Abraham, der wandernde Nomade, sucht einen Platz, an dem er mit seinen Leuten und seinen Herden bleiben kann. Vor langer Zeit hat er sein Vaterland verlassen: Ur in Chaldäa, im heutigen Südirak – nun kommt er auf seiner Wanderschaft an einen Ort, der in einem guten fruchtbaren Land liegt. Er könnte seine Zelte aufschlagen, wenn der König des Landes es erlaubte. So trifft er mit ihm zusammen, draußen vor der Stadt, und schließt einen Bund mit ihm. Abraham zahlt den 1o. Teil seines Besitzes und der König erlaubt ihm, auf dem Gebiet um die Stadt her zu wohnen und die Herdenzu weiden.

 

 

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Als der Vertrag geschlossen ist, bietet Melchisedek, König von Salem, dem Fremden Brot und Wein. Damit sagt er: Wir wollen künftig gemeinsam miteinander leben. Wir

achten einander, wir treten füreinander ein, wir gehören zusammen – auch wenn wir sehr verschiedene Denk- und Lebensgewohnheiten haben. Das war vor weit über 3000 Jahren

 

Dirk Bouts lebte vor ca. 550 Jahren, er wußte nicht, wie die Beiden damals wirklich ausgesehen haben, so malte er sie in den Trachten seiner Zeit, prächtig und würdevoll. Er wußte auch nicht, wie Jerusalem damals aussah,so malte er in  den

Hintergrund eine niederländische Stadt. Und das war ja auch gut und richtig so, denn es ging dem Maler um die Menschen seiner Zeit – so wie in  den alten biblischen Geschichten immer auch wir heutigen Menschen mitgemeint sind.

 

Dirk Bouts sagt uns: Wem Brot und Wein gereicht werden, der darf aufatmen und zur Ruhe kommen, er findet Frieden. Er hat eine Heimat, er bekommt Raum zum Leben. Er gehört in eine Gemeinschaft. Er ißt und trinkt mit andern zusammen, steht unter dem Schutz des Gastgebers. Dieser letzte Aspekt war früher noch deutlicher als heute: Flüchtlinge etwa konnten sich in den Tempel, in Kirchen hinein retten, standen dort unter Gotets Schutz, fanden Asyl.

 

DIA 2: Passamahl

 

Abraham kam aus der Freiheit, aus der Weite seines Wanderlebens und suchte eine Heimat, die Geborgenheit eines festen Wohnplatzes.

 

Die Bibel erzählt auch von einem entgegengesetzten Geschehen: Freie Hirtenstämme, die gegen ihren Willen seßhaft gemacht wurden. Um 1400 vor Christus wanderten Nachfahren Abrahams vom heutigen Palästina aus nach Ägypten, weil sie dort, in dem reichen Land, eine Hungersnot überstehen wollten. Man siedelte sie in Lagern an und gebrauchte sie als Sklaven, sie mußten Lehmziegel brennen und Befestigungsanlagen und Pyramiden bauen...

 

Eines Tages sagte ihnen Mose im Auftrag Jahwes, der ihm, dem Flüchtling, in der Wüste Midian erschienen war: Der Gott eurer Väter hat euer Schreien und Klagen gehört, er will euch herausführen in die Freiheit.

Sie verlassen Ägypten in der Nacht. Vorher feiern sie das Passa, marschfertig, den Stock in der Hand, sie essen sie in aller Eile das gebratene Lamm, ungesäuertes Brot und trinken Wein dazu.

 

Israel feiert dieses Fest der Befreiuung bis heute, wir feiern das heilige Mahl als Fest der Befreiung aus der Sklaverei unter Sünde, Tod und Teufel, auch der Befreiuung vom immer mehr haben wollen.

 

Dirk Bouts malt das Passa im Zimmer einer bürgerlichen Familie. Er will sagen: Auch wenn es uns materiell gut geht, könnte es doch sein, daß wir gefangen sind in Ordnungen, Konventionen, in Ansprüchen, in Wohlstand. Gerade Menschen,die so gesichert sind wie die sechs auf diesem Bild, könnten sich fragen, ob Gott sie herausführen will aus der Wahrung der Tradition, der Sicherung des ererbten Besitzes.

 

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DIA 3: Manna

 

„Ich bin das Brot des Lebens“, sagt Jesus im Johannesevangelium, ich bin das wahre Brot, vom Himmel gekommen.

 

Der Maler erinnert an eine Geschichte, als Gott in der Wüste Brot vom Himmel gab: das Manna. Da knien Menschen auf der Erde und sammeln die kleinen Klumpen, die wie kleine Honigsemmeln aussehen und schmecken. Es geht dabei merkwürdig gelassen zu, so als seien diese Menschen von einem großen Vertrauen  getragen, daß ihnen zu jeder Zeit die Nahrung zufallen würde,die sie brauchen. „Der Herr ist mein  Hirte, mir wird nichts mangeln“.

 

Der Künstler malt nicht eine Wüste, sondern eine anmutige Landschaft mit Hügeln und Bäumen, als wolle er sagen: Wer dieses Gottvertrauen hat, dem verwandelt sich die Wüste in fruchtbares Land.

 

DIA 4: Elia in der Wüste

 

Eine vierte Geschichte:

 

Elia im Schlaf der Gottesmüdigkeit, er kann nicht mehr, will sterben. Ein Engel rührt ihn an: Steh auf und iß, du hast einen weiten Weg vor dir. Elia erwacht, sieht neben sich ein Brot, einen Krug Wasser, ißt und trinkt, und dann  heißt es: Er ging in der Kraft der Speise 40 Tage und 40 Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb...und da begegnet ihm Gott dann in der Stille.

 

Im Hintergrund sehen wir Elia auf der Straße des Lebens bergauf gehen.

 

Menschen können in eine Situation kommen, in der sie sagen: Ich kann nicht mehr. Oder: Ich habe genug. Ich will nicht mehr aufwachen.

 

Die Feier des heiligen Mahls könnte auch dies sein: Ein Fest gegen die Depression, gegen die Müdigkeit, gegen die Verdrießlichkeit. Wir feiern im heiligen Mahl ja auch die Auferstehung des Herrn, feiern das Heilige Mahl als Vorgeschmack des himmlischen Freudenmahls.

 

DIA 5: Das Abendmahl

 

Sie sitzen um einen weißgedeckten Tisch und Jesus spricht die Einsetzungsworte: Nehmt und eßt, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird, Nehmt und trinkt alle aus diesem Kelch:  Das ist der neue Bund in meinem Blut, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden...Er gibt sich uns selbst, gibt uns Leben von seinem ewigen Leben.

 

Die 12 sind miteinander zuhause am Tisch im Haus Gottes, sie sind in Frieden verbunden, sind beieinander als Geschwister und Freunde.

 

 

 

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Wenn sie vom Mahl aufstehen, werden sie ihre neue Freiheit wahrnehmen, werden den Mächten widerstehen, die Menschen versklaven, werden sich für Leben und Freiheit Anderer einsetzen.

 

DIA 6: Judas

 

Am Tisch sitzt auch Judas, genannt „der Verräter“ und doch nicht mehr und nicht weniger schuldig als alle anderen.

 

Judas, könnte man sagen, ist der eigenmächtige Mensch, der Jesus vielleicht zwingen wollte, sich zum König Israels zu erklären, der Gott zwingen wollte, das paradiesische Reich der Endzeit heraufzuführen, der Mensch, der das Heil, den Frieden, die Freiheit mit Gewalt herbeizwingen will. Jesus gibt sich auch für ihn hin, teilt auch mit ihm Brot und Kelch.

 

DIA 7: Das Abendmahl

 

Noch ein Einzelgänger ist im Raum: am rechten Rand, an eine Wand gelehnt, der Maler selbst.

 

Er schaut zu, als wolle er sagen: Ach wenn doch auch ich, ach wenn doch alle Anteil hätten an dem Frieden, der dieses Geschehen erfüllt.

 

Wir singen:  Herr, du wollst uns vollbereiten...220

Fürbitten

Einsetzungsworte – Vaterunser – Christe, du Lamm Gottes...

Austeilung

 

Im Frieden dein...222

Segen

 

 

 

 




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