Kantatengottesdienst am Vorletzten Sonntag nach Trinitatis,
14. November 2004
Bachkantate:
Wachet auf, ruft uns die Stimme...BWV 140
Lieder:
Morgenglanz der Ewigkeit...450
Ermuntert euch, ihr Frommen...151
Psalm: 126 (Nr. 754)
Schriftlesung : Römer 14, 7 - 13
Predigt:
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt.
Wir hören auf den biblischen Text, der der
Kantate zugrundeliegt. Ich lese aus dem
Matthäusevangelium Kapitel 25 die Verse 1
- 13.
Dann wird das Himmelreich gleichen zehn
Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen.
Aber
fünf von ihnen waren töricht, und fünf waren klug.
Die
törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit.
Die
klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.
Als nun
der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.
Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!
Da
standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig.
Die
törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen
verlöschen.
Da
antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch
nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und
kauft für euch selbst.
Und als
sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit
ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür
wurde verschlossen.
Später
kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!
Er
antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
Darum
wachet! Denn ihr wißt weder Tag noch Stunde.
Liebe Gemeinde!
Wer von uns hier ist klug? Und wer von uns hier will schon zu den Dummen gehören?!
Dumm – das sagt uns die Bibel an vielen Stellen wortwörtlich – dumm ist, wer gott-los, also nicht in lebendiger Verbindung mit Gott, in liebevoller Verbundenheit mit
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Christus lebt. Dumm ist er darum, weil er das Schönste und Beste für sein Leben versäumt und verpaßt: Hier schon - und einmal in der Ewigkeit
Klug dagegen ist, wer im Gespräch mit Gott lebt. Sein Leben wird von Licht und Glanz erfüllt – hier schon und einmal im Glanz herrlicher Festesfreude.
Wer also von uns wäre so dumm, nicht klug sein zu wollen? Klar ist jedenfalls eins: Der dieses Gleichnis erzählt hat, der möchte, daß auch nicht ein einziger unter uns – heute schon und einmal in der Ewigkeit - dumm dastehen muß, sondern wir sollen, wenn wir nachher aus der Kirche gehen, nicht nur hocherfreut sein über die Musik, sondern auch klüger herausgehen als wir hereingekommen sind.
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Jesus erzählt von einem Hochzeitsbrauch, der auch heute noch, wie ich las, in israelischen Dörfern gang und gäbe ist: Die Freundinnen der Braut leisten ihr Gesellschaft, sie tanzen, singen, spielen auf Instrumenten, verkürzen der Braut die Zeit, gehen auch schon mal - mit einer Mischung von Geduld und Ungeduld - ein Stück den Weg entgegen, auf dem der Bräutigam kommen wird, sie warten und erwarten ihn, bis er – endlich, endlich - erscheint.
Eigentlich ist es ja richtiger, wenn die Frau den Mann warten läßt – aber hier, bei diesen Hochzeitssitten, ist es umgekehrt – die Braut und ihre Freundinnen warten auf ihn, und der Bräutigam kommt spät, manchmal erst sehr spät abends, er will die Braut und ihre Umgebung überraschen. Und also muß man ständig bereit sein für seine Ankunft und, wenn’s dunkel wird, auch genügend Öl für die Lampen haben. Denn die Brautjungfern wollen und sollen dem Brautpaar ja mit möglichst viel Lichtglanz heimleuchten.
Und nun wird dies alles ja für uns zum Gleichnis. Und das Gleichnis fragt uns – mit großem Ernst, aber vor allem doch werbend und einladend: Wirst du bereit sein, wenn der Bräutigam Christus kommt...Wirst du bereit sein für Ihn – auch wenn es noch lange dauert bis zu seinem Kommen? Aber auch, wenn er vielleicht heute schon käme? Bist du ein Mensch, der in Erwartung seines Kommens lebt? Oder einer, der einfach abwartet: „Mal sehn, was kommt...“. Und - nicht wahr - je
nachdem, wie wir uns in dieser Hinsicht verhalten, gestaltet sich unser Leben ja äußerst verschieden.
Darum geht’s: Ob wir abwarten, was kommt – oder ob wir erwartungsvoll sind für den, der kommt.
Und nun lockt und umwirbt uns dieses Gleichnis geradezu und sagt uns: Aber das wäre doch wirklich töricht von dir, wenn du einfach nur abwarten und denken würdest: Na, irgendetwas wird schon sein nach meinem Tod...Nicht wahr, solch eine Haltung hat noch keine Leuchtkraft. Solch eine Haltung wäre rein ichbezogen, wo wir unser Leben doch stattdessen viel schöner christusbezogen führen könnten: Nämlich von ihm und seinen Worten geprägt, in der Erwartung seiner Wiederkommens - die in einer Weise geschehen wird, die für mich ebenso unvorstellbar ist wie für Euch –
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die aber, wenn wir der Bibel glauben – gekennzeichnet sein wird sein wird von Glanz und Licht, von Festes- und Hochzeitsfreude.
Wie gestaltet sich unser Leben, wenn wir erwartungsvoll für Ihn leben?
Mir fiel folgender Text in die Hände, den „Wüstenvätern“, in der Wüste lebenden Mönchen, zugeschrieben:
„Wenn du dich vom Schlaf erhebst,
so öffne als Allererstes
deinen Mund
zum Lob
Gottes...
denn die erste
Beschäftigung,
mit der
sich der Geist morgens abgibt,
hält
an,
so wie ein Mühlstein
den ganzen Tag über das mahlt,
was man ihm vorgesetzt hat –
Weizen
oder Unkrautsamen.
Wirf also zuerst Weizen
hinein,
bevor der Feind
Unkrautsamen
streuen
kann.
Ein guter Rat!
Morgens also möglichst mit Dank beginnen, so wie ja auch zum Beispiel Martin Luthers „Morgensegen“ mit einem Dank für den Schutz und die Ruhe in der Nacht beginnt. Und tagsüber immer mal wieder - und sei’s beim Halten an einer roten Ampel oder mitten in einem Stau – ein Gebet...Und: Sich darin üben, den Tag und seine Begegnungen mit Menschen unter der Leitfrage zu leben: Was würde Jesus dazu sagen? Was würde er jetzt an meiner Stelle tun? Ja, man kann sich sogar in der Haltung üben: Jesus selbst (oder ein Engel) könnte mir in einem Menschen, den ich heute treffe, begegnen.
Und
abends: Auch zur inneren Ruhe
finden. So wie es ein schöner Vers aus dem Epheserbrief sagt: „Laßt die Sonne nicht über eurem Zorn
untergehen...“(Eph. 4, 26), und so
wie’s einige unserer Abendlieder sagen, die die Bitte aussprechen: „Du
schlummerst nicht, wenn matte Glieder schlafen, ach laß die Seel im Schlaf auch
Gutes schaffen...“, oder : „Befiehl
dein‘m Engel, daß er komm und uns bewach, dein
Eigentum...“ oder: „Womit wir
hab‘n erzürnet dich, dasselb verzeih uns gnädiglich und rechn‘ es uns’rer Seel
nicht zu, laß schlafen uns in Fried und Ruh...“
Lampen, liebe Gemeinde, haben wir alle. Das heißt: Wir alle haben die Bibel mit ihren vielen Hilfen zu sinnvollem und tapferem Leben, mit ihren klaren
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Orientierungshilfen für das, was wichtig und was unwichtig ist. Wir haben herrliche Gebets- und Liedertexte... Aber erst, wenn ich all das nutze und mein Leben davon geprägt wird, erst wenn ich in der Erwartung seines Kommens lebe, wenn die Frage in mir lebendig bleibt: Was dient seiner Ehre? Was macht ihm Freude? Erst dann
gewinnen wir auch Öl für die Lampen, erst dann sammeln wir einen Glaubensvorrat an, der bei seinem Kommen zur Festlichkeit der Hochzeit beiträgt.
Klar, solch einen Glaubensvorrat kann jeder nur für sich selbst erwerben. Er kann weder an andere weitergegeben noch von anderen käuflich erworben werden. Dich und mich wird Jesus einmal persönlich fragen: Hast du mich kennengelernt? Hast
du mich lieb? Er soll doch dann nicht zu uns sagen müssen: Ich kenne dich nicht! Wie entsetzlich wäre es, wenn wir dann auf ewig draußen bleiben müßten – vor der verschlossenen Himmelstür!
Aber – das wird nicht geschehen. Das wird er nicht über’s Herz bringen. Darum laßt uns ihm dann antworten können – wie Petrus es einmal tut (Johannes 21, 17): Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich liebhabe.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserm Herrn.