Predigt über Markus
16, 9 - 16 am Sonntag Quasimodogeniti, 22. April 2001, im Weiglehaus (Pfarrer Martin Quaas)
Lieder:
Gottlob, der Sonntag kommt herbei...EKG 332
O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit...425
Auf auf, mein Herz mit Freuden...86, 6-8
Lesung:
Jesaja 40, 26-31
Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der
Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala, von der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte.
Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm
gewesen waren und Leid trugen und weinten.
Und als diese hörten, daß er lebe und sei ihr erschienen,
glaubten sie es nicht.
Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von
ihnen unterwegs, als sie über Land gingen.
Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber
auch denen glaubten sie nicht.
Zuletzt, als die Elf zu Tische saßen, offenbarte er sich
ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, daß sie nicht
geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.
Und er sprach zu ihnen: Gehet
hin in alle Welt und predigt das
Evangelium aller Kreatur.
Wer da glaubt und
getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt
werden.
I
"...Verdammt werden!?"
Heißt das,
alle Moslems, Hindus, Atheisten und was auch immer, alle also, die nicht an den
auferstandenen Christus glauben, sind verloren und verdammt, also auch alle,
die vor Christus gelebt haben?
Ach was - das
sind diese Spekulationen, Fragen und Probleme von der Art: "Wieviel Engel
können auf einer Nadelspitze tanzen?" - eine Frage, die im Mittelalter
ernsthaft theologisch diskutiert wurde.
Was mit den
Anderen ist, mit denen, die von Christus nichts wissen, das überlassen wir der
Barmherzigkeit Gottes. Nicht um andere geht es, sondern um uns jetzt hier.
Und uns wird
gesagt: Beim Glauben an den Auferstandenen geht es in der Tat um nichts weniger
als um Rettung oder aber ewige Verdammnis, um Seligkeit oder aber Verlorenheit, um alles oder nichts. Der
Glaube, daß Gott den wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilten, von aller
Welt verstoßenen, scheinbar in völliger Gottesverlassenheit und mit einem
Schrei sterbenden Jesus aus dem Tode auferweckt hat, daß er dem Leichnam Jesu
sein eigenes göttliches Leben eingehaucht hat, daß er damit alles bestätigt hat,
was Jesus gesagt und getan hat, daß er damit ihn zum Herrn und zum letzten
Richter über alle und alles eingesetzt hat, daß der Tod damit kein letzter
Schlupfwinkel mehr ist, in dem skrupellose Geldhaie und Geschäftemacher sich
meinen verstecken zu können gemäß dem
2
Motto:"
Nach mir die Sintflut", sondern daß jedes Leben nun vor den Richterstuhl
Christi gelangt: Dieser Glaube an den
Auferstandenen ist das das A und O. Ohne
dieses
Fundament bricht alles, was sonst noch christlichen Glauben und christliche
Kirche ausmacht, wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Ohne diesen Glauben blieben wir in der
Verdammnis, blieben wir imTode, blieben zum Tode verurteilt, denn dies bedeutet
das griechische Wort (katakrinomai), das Luther mit "verdammt werden"
übersetzt, wörtlich: "zum Tode verurteilt sein". Wir würden - wie der Dichter Jean Paul das
einmal in einem Alptraum schildert ("Die
Rede des toten Christus vom Weltengebäude
herab, daß kein Gott sei") - wir würden im Sterben ins Nichts
versinken, in chaotische Finsternis stürzen, ins Dunkel fallen und ewig verloren bleiben.
Glaube, daß
Jesus auferstanden ist, aber bedeutet: Nun gilt uns um seiner willen die
Barmherzigkeit Gottes, nun dürfen wir hoffen, ja im Glauben dessen ganz gewiß
sein, daß wir uns zwar zunächst ganz gehörig schämen werden, wenn wir mit
unserem ganzen Leben vor den Richterstuhl Christi treten, daß er dann aber zu
dir und mir sagen wird: "Auch du gehörst zu den Freigesprochenen, auch für
dich bin ich am Kreuz gestorben, komm mit mir in die Herrlichkeit und Seligkeit des Lebens, in dem wir Gott
schauen".
Um es mit
einem Zitat aus einer Osterpredigt - na, von wem wohl? - von dem
Pfarrer
Wilhelm Busch zu sagen, die ich in der Zeitschrift "schritte" fand:
"Es gibt Dinge, die kann man sich gar nicht vorstellen,
ohne daß einen Schaudern und Entsetzen packt.
Was wäre zum Beispiel, wenn nur eine halbe Minute lang die
Anziehungskraft der Erde aussetzen würde - was würde geschehen? Die Meere
würden sofort alles Land überfluten, wir würden durch die Drehung der Erde ins
Weltall geschleudert...
Oder: Was wäre, wenn der Golfstrom einmal seine Richtung
wechselte, der Golfstrom, der die Wärme südlicher Breiten nach dem Norden trägt
- was würde geschehen, wenn er nicht
mehr strömte? Europa würde erfrieren, vereisen, sterben...
Was wäre, wenn...Jesus nicht auferstanden wäre?
Dann wäre die Welt ohne Heiland. Dann wüßten wir nichts
Sicheres von Gott, dann gäbe es kein Heil und keinen Frieden mit Gott, dann hätten Strauchelnde keinen Halt, Sterbende
keinen Trost, dann wären alle Narren gewesen, die an Jesus geglaubt haben...
Nun aber h a t Gott
Christus auferweckt. Die Welt h a t einen
Heiland. Gott ist nun ein
gnädiger Gott. Es gibt nun wirklichen Trost für Sterbende und auch für
Trauernde. Unser Leben gewinnt durch ihn unzerstörbaren Sinn. Es kann die
Freude das Leben regieren".
3
Und dies alles
aber, liebe Schwestern und Brüder, dies will nun nicht nur mit den Lippen
formulierter, sondern eigener, lebendiger, mein Leben gestaltender Glaube sein,
ein Glaube, der auch jetzt vermittels meiner Predigt jetzt wieder aufs neue
unbändige Fröhlichkeit und tiefe innere Freude in uns auslösen will! Denn, wie
Luther
einmal gesagt
hat: Wer der Osterbotschaft glaubt, der kann sich vor Freude nicht mehr lassen
und muß davon singen und springen...
II
Aber nun hören
wir in unserem Predigttext ja etwas sehr Merkwürdiges. Wir hören, daß die
Osterbotschaft bei den Jüngern hartnäckig und beharrlich auf Widerstreben und
Unglauben stößt - so sehr, daß der
auferstandene Christus nicht anders kann, als sich die ungläubigen Jünger
schließlich höchstpersönlich so richtig vorzunehmen und tüchtig auszuschimpfen.
Ganz am Anfang
allerdings hören wir nicht von ungläubigen Jüngern, sondern von einer gläubigen
Frau. Wir hören davon, wie der
auferstandene Jesus der Maria Magdalena begegnet, von der er, wie Markus hier
sagt , sieben böse Geister ausgetrieben hatte.
Aus dem
Johannesevangelium (Kap. 20, 11ff.) erfahren wir ja Genaueres über diese
Begegnung. Weinend ist sie zum Grabe gegangen. Sie sieht im leeren Grab Engel,
die ihr ihre Traurigkeit auch nicht
nehmen können. Dann sieht sie einen, den sie für den Gärtner der Grabanlage
hält - und dann spricht Jesus sie an und dann geschieht das, was der
Alttestamentler Gerhard von Rad in einer Predigt über diesen Text das kürzeste
und inhaltreichste Gespräch der Weltgeschichte genannt hat, aus zwei Worten
besteht es. "Maria", sagt
er, er ruft sie bei ihrem Namen. Und sie: "Rabbuni", mein geliebter Meister! Und in diesem Gespräch,so
sagt von Rad, ist alles umschlossen, was sich zwischen Christus und einem
Menschen ereignen kann.
Ihr ist also
der lebendige Christus persönlich erschienen und sie sagt's weiter, seinen elf
Jüngern, vermutlich noch mehr Leuten. Und das Resultat ist: Sie glauben's nicht.
Und dann hören
wir weiter: "Er offenbarte sich in
anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen".
"In anderer Gestalt": Er ist seit seiner Auferstehung ja nicht mehr
an bestimmte Zeiten, Orte oder auch Gestalten gebunden. Und auch von diesen
Zweien wissen wir - nun aus dem Lukasevangelium (Kap. 24 V. 13ff.): Das waren
die zwei deprimierten Jünger, die nach Emmaus
zurückgingen, und denen Jesus als ein Fremder begegnet, der so an ihrem
Kummer Anteil nimmt, daß sie ihm ihr Herz ausschütten, denen er das Herz dann
über seiner Bibelauslegung zum Brennen
bringt und den sie über dem Brotbrechen erkennen. Und Markus schreibt: auch diesen Beiden glaubten die Elf nicht. Übrigens akzentuiert Lukas etwas
anders, er erzählt, die Elf hätten gesagt: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden
und Simon erschienen.
Sei's drum,
die Aussage hier in unserem Markustext ist klar: Die Jünger glauben denen
nicht, die von ihrer Begegnung mit dem Auferstandenen erzählen. Also auf uns
übertragen: Es kann sein, ich erzähle vom Auferstandenen, ich predige und
predige die Osterbotschaft. Und Ihr glaubt nicht.
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III
Was muß
geschehen, daß es zu einem lebendigen österlichen Glauben kommt? Oder, wie Gollwitzer sagt: Zu einem
herzhaften Osterzweifel: nämlich dem gründlichen Zweifel an der Herrschaft des
Todes?
Zunächst mal:
Ein bißchen weniger Skepsis von uns aus, etwas weniger von dem , was Jesus hier "Herzenshärte" nennt, im
Griechischen: sklerokardia, also Sklerose
des Herzens, Herzensverhärtung, das Gegenteil von Weichheit,
Durchlässigkeit, Offenheit für etwas. Wir können Gott schon ein bißchen mehr
zutrauen, als wir mit unseren Vorstellungen für möglich halten. Wir können Gott
schon auch Unmögliches zutrauen. (Mir fällt dazu immer der frühere Präses Peter
Beier ein, der gesagt hat: Wenn wir Menschlein es schon fertig bringen, auf
einem chip von Fingernagelgröße Milliarden an Informationen zu speichern -
wieso soll es Gott, dem Schöpfer des All, nicht möglich sein, den Leichnam Jesu
mit seinem unzerstörbaren göttlichen Leben zu erfüllen?)
Also, dies
können wir schon selber tun, wenn wir Osterglauben gewinnen wollen: Ein bißchen
offen, weich, bereit zu sein für diese Botschaft. Glaubenswahrheiten können
wir ja samt
und sonders nur erkennen, wenn wir uns ihnen öffnen, uns ihnen anvertrauen.
Und dazu ist
das Wichtigste und Entscheidende nun eben doch: daß Er selber erscheint, daß
Jesus selber ganz unvermittelt und unmittelbar Menschen begegnet und zu ihnen
spricht. Aber geht das denn auch heute?
Ja. Das gibt
es, das Wunder, daß eine lebendige unmittelbare Begegnung mit Jesus entsteht.
Das gibt’s auch heute. Das kann geschehen
über meiner Predigt, aber auch auf viele andere Weise, daß eine ganz
eigene unmittelbare Beziehung zu Jesus entsteht - so wie bei Maria Magdalena,
so wie bei den Emmausjüngern, so
wie bei dem
schließlich gläubigenThomas, der tieferschüttert in das Bekenntnis ausbricht:
Mein Herr und mein Gott! (Johannes 20, 28).
Ich bin also schon wichtig, meine Predigt ist wichtig,
aber ich bin nicht der Entscheidende, der Entscheidende ist Er selbst, der auch
jetzt, wenn er will, Euch begegnen kann und will, ganz unmittelbar, und der
dieses Bekenntnis: "Brannte nicht
unser Herz..."? und: "Mein Herr und mein Gott!" und: "Rabbuni, mein geliebter Meister!" in uns auslösen will.
IV
Und das
geschieht! Das geht! Das gibt’s auch heute, dieses Wunder. Und wann immer und
wo immer und bei wem immer - vielleicht
auch jetzt und hier - es sich ereignet, der bekommt einen Auftrag - wie Gott das bei
jeder Berufung in der Bibel tut, wie Jesus
das bei jeder Begegnung mit ihm tut.
Der wird ein Gesandter, ein
Apostel.
5
"Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium
aller Kreatur". Alle
Menschen in ihren verschiedenen
Kulturen und Situationen sollen die Freudenbotschaft hören.
Und hier hören
wir zudem: Nicht nur allen Menschen, sondern allen Kreaturen, allen Geschöpfen
Gottes im All gilt sie. Die Osterbotschaft hat Konsequenzen für unseren Umgang
mit Luft und Wasser, Pflanzen und
Tieren. Franz von Assisi hat das ja wörtlich genommen, hat zum Beispiel
einmal einem Wolf und den Einwohnern der Stadt Gubbio, zwischen denen
Todfeindschaft bestand, gepredigt und zwischen ihnen Frieden gestiftet, hat den
Vögeln gepredigt, wie dankbar sie doch sein könnten...Und für uns bedeutet, daß
die Freudenbotschaft aller Kreatur gepredigt werden soll, zum Beispiel, daß wir
uns dessen bewußt bleiben und dementsprechend verhalten: Tiere sind nicht
industrielle Produkte, sondern jedes Tier ist ein beseeltes Geschöpf Gottes.
Sie sind auch nicht einfach nur zu unserem
"Nutzen" da, sondern um
ihrer selbst willen, haben ein eigenes Recht auf Leben. Ostern gilt der ganzen
Kreatur, so wie es Paulus sagt (Römer 8, 18ff.): Das ängstliche Harren der
Kreatur wartet sehnlich darauf, daß etwas von der herrlichen Freiheit der
Kinder Gottes auch für sie spürbar werde, von unserer herrlichen Freiheit, zu
der Christus uns befreit hat, und daß etwas von der Freude, die er in uns weckt, auch auf sie übergreife.
Denn, wie
Jesus hier sagt: Wer der Osterbotschaft glaubt und sich zum Zeichen dieses
Glaubens taufen läßt, der wird selig werden, der ist gerettet in Zeit und
Ewigkeit, und in dessen Leben ist nun
die Freude die Grundhaltung,
unbesiegliche und unversiegbare Freude.
Darum: Der
Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus, unserm Herrn. Amen.