Predigt zur Konfirmation am 9. Mai 2004 in Essen-Rellinghausen

              über Kolosser 3, 12 – 17                                                (Pfarrer Martin Quaas)          

 

 

Wir hören auf den Predigttext für den  heutigen Sonntag Kantate. Die Verse sind ursprünglich an Menschen gerichtet, die kurz zuvor getauft worden sind und jetzt also neu zur christlichen Gemeinde gehören. Der Apostel spielt in seinen Worten indirekt auf die weissen, festlichen Taufgewänder an, mit denen sie nach der Taufe bekleidet wurden. Er sagt:

 

So zieht nun an

als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten,

herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld;

und ertrage einer den andern

und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern;

wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!

 

Über alles aber zieht an die Liebe,

die da ist das Band der Vollkommenheit.

 

Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe,

regiere in euren Herzen;

und seid dankbar.

 

Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen;

lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit;

mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern

singt Gott dankbar in euren Herzen.

Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken,

das tut alles im Namen des Herrn Jesus

und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.

 

Ihr Geliebten Gottes!

 

So nennt der Apostel Paulus Euch hier. Und er fügt noch weitere geradezu zärtliche Anreden, richtige Kosenamen Gottes für euch hinzu: ihr Erwählten! Und: ihr Heiligen!

 

Ihr könnt also garnicht hoch genug von Euch denken! Gott jedenfalls schätzt Euch  sehr hoch ein! Du bist ihm viel wert, Du bist ihm wichtig! Du bist geliebt von ihm, ihm heilig!

 

Und heute hat er Euch ein Geschenk zur Konfirmation ausgesucht: Ein Kleid, einen Anzug, wie er schöner, passender, schmuckvoller nicht sein kann. Es ist – anders als die Konfirmationskleidung, die Ihr mit Euren Müttern ausgesucht habt – übrigens für alle das gleiche Gewand. Zieht es an, sagt der Apostel. Die Farbe ist ein leuchtend-strahlendes Weiss. Geschnitten ist es in Kreuzesform. Wenn  man die Arme ausbreitet, kommt es richtig zur Geltung. Und Ihr wisst: So hat man in Israel gebetet, mit weit ausgebreiteten Armen. Man zeigte damit: Ich will mich ganz öffnen für Gott und seinen heiligen Geist.

 

 

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Euer Gewand ist geschmückt mit kostbarem zeitlos schönem Schmuck: Fünf Edelsteine sind darauf gestickt, Schmuckstücke von Gottes eigenem Gewand. Der Apostel nennt sie: Herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld.

 

Sie helfen zu zweierlei Dingen, die entscheidend wichtig in Eurem Leben sein können: Vergeben und Ertragen.

 

V e r g e b t  einander, wenn jemand Klage hat gegen den Andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr“. Das hat jeder von Euch schon erfahren, dass er von  einem Menschen  gekränkt, verletzt  worden ist. Auch ich habe euch im Unterricht schon mal geärgert, sicher auch mal gekränkt. Das gibt es so leicht: Ein  böses abfälliges Wort, eine ungerechte Behandlung, ein schlimmes Verhalten einem Menschen gegenüber. Wenn uns das trifft: Wie gehen wir  damit um? Alles in  sich hineinfressen? Dann wird man leicht bitter. Dem Andern mit gleicher Münze heimzahlen? Dann vermehrt sich das Böse nur noch.

 

Ver- geben. Das heisst: Das Böse, das zwischen Menschen steht, weg-geben.  Wohin? Es Jesus anhängen, in dem sich uns und jedem Menschen Gottes herzliches Erbarmen zuwendet. Es ans Kreuz Jesu bringen. Ihm  sollen wir das Böse aufhalsen, er trägt es. Dann ist es nicht mehr zwischen uns. Man kann sich dann aussprechen, auch klar das böse Verhalten beim Andern benennen, ohne ihn noch  bei seiner Schuld zu behaften.

 

Ihr Geliebten Gottes, das ist eine wunderbare Möglichkeit, die es so nur im christlichen Glauben gibt. Sie ist wichtig in jeder Ehe und Familie. Sie kann zu einem Neuanfang helfen. Dazu, sich einander in neuer Freundlichkeit zuzuwenden.

 

Die drei andern Schmuckstücke, Demut, Sanftmut, Geduld: Die helfen zum Ertragen. E r t r a g t  einander, schreibt Paulus. Das finde ich wunderbar realistisch. Wir Menschen müssen uns  manchmal einfach ertragen. Wir sind ja nicht immer wohltuend, sympathisch, freundlich. Ertragt einander in Demut, sagt Paulus. Und jetzt ist wichtig, dass wir uns klarmachen: Das biblische Wort für Demut – das bedeutet nicht: Vor andern kuschen oder gar dienern:  Gerade nicht! Christlicher Glaube schafft freie, selbstbewusste Menschen, Menschen mit Selbstvertrauen, Menschen, die mutig sind, Menschen, die gerade nicht alles gottergeben hinnehmen, sondern um der Wahrheit und des Lebens willen auch Widerstand leisten. Aber gerade wer innerlich so stark und frei ist,  gerade der kann de-mütig, dien-mütig sein, also so mutig sein, anderen Menschen zu dienen. Welch ein Lichtblick sind Menschen in unserer egoistischen Gesellschaft, die Zeit und Kraft einsetzen, dem Leben Anderer zu dienen – und dies in Geduld! Das griechische Wort, das hier für  Geduld steht –hypotomä - bedeutet wörtlich: Drunterbleiben können unter Belastungen. Belastbar sein. Die Kraft dazu bekommst Du durch das Gebet und durch das Vertrauen in Gottes Führung und Fürsorge. Und diese Kraft von Gott her – die brauchen wir alle so sehr! Ich weiss, wie belastet manche von Euch sind – und im  Grunde, finde ich, ist jeder Mensch trostbedürftig. Gerade heutzutage, wo so viel Druck auf den meisten lastet. Körperkult ist „in“, setzt Menschen unter den Druck, dass ihr Körper bestimmten Vorschriften – „Vorbild“: Mager-Models - entsprechen müsse.  Aber was fehlt, das ist seelische Kraft, innere Substanz. Und – wie man mit

 

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Recht sagt – „Schönheit kommt von innen“, hat mit innerer Zufriedenheit zu tun. Wie schön können alte Menschen sein!

 

Darum nennt  Paulus als letztes der fünf schönen Schmuckstücke auf Eurem Kleid, Eurem Gewand als Christen Sanftmut. Das Wort „Sanftmut“ bedeutet in der Bibel  In Einklang mit sich selbst sein, im  Frieden  mit sich selbst sein. Es also nicht mehr nötig haben  aggressiv  zu sein, weder gegen andere noch gegen sich selbst.

 

Jesus selbst hat sich einmal als sanftmütig bezeichnet. Und: Selig sind die Sanftmütigen, sagt er in der Bergpredigt, sie werden das Erdreich besitzen....Wie sehr ersehne ich eine Zeit, in der es die Menschheit nicht mehr nötig hat, aggressiv mit anderen Menschen oder mit der Natur umzugehen. Wie gewalttätig sind wir noch. Wie unerträglich ist es, wenn Menschen, die sich Christen nennen, andere foltern!

 

Das also, Ihr Geliebten, ist der Schmuck auf eurem Gewand. Zusammengehalten wird es durch einen vollkommen schönen Gürtel: „Über alles aber zieht an die Liebe,  das Band der Vollkommenheit“. Damit sagt Paulus: Übt Euch  in dem Wissen: Jeder Mensch ist liebens-wert, ist liebens-würdig!

 

Heute früh, als Ihr Eure Konfirmationsanzüge und - kleider angezogt, da wart ihr vermutlich aufgeregt - aber stieg nicht auch Eure Stimmung? Eure Vorfreude? Oder wenn Ihr Erwachsenen mal ausgeht, wenn Ihr Euch dann vorher  fein macht, Euch schminkt und schmückt....Da wird man bei der Vorbereitung schon  festlich gestimmt, wird innerlich fröhlich und zufrieden. Darum  sagt der Apostel Euch nun: Der Friede Christi, zu dem ihr berufen seid in einem Leibe – das heisst in  der einen Christenheit – der regiere in euren Herzen. Und  er sagt weiter: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen und singt Gott dankbar in euren Herzen.“  Warum bin ich im Grunde meines Wesens ein fröhlicher Mensch? Weil ich mich viel mit der Bibel beschäftige. Ich werde darüber manchmal so froh, dass ich anfange zu singen, zu summen, zu trällern.

 

Im Grunde – so meint es der Apostel – ist es Christus selbst, den wir Christen mit der Taufe anziehen wie ein Gewand. Darum münden seine Verse in den Satz: Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen Jesu.

 

Das ist nicht eine Aufforderung, eine Ermahnung an uns, die wir ja garnicht erfüllen könnten! Sondern es ist eine herzhafte Einladung, den Namen dessen ernst zu nehmen, nach dem wir Christen genannt sind. Alle anderen Namen vergehen. Dieser Name bleibt. Und von uns wird nicht bleiben,  was wir geleistet oder angeschafft haben, sondern nur das, was wir in seinem Namen gesagt und getan haben.

 

Darum lade ich Euch heute ein: Zieht Christus an! Zieht bewusst das festliche Gewand an, das Gott Euch mit der Taufe bereitgelegt hat. Eure Konfirmationsanzüge und –kleider legt Ihr demnächst ab, weil Ihr herausgewachsen seid. Das Gewand, das Gott uns Christen gibt, das passt und schmückt uns unser Leben lang. Eure Konfirmationsanzüge und –kleider haben  Einiges gekostet. Gottes Kleidung für Euch kostet nichts. Jesus hat für sie bezahlt. Ihr bekommt sie geschenkt. Ihr könnt und sollt sie täglich tragen, sie ist für alle Gelegenheiten passend. 

 

 

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Wie schön seht Ihr darin aus! Ihr Geliebten Gottes, Ihr Erwählten und Heiligen ! So schön, dass auch Gott sich über Euch freut. Und auch Menschen werdet Ihr mit Eurer schönen Kleidung  -  mit Eurem Verhalten als Christen, das von Freiheit verbunden mit Liebe geprägt ist – viel Freude machen. Amen.