Gottesdienst zur Goldkonfirmation am 19. Sonntag nach Trinitatis, 29.10.2000

 

Lieder: Nun saget Dank...294, 1-4

             Sollt ich meinem Gott nicht singen...325, 1 – 4 und (vor dem Segen) 11

             Nun laßt uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren...320

Psalm 32

Lesung: 2. Mose 34, 4 - 10

 

Der für heute vorgeschlagene Predigttext steht im Brief des Jakobus im 5. Kapitel, in den Versen 13 – 17.Ich lese zunächst bis V.16. Jakobus, erster Bischof in Jerusalem,  vielleicht einer der Brüder Jesu, schreibt:

 

Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen.

Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, daß sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn.

            Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden.

            Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, daß ihr gesund werdet.

 

„...daß ihr gesund werdet“. Um Gesundheit also, liebe Festgemeinde, geht es in diesen Versen. Aber wie  anders wird hier Gesundheit verstanden als üblicherweise bei uns heute!

 

Da ist viel von fitness oder wellness die Rede, von durchgestylten Körpern, auch spricht man von „Apparatemedizin“. Aber hier, in unserm Text, ist Gesundheit ein Beziehungsbegriff: Gesund ist, wer in vertrauter Gemeinschaft mit Gott lebt, wer also zu Gott betet, auf Gottes Wort hört und danach handelt.

 

Und: Gesund ist, wer auch in guter Gemeinschaft mit Menschen lebt, mit Menschen, für die er sich verantwortlich weiß, die ihrerseits sich auch ihm hilfreich zuwenden und vielleicht auch für ihn oder mit ihm beten.

 

                                                                       I

 

1.      Die Gemeinschaft mit Gott

 

Leidet jemand unter euch, der bete, ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen“,schreibt Jakobus. Das heißt: Wir können Gott alles sagen: Freude wie Leid, Dankbarkeit wie Sorgen und Angst.

 

Gott unsere Freude sagen, wie gut ist das. Oder von Herzen ein Danklied mitsingen. Eingangs haben wir Gott ein Danklied gesungen, und gleich nach der Predigt werden wir einander dazu ermuntern: „Nun laßt uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren...“ Vor einiger Zeit sagte  mir einmal ein Gemeindeglied: Ich habe  mir vorgenommen: Bei jedem Gebet will ich zuerst mit dem Danken anfangen. Und,fügte er hinzu: Oft fällt mir dann soviel ein,daß ich zum Bitten gar nicht mehr komme. Wer dankt, macht nicht nur Gott eine Freude, er wird selber froh, sein Herz wird leicht. In einem Gebet aus Westafrika heißt es in  überschwänglicher Freude:  Herr, ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel. Die Nacht ist verflattert und ich freue mich am Licht...Die Vögel und Engel singen, und ich jubiliere auch.Die Sonne brennt meine Haut,ich danke. das Meer rollt gegehn den Strand, ich danke...Ein neuer Tag,der glitzert und knistert, knallt und jubiliert von deiner Liebe. Jeden Tag machst du. Halleluja, Herr.

 

Wir können hier in unserem jetzt eher trüben Norden nicht so beten, aber auch wir haben Vorbilder für herrliche Dankgebete, zB Matthias Claudius: Ich danke Gott und freue mich, wie’s Kind am Weihnachtstage, daß ich bin, bin und daß ich dich,schön menschlich Antlitz habe...

 

Ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Wer froh ist,bringe seine Freude in Wort und Gesang vor Gott, er teile mit Gott seine Freude.

 

Jakobus sagt aber auch: „Leidet jemand, der bete“. Jeder von euch hat seinen persönlichen Kummer, sein Leid, seine Sorge...

 

Wer leidet, der bete – der schütte Gott sein Herz aus.

 

Denn wer im Leid in sich verschlossen bleibt, der wird ja umso kränker, wer aber Gott sein Leid klagt, in dem kann es sich wandeln,es verliert an Last,es mischt sich mit neuer Kraft, mit Zuversicht, vielleicht gar mit dem Vertrauen: „...es kann mir nichts geschehen, als was er hat ersehen, und was mir selig ist...“. Und wenn wir keine eigenen Worte finden sollten,die Psalmen geben uns selbst für unsere tiefsten Depressionen Worte, lest einmal den 6., den 13., 38., 69. oder – in tiefster Not gesprochen – den 88.Psalm.

 

In diesen Psalmen wandelt sich oft die Klage und der Notschrei ins Vertrauensbekenntnis, ja ins Loben und Danken. Es ist wie bei einem Menschen, der – die Tränenspuren noch im Gesicht – doch schon wieder lächeln kann: Einfach,weil sein Gegenüber gut war zu ihm.

 

                                                                       II

 

 

An diesem Beispiel, liebe Schwestern und Brüder,sehen wir aber auch schon,wie wichtig es ist, daß wir nicht in Einsamkeit und Isolierung bleiben, sondern – zweitens - auch die Gemeinschaft mit Menschen suchen und finden.

 

Jeder braucht einen, dem gegenüber er Ängste auch aussprechen, bei dem er Sorgen und auch Schuld abladen kann. Krankheit hängt oft mit unvergebener Schuld zusammen und Gesundheit erblüht aus Vergebung und Liebe.

 

Unbereinigtes zwischen Menschen kann seelisch krank machen, das Leben verkümmert. „Denn da ich’s wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen...denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir,daß mein Saft vertrocknete,wie es im Sommer dürre wird“, wie wir eingangs mit dem 32.Psalm beteten. Wer sich aber aussprechen kann – wie erleichtert kann der danach sein! Und wie heilsam ist auch das gemeinsame Gebet, und die Fürbitte für einen Kranken. „Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten, daß sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn“.

 

 

3

 

Die Ältesten – also die Presbyter, es können aber auch andere Gemeindeglieder sein, die Gottvertrauen haben und zu denen wir Vertrauen haben. Wie oft habe ich erfahren, wie heilsam und heilend ein gemeinsames Gebet sein kann, in dem wir Gott um heilende Kräfte für einen Kranken bitten. In afrikanischen Ländern – so schrieb mir gerade wieder ein deutscher Missionar aus Kamerun – kommen die meisten Menschen durch Erfahrungen von Heilung zum Glauben. Und wie gut und richtig wäre es, wenn Ärztinnen und Ärzte etwa vor einer Operation mit den ihnen anvertrauten Kranken beten (oder im Stillen für sie beten).

 

Unser Text schließt mit dem Vers (17): Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Das ist das Entscheidende in allem: daß es „ernstlich“ ist, mit anderen Worten, daß es „von Herzen“ kommt, ganz ehrlich ist. Was von Herzen kommt, das geht auch Gott zu Herzen, Gott nimmt es sich zu Herzen – und seine Antwort kommt immer von Herzen. Möge es in unsererm Umgang miteinander auch so sein. Möge Gott geben, daß wir uns einander herzlich zuwenden können.   

Amen.

 




Weitere Predigten von Pfarrer Martin Quaas, Essen-Rellinghausen, finden Sie unter www.martin-quaas.de/predigten.